
Ende Oktober einigten sich Südkorea und China darauf, ungeachtet der Differenzen wegen der Aufstellung des neuen US-Raketenabwehrsystems THAAD auf südkoreanischem Boden ihre Beziehungen wieder weitgehend zu normalisieren. Zudem bietet das Gipfeltreffen der asiatisch-pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC) in dieser Woche in Vietnam die Chance, dass Südkorea und China einige wirtschaftliche Probleme wegen des THAAD-Streits lösen. Zum Thema sagt Han Jae-jin vom Hyundai-Forschungsinstitut:
Die Außenministerien beider Länder verkündeten die Einigung am 31. Oktober. 15 Monate zuvor wurde der Streit ausgelöst, als die südkoreanische Regierung beschloss, eine THAAD-Batterie zu stationieren. Seit Beginn dieses Jahres jedoch war schon erwartet worden, dass die chinesische Regierung ihre Außenpolitik nach dem Parteikongress ändern und die abgekühlten Beziehungen zu Südkorea verbessern wird. Nach dem Ende des Kongresses sandte China dieses Signal auch aus. China schien davon auszugehen, dass der Konflikt seiner eigenen Wirtschaft schadet.
Südkorea und die USA beschlossen die Aufstellung der THAAD-Batterie nach dem vierten Atomtest durch Nordkorea im Januar 2016 und dem Start einer Langstreckenrakete des Landes. Doch China sah durch THAAD seine eigenen Sicherheitsinteressen bedroht. Südkorea bemühte sich, die Besorgnis der chinesischen Regierung wegen seiner Sicherheitskooperation mit Japan und den USA zu zerstreuen:
Das Hyundai-Forschungsinstitut veröffentlichte einen Bericht über Handel, Investitionen, Tourismus und die Kulturindustrie mit Blick auf Südkorea und China. Das Institut schätzte, dass die Wirtschaftsmaßnahmen Chinas gegen Südkorea wegen des THAAD-Streits - sollte dieser bis zum Jahresende weitergehen - einen Verlust von 8,5 Billionen Won oder 7,4 Milliarden Dollar in diesem Jahr verursachen würden. Das ist mehr als 0,6 Prozent des südkoreanischen Bruttoinlandsprodukts. Auch hätte China wahrscheinlich einen Verlust von einer Billion Won, oder fast eine Milliarde Dollar, hinnehmen müssen. Falls die südkoreanischen Unternehmen ihre Geschäfte in China beenden, würden die lokal Beschäftigten ihre Arbeit verlieren. Das war aus Chinas Sicht nicht wünschenswert. Die zurückgehende Zahl der chinesischen Reisegruppen in Südkorea hat die lokale Tourismusbranche einschließlich des Duty-Free-Bereichs schwer getroffen. Im kulturellen Bereich ist der Austausch seit dem vergangenen Jahr fast eingestellt worden, weil China Hallyu, oder die südkoreanische Popkultur, verbannt hatte.
Chinas Vergeltungsmaßnahmen begannen mit dem sogenannten Hallyu-Verbot. Später blockierte China auch Touren von Reisegruppen nach Südkorea. Der südkoreanische Tourismusbereich verzeichnete einen Einnahmerückgang von 6,5 Milliarden Dollar. Auch der Absatz südkoreanischer Autos in China ging spürbar zurück. Zum Beispiel fiel der Absatz von Hyundai Motor von Januar bis September im Vergleich zum Vorjahr um 37 Prozent. Im September beschloss Lotte Mart, seine China-Geschäfte einzustellen. Auf der anderen Seite gingen die Investitionen südkoreanischer Unternehmen in China in den ersten sieben Monaten des Jahres um 43,7 Prozent zurück. Die Hoffnung ist also groß, dass die guten Beziehungen wiederhergestellt werden:
Es ist schwierig, sofort eine sichtbare Wirkung zu sehen. Ich denke, die ersten Zeichen einer Erholung werden Anfang des nächsten Jahres zu sehen sein. Insbesondere der Tourismusbereich wird wahrscheinlich einen Aufschwung erleben, und auch der Absatz von koreanischen Kosmetikartikeln in China wird sich erholen. Im Automobilsektor jedoch stärken lokal gefertigte Fahrzeuge in China ihre Wettbewerbsfähigkeit. Es ist also schwierig, eine rasche Erholung für die koreanischen Hersteller zu erwarten. Die Autoproduzenten und die damit verbundenen Industriezweige müssen die Qualität ihrer Erzeugnisse verbessern.
Die Lotte-Gruppe, die im Zentrum der wirtschaftlichen Vergeltungsmaßnahmen stand, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit ihre umfassenden Investitionsprojekte in China, darunter einen Freizeitpark, in Shenyang, wiederaufnehmen. Doch der THAAD-Konflikt selbst ist noch nicht beigelegt, da beide Länder ihre Positionen lediglich noch einmal unterstrichen haben. Neue Impulse könnten südkoreanisch-chinesische Spitzentreffen bringen:
Das APEC-Treffen findet vom 10. bis zum 11. November in Vietnam statt, und am 13. und 14. November folgt das ASEAN-plus-Drei-Treffen auf den Philippinen. In dieser Zeit werden Südkorea und China wahrscheinlich keine Details über bilaterale Wirtschaftsangelegenheiten oder den Atomstreit mit Nordkorea besprechen. Doch könnten sie ihre Absicht bekräftigen, den THAAD-Streit hinter sich bringen zu wollen. Der südkoreanische Präsident Moon Jae-in wird vielleicht im Dezember nach China reisen. Und der chinesische Präsident Xi Jinping wird im nächsten Jahr wohl die Olympischen Winterspiele in Pyeongchang besuchen.
Sollten sich die wirtschaftlichen Beziehungen zu China spürbar verbessern, könnte Südkorea in diesem und im nächsten Jahr ein Wirtschaftswachstum von drei Prozent erreichen.
Japan litt 2010 und 2012 unter Konflikten mit China. In einem strategischen Zug entschied es, seine Abhängigkeit von China zu verringern. Seitdem erweitert Japan seine Präsenz im ASEAN-Markt, doch sein Kerngeschäft mit Autos zielt noch immer auf China ab. Für Südkorea ist es nötig, den Trend unter den chinesischen Verbrauchern mit hohen Einkommen genau zu beobachten. Diese sind besonders an den jüngsten Trends interessiert, wo die Informationstechnologie mit der Service-Industrie vermengt wird.
Während der zweiten Amtszeit der Xi-Jinping-Regierung wird die chinesische Wirtschaft und Industrie ihre Qualität verbessern. Darüber hinaus ist es nicht ausgeschlossen, dass der THAAD-Streit sich wieder verschärft. Südkorea muss also versuchen, seine Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.