
Unter den heutigen Weltreligionen herrscht weitgehend monotheistische Religionen vor, also solche, die an einen einzigen Gott glauben. Doch gibt es auch heute noch viele Menschen und Kulturen, bei denen der Vielgötterglaube verbreitet ist. Allein in Indien warden schätzungsweise mehr als 300 Millionen verschiedene Gottheiten verehrt und in Nepal wird beispielsweise ein junges Mädchen als wiedergeborene Göttin verehrt. Auch die Menschen im alten Korea glaubten an viele verschiedene Götter. Jeder größere Berg hatte seinen eigenen Gott und jedes Haus hatte seinen eigenen Schutzgottheit. Sogar für die einzelnen Räumlichkeiten innerhalb des Hauses waren unterschiedliche Gottheiten zuständig. Es gab einen Gott des ganzen Anwesens, einen, der auf die Kinder aufpasste, einen für die Küche, einen für das Eingangstor und einen für die Toilette. Ganz zu schweigen von den wichtigsten Gottheiten, denen der Ahnen, die für das Wohl aller Abkömmlinge sorgen sollten. Selbst die schwer zu heilende Pockenkrankheit wurde als zu ehrende Gottheit betrachtet. Für die Menschen der alten Zeit waren all diese Götter ständig anwesend, von der Geburt bis zum Tode, und man hatte mit ihnen gemeinsam zu leben, und sich mit ihnen gutzustellen, indem man ihnen Dank-, Bitt- und Opferrituale entgegenbrachte. Musik
Früher wurde bisweilen ein blinder Sänger ins Haus eingeladen, der dann aus buddhistischen Schriften rezitierte. Dann wurde ein Bittgebet für die Familie gesprochen und anschließend sang er das “Pagyeong”, um die bösen Geister aus dem Haus zu vertreiben. Die vielen kleinen Plagegeister, die den Menschen das Leben schwer machen, werden auf Koreanisch Japgwi잡귀 genannt. Zu ihnen zählen auch die Seelen derjenigen, die durch Unglücksfälle zu Tode gekommen sind und die deshalb nicht ganz bis ins Jenseits geschafft haben, sondern weiter in der Welt der Menschen herumgeistern und Unruhe stiften. Um diese unruhigen, vergrämten Plagegeister zu besänftigen wurde am Ende der Zeremonie für die großen, bedeutenden Götter immer ein Rest der Opfergaben übriggelassen und in einer Schüssel vor den Haupteingang gestellt, in der Hoffnung, dass man die boshaften Geister damit möge abspeisen können, damit man anschließend seine Ruhe hätte. Dass man auch ihnen noch etwas zu essen hinstellte, anstatt sie mit Flüchen aus dem Hause zu treiben, zeigt, mit welcher Freundlichkeit und Menschlichkeit auch den Geistern niedrigsten Ranges begegnet wurde. Im Westen werden Götter und Geister oft als gewissermaßen allmächtig betrachtet, doch die Menschen im alten Korea betrachteten sie als sehr menschliche Zeitgenossen, die sich, wie jeder gewöhnliche Mensch auch, über gute Behandlung freuen und eine solche mit wohlgesonnenen Taten belohnen würden. Wenn sich ein Gott jedoch in den Augen der Menschen zu gleichgültig zeigte und nicht auf Bitten reagierte, sah man sich berechtigt, diesen Gott aufzugeben. Beispielsweise warfen Seeleute, die sich in aussichtsloser Lage im Sturm befanden, als erstes die Statue des Schutzgottes über Bord, der ihnen nicht hinreichend beigestanden hatte und auf den sie nun gut verzichten konnten. So bewahrten die Menschen ihre eigene Würde auch gegenüber den Göttern.
Das „Daegamnori“ wurde bei Schamanenritualen in der Region von Seoul, Gyeonggi-do und Hwanghae-do gesungen. Der Gott Daegam war für materiellen Reichtum zuständig und wer zu ihm betete, erhoffte sich finanzielles Glück. Da man davon ausging, dass er sich wie alle Götter an Musik und Tanz erfreuen würde, traten im Daegam-Ritual gemeinsam mit der Schamanenpriesterin oft auch professionelle Sänger und Tänzer auf. Dass auch alle anwesenden Menschen dabei ihren Spaß hatten, war dabei ein angenehmer Nebeneffekt, der Menschen und Götter noch enger zusammenbrachte.
Boryeom보렴 ist ein Gesang, der aus der südlichen Region Koreas stammt und im Umfeld der buddhistischen Tempel gesungen wurde, um für Frieden, Harmonie und Wohlstand im Lande, um den Schutz der buddhistischen Heiligen und der lokalen Schutzgötter und schließlich um die Läuterung der Herzen und einen unbeschwerten Weg zur Erleuchtung und in die Ewigkeit zu bitten.
2. Daegamnori, gesungen von Mok Gye-wol und Ji Yeon-hwa대감놀이/ 목계월 지연화
3. Boryeom, gesungen von Kim Su-yeon 보렴/ 김수연