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Jeon Young-taek: „Die Kuh“ (1950)

2023-01-24

ⓒ Getty Images Bank

Er stand früh am Morgen auf und putzte den Kuhstall, bevor er dann das Futter für die Kühe zubereitete. Die trächtige Kuh fraß das Futter und bald darauf brachte sie ihr Kalb zur Welt. Chang-su war so glücklich, dass er das Kalb selbst mit warmem Wasser wusch und den Rücken der Kuh mit einer Decke bedeckte.

„Ich habe noch nie ein so großes Kalb gesehen“, sagte seine Frau. „Es ist ein Bullenkalb, nicht wahr? Liebling, lass uns dieses Kalb Yong-deok geben, und wenn die Kuh ein weibliches Kalb zur Welt bringt, bekomme ich es, einverstanden?“



„Diese Bastarde aus dem Norden haben unsere Kuh geschlachtet. Was soll ich mit denen machen?“

Ebenfalls unter Tränen stand Chang-su da und blickte zum Himmel, ohne ein Wort zu sagen.

„Wie können sie glücklich sein, wenn sie wissen, dass sie die Kuh ihrer Brüder getötet und gegessen haben?“, murmelte er, als er den Berg hinaufging. Er blickte auf die Dörfer hinab, die in Nebel gehüllt und von denen im Norden nicht zu unterscheiden waren, und er dachte an seine Frau, daran, was ihm in den letzten zehn Jahren widerfahren und was in seinem Dorf und in seinem Land passiert war. Er überlegte, was er tun sollte, aber alles, was er tun konnte, war zu weinen.



„Nein, das könnt ihr nicht tun. Ihr solltet die Kuh zurückgeben. Wenn ihr wirklich eine Kuh schlachten wollt, könnt ihr meine töten und essen.“

Mit diesen Worten rannte Chang-su zu seinem Haus ins Dorf zurück.

Aber als er zum Kuhstall ging, um ihnen seine Kuh zu geben, sah er, dass er leer war. Die Kuh war nirgends zu finden, weder innerhalb noch außerhalb seines Hauses. Als er das Zimmer betrat, fand er ein Blatt Papier mit ungelenker Schrift auf dem Boden liegen.

„Ich nehme meine Kuh mit. Such nicht nach mir.“

Chang-su stand völlig benommen mitten im Raum. Nach einer Weile nahm er Geld aus einer Truhe und gab Jang-son genug Geld, um eine Kuh zu kaufen. Dann nahm etwas Geld für sich selbst, sprach noch mit Jang-sons Mutter und verließ das Dorf. Niemand hat Hong Chang-su jemals wieder im Dorf gesehen.




Jeon Young-taek (1894-1968): „Die Kuh“ (1950)

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