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Wirtschaft

Japans wirtschaftliche Vergeltung gegen Südkorea

#Thema der Woche l 2019-07-08

© YONHAP News

Die japanische Regierung hat in der vergangenen Woche Hemmnisse für den Export wichtiger Materialien für die Halbleiter- und Display-Herstellung nach Südkorea beschlossen. Die Regierung in Seoul spricht von wirtschaftlichen Vergeltungsmaßnahmen. Zum Thema sagt der Leiter des Internationalen Kooperationsteams vom Verband der koreanischen Industrien, Eom Chi-sung.


Japan hat zwei drastische Maßnahmen ergriffen. Erstens, die Regierung in Tokio kündigte vergangene Woche an, die Exporte von drei wichtigen Materialien für Halbleiter nach Südkorea zu beschränken. Zweitens, sie prüft außerdem die Möglichkeit, Korea von ihrer Weißen Liste von 27 Ländern auszuschließen, die als Sicherheitsverbündete gelten und für die die Handelsrestriktionen minimal sind. Am 24. Juli soll eine öffentliche Anhörung stattfinden, um eine endgültige Entscheidung darüber zu treffen. 


Die Verschärfung der Exportregelungen für drei Materialien wurde am 4. Juli in Kraft gesetzt. Die japanischen Hersteller müssen jedes Mal eine Genehmigung von der Regierung erhalten, wenn sie die Chemikalien nach Südkorea exportieren wollen. Es geht um fluorierte Polyimide, die bei der Herstellung von Smartphone-Displays verwendet werden, Fotolack für die Beschichtung von Halbleitern sowie Ätzgas, das bei der Chip-Reinigung benötigt wird. Japans Exporthemmnisse sind ein Schlag für koreanische Unternehmen, die be Chip- und Display-Materialien von japanischen Herstellern abhängig sind:


Die koreanischen Chiphersteller hängen in starkem Maße von Japan ab, was Industriematerialien für die Produktion von Halbleitern betrifft. Chips durchlaufen vielfache Produktionsprozesse, und jeder Prozess erfordert bestimmte Materialien. Jede Materialstörung als Resultat der japanischen Exportbeschränkungen könnte zu einer Aussetzung der gesamten Chipproduktion führen. Japan verfügt über Wasserstoff-Fluoride von hohem Reinigungsgrad, die als Ätzgas bei der Chipfertigung eingesetzt werden. Andere Länder produzieren ebenfalls das Material, doch erreichen sie nicht den Reinheitsgrad wie in Japan. Für Samsung Electronics in Korea sind Wasserstoff-Fluoride aus Japan ein wesentlicher Bestandteil, um Halbleiter herzustellen. Es ist schwierig für koreanische Halbleiterhersteller, Alternativen im Ausland zu finden. 


Gegenwärtig entfallen auf Japan 70 bis 90 Prozent der globalen Versorgung mit diesen drei Chemikalien. Sobald die japanischen Hersteller eine Exportgenehmigung haben, können sie diese Materialen drei Jahre lang nach Südkorea exportieren. Mit dem Wegfall der Vorzugsbehandlung müssen die Unternehmen jedes Mal die benötigten Dokumente einreichen, wenn sie die Materialien exportieren wollen. Es scheint, als ob es Tokio besonders auf die koreanische Chipindustrie abgesehen hat, die eine der treibenden Kräfte der Wirtschaft ist: 


Unter der jetzigen Regierung in Seoul hat sich der diplomatische Konflikt zwischen Südkorea und Japan verschärft. Das gilt besonders für den Disput um Schadenersatz für Zwangsarbeiter während der Kolonialzeit. Es wird spekuliert, dass Japans Premierminister Shinzo Abe versucht, die Exportrestriktionen zu benutzen, um im Inland seine wichtigsten konservativen Anhänger vor der Oberhauswahl am 21. Juli hinter sich zu bringen. 


Die japanische Regierung teilte mit, dass die Handelshemmnisse das Resultat des verlorenen Vertrauens zwischen beiden Ländern seien. Doch Südkorea wirft Tokio wirtschaftliche Vergeltung vor, nachdem Abe strittige historische Fragen angesprochen hat, wie etwa Kompensationszahlungen für koreanische Opfer der Sexsklaverei durch Japan während des Zweiten Weltkriegs und die Zwangsarbeiter. Im Mai hatte Japan vorgeschlagen, ein Schlichtungskomitee für die Zwangsarbeiter-Frage einzusetzen. Doch nachdem Südkorea dies abgelehnt hatte, forderte Japan, Mitglieder für das Komitee aus dritten Ländern zu nominieren. Sollte Korea bis zum 18. Juli nicht darauf reagieren, könnte Japan die Handelshemmnisse noch ausbauen: 


Japan könnte eine zweite und dritte Vergeltungswelle einleiten, wenn sich die Regierung der beiden Länder nicht auf einen Kompromiss einigen. Vorerst sind einige Unternehmen von den bisherigen Vergeltungsmaßnahmen betroffen. Doch könnte Japan höhere Importzölle für Verbraucherprodukte aus Südkorea verhängen. Auch könnte Japan nicht-tarifäre Barrieren wie etwa eine längere Zollabwicklung und strengere Quarantäneprüfungen für koreanische Produkte einrichten. 


Die koreanische Regierung hat als Reaktion eigene Aktionen eingeleitet. Am 4. Juli teilte das Präsidialamt in Seoul mit, diplomatische Maßnahmen einschließlich einer möglichen Klage bei der Welthandelsorganisation zu ergreifen:


Ein Handelsstreit ist kein bloßes Nullsummenspiel, es wird am Ende ein Minussummenspiel sein. Die Frage ist, welche Seite härter betroffen ist oder welche Seite mehr Widerstand leistet. Südkorea und Japan scheinen sich in einem Krieg um Stolz zu engagieren. Korea sollte rasch Verhandlungen mit Japan aufnehmen und eine Lösung finden. Auch sollte es mit dem Unternehmenssektor zusammenarbeiten und verschiedene Unterstützungsmaßnahmen anbieten, darunter Steuervergünstigungen für Forschungsprojekte. 


Die koreanische Regierung will vom nächsten Jahr an fünf Billionen Won, oder 4,5 Milliarden Dollar, in die Forschung von Halbleitermaterialien, Komponenten und Ausrüstung für einen Zeitraum von sechs Jahren investieren. Zunächst sollte Seoul aber versuchen, mit Japan zu verhandeln.

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