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Wirtschaft

Japan streicht Südkorea von “weißer Liste”

#Thema der Woche l 2019-09-02

© YONHAP News

Am 28. August hat die japanische Regierung Südkorea offiziell von der sogenannten weißen Liste mit bevorzugten Handelspartnern genommen, für die beschleunigte Exportverfahren gelten. Der Handelsstreit zwischen beiden Nachbarländern verschärft sich dadurch zusehends. Schon im Juli hatte Tokio schärfere Kontrollen der Exporte von speziell drei wichtigen Materialien für die Halbleiterherstellung nach Südkorea beschlossen. Zum Thema sagt Professor Kim Gwang-seok von der Graduiertenschule für Internationale Studien der Hanyang-Universität:


Anfang Juli verhängte Japan Beschränkungen für Exporte von drei Schlüsselmaterialien für Halbleiter und Displays, darunter Fluorwasserstoff und Fotolack. Jetzt, da Korea seinen Status als “weißes Land” verloren hat, können mit Ausnahme von Nahrungsmitteln und Holz sämtliche Industriezweige Ziel von strengen Exportkontrollen sein. Die japanischen Exporteure müssen jetzt für fast alle Ausfuhren nach Korea eine Genehmigung der Regierung einholen, selbst für nicht-sensitive Güter. Solche Güter auf der japanischen Liste mit strategischen Materialien umfassen Hightech-Materialien, Elektronikgeräte, Computer, Maschinen, Sensoren, Navigationsausrüstung und andere. 


Insgesamt 1120 Materialien werden von Japan als strategisch eingestuft. Die japanischen Firmen müssen, anders als bisher alle drei Jahre, nun alle sechs Monate für den Export aller Produkte eine Exportgenehmigung für Südkorea einholen. Die Prüfung könnte bis zu 90 Tage dauern, für Länder auf der weißen Liste dauert sie nur eine Woche. Selbst für nicht-strategische Materialien, die für die militärische Nutzung eingesetzt werden können, gelten die neuen Vorschriften. Das Problem ist, dass die Kategorisierung von der jeweiligen Einstufung Japans abhängt. Die strikteren Exportregeln machen es für koreanische Unternehmen besonders schwierig, die stark von importierten Materialien aus Japan abhängen:


Als Folge der neuen Exportvorschriften Japans in Bezug auf Südkorea-Ausfuhren könnten einige koreanische Hersteller wegen höherer Kosten für die Produktion zurückgehende Gewinne und Investitionsrenditen erleben. Für sie wäre es dringlich, die bestehende Versorgungskette durch eine andere zu ersetzen, um Alternativen zu finden, die japanische Importe ersetzen. Das ist ebenso ein kostspieliger Vorgang. Durch die erweiterten Exportbeschränkungen für Hightech-Materialien und Werkzeugmaschinen werden wichtige koreanische Industrien wie Halbleiter, Batterien und Autos getroffen. 


Südkorea hängt stark von Japan bei Importen von Präzisionswerkzeugmaschinen, die für die Produktion von Teilen für Autos und Schiffe, Kohlefasern für Wasserstofftanks sowie von Hightech-Materialien ab. Falls Korea Probleme hat, solche Materialien zu importieren, wäre das für die Produktion ein schwerer Schlag. Japan könnte sogar noch weiter gehen mit seinen Vergeltungsmaßnahmen:


Japan könnte sich gegen Südkorea in Wirtschafts- und Sicherheitsbereichen wenden. Nach der Entscheidung Koreas, das militärische Informationsabkommen mit Japan nicht zu verlängern, könnte Tokio Südkorea als Land klassifizieren, gegen das ein Krieg geführt werden könnte. An der Wirtschaftsfront könnte Japan die Ziele seiner Exportkontrolle um mehr Materialien erweitern oder Zölle gegen koreanische Güter verhängen. Auch könnte Japan die Prozeduren für die Geldüberweisung erschweren, um Firmen in Korea und Japan vom Handel abzuhalten, oder die Visumsbestimmungen verschärfen, um den Personenaustausch zu reduzieren. 


Die koreanische Regierung will in dieser Situation die technologische Unabhängigkeit verstärken. So geraten besonders 159 Produkte in den Mittelpunkt, die von den Handelsrestriktionen besonders betroffen sein dürften. Seoul will mehr als fünf Billionen Won, oder etwa vier Milliarden Dollar, zur Förderung der lokalten Teile- und Material-Industrie investieren: 


Mittel- bis langfristig sollte Korea im Inland eine Versorgungskette aufbauen und seine Importziele erweitern, so dass es seine Handelsabhängigkeit von einem einzelnen Land verringern kann. Die Folgen der Handelsbeschränkungen Japans werden kurzfristig beide Länder zu spüren bekommen. Doch langfristig könnte die Krise eine Chance für Korea sein, wenn es die lokale Produktion von Teilen, Materialien und Ausrüstungen stärkt. 


Korea könnte auch sein Handelsdefizit mit Japan reduzieren. Im vergangenen Jahr erreichte das Defizit im bilateralen Handel 24 Milliarden Dollar. Auf Materialien, Teile und Ausrüstung entfielen dabei 93 Prozent: 


Japans Exportkontrolle wird zunächst ein Störfaktor für die Produktion koreanischer Hersteller. Auch könnten sich Japans eigene Exporte nach Südkorea verringern. Die Zahl der Besucher aus beiden Ländern wird ebenfalls geringer sein. Ich denke, Japan wird stärker davon getroffen sein als Korea, weil es seit Jahrzehnten einen Handelsüberschuss mit letzterem verzeichnet hat. Tatsache ist, dass sich die japanische Wirtschaft in einer schwierigeren Situation befindet als die koreanische. Nach den “zwei verlorenen Jahrzehnten” könnte Japan eine neue Dekade der Rezession erleben. Industriebeobachter gehen davon aus, dass sich die Wachstumsrate der koreanischen Wirtschaft im Bereich von zwei Prozent bewegen wird, doch Japan ist wegen eines negativen Wachstums besorgt. Der Handelskonflikt mit Korea wird die Unsicherheiten wegen der schleppenden japanischen Wirtschaft noch verstärken. 


Je länger die Handelsrestriktionen Bestand haben, desto größer wird der Schaden für beide Länder sein. Beide Seiten müssten sich für einen Dialog stark machen, um ihre Differenzen auszuräumen und die Beziehungen zu normalisieren.

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