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Wirtschaft

Südkoreaner sorgen sich wegen möglicher Deflation

#Thema der Woche l 2019-10-14

© YONHAP News

Die rekordverdächtig niedrigen Verbraucherpreise in Südkorea lösen die Befürchtung aus, das Land könnte in eine Deflation rutschen. Die Regierung argumentiert jedoch, dass die negative Inflation nur ein kurzfristiges Phänomen sei. Zum Thema sagt der Wirtschaftskommentator Chung Chul-jin:


Eine der Wirtschaftsnachrichten, die in den vergangenen Wochen am meisten Besorgnis erregte, war der Rückgang der Verbraucherpreise in Südkorea um 0,4 Prozent im September im Vergleich zum Vorjahr. Das war der erste Inflationsrückgang, seit Statistics Korea 1965 mit der Sammlung entsprechender Daten begann. Die Wachstumsrate für die Verbraucherpreise hat davor acht Monate nacheinander bei unter 1 Prozent gelegen. Das erhöhte die Befürchtung wegen einer Deflation. Aufgeteilt nach Regionen, ging die Inflation in Ulsan um 1 Prozent zurück, der größte Rückgang unter den 16 größten Städten und Provinzen. Die Wohnungspreise fielen in der südöstlichen Hafenstadt wegen der Umstrukturierungen im Bereich des Schiffbaus und der Autoherstellung ebenfalls. Die Situation ist nicht viel anders in anderen Regionen wie etwa der Provinzen Süd- und Nord-Gyeongsang und Süd-Chungcheong. Was die potenzielle Deflation im Metropolgebiet um Seoul betrifft, so sind die Analysten verschiedener Meinung. 


Korea hat im vergangenen Monat zum ersten Mal überhaupt eine negative Inflation verzeichnet. Das Wachstum der Verbraucherpreise lag im Bereich von null Prozent, bevor es im September in negatives Territorium rutschte. Viele sind deshalb besorgt, die südkoreanische Wirtschaft befinde sich in der Anfangsphase einer Deflation: 


Als ich Kind war, dachte ich noch, eine Deflation ist besser als eine Inflation, weil ich wegen der fallenden Preise mehr Kekse essen konnte. Doch in Wirklichkeit kann eine Deflation für die Wirtschaft sehr viel schädlicher sein. Wenn Sie erwarten, dass die Preise nach unten gehen, werden Sie kein Geld für etwas ausgeben, da der Preis in den folgenden drei oder sechs Monaten noch mal fallen kann. Falls die Menschen Geld sparen und es nicht ausgeben, geht der Konsum zurück, und die Produzenten sehen größere Lagerbestände. Die Unternehmen werden sich keine weiteren Investitionen leisten, und das wird sich negativ auf das Einkommen der Haushalte wie auch auf den Finanzsektor auswirken. Für den Staat bedeutet das ein geringeres Steueraufkommen. 


Von einer Deflation spricht man, wenn der Konsum trotz eines stetigen Preisverfalls schleppend ist. Die japanische Wirtschaft begann 1991 zu schrumpfen, als die Vermögenspreisblase platzte. Trotz verschiedener Gegenmaßnahmen fiel Japan in eine langfristige Rezession. Lokale Banken wurden zahlungsunfähig und Unternehmen wie Haushalte mussten Insolvenz anmelden, weil die Preise zurückgingen. Die südkoreanische Regierung sieht dagegen keine Gefahr einer Deflation: 


Die Bank of Korea, das Ministerium für Strategie und Finanzen sowie Statistics Korea sagen, dass es keine ernsthaften Anzeichen einer Deflation gibt. Sie verweisen auf den sogenannten Basiseffekt, der sich im vergangenen Jahr wegen der Hitzewelle einstellte, sowie der hohen Preise für Öl- und Agrarprodukte im August und September. Da sich die Preise in diesem Jahr stabilisiert haben, sprechen sie von einem Basiseffekt für die niedrigen Verbraucherpreise im gleichen Zeitraum dieses Jahres. 


Die Zentralbank geht davon aus, dass die Verbraucherpreise Ende dieses Jahres wieder anziehen. Sie verweist darauf, dass die Preise vom ersten Quartal 1990 bis zum zweiten Quartal dieses Jahres in den größten Volkswirtschaften auf Quartalsbasis um das 365-fache gefallen seien. Das bedeutet, dass zahlreiche Länder einen Rückgang der Preise erfahren: 


Es sind aber nur wenige Finanzinstitute, die einen Preisanstieg in Korea vorhersagen. ING, Barclays sowie Fitch prognostizieren, dass die Inflation bei unter 1 Prozent liegen wird. Sie korrigierten ihre Schätzungen nach unten und erwarten einen Preisverfall sowie einen Rückgang des potenziellen Wachstums. Auch die Prognose für die Inflationsrate im nächsten Jahr fiel auf 1,8 Prozent, also unter die Schwelle von 2 Prozent. In der jetzigen Wirtschaftssituation in Korea sollte die Inflation bei 2,5 Prozent oder höher liegen.  


Die Experten beobachten aufmerksam die Kerninflation, bei der saisonale Faktoren oder schwankende Nahrungsmittel- und Energiepreise ausgeschlossen werden. Ein niedriges Wachstum der Kerninflation wird als schwacher Konsum interpretiert. Die Kerninflation in Korea blieb seit dem März im Null-Prozent-Bereich:


Sollte die Inflation im Oktober weiter unter null Prozent liegen, sollte die Regierung sofort etwas dagegen unternehmen. Zuerst wäre es nötig, das Verbrauchervertrauen wiederherzustellen, die viel mit Deflation zu tun hat. Um die Konsumenten zu motivieren, ihre Geldbörsen zu öffnen, sollte die Regierung eine aggressivere Geldpolitik beschließen. Eine weitere Zinssenkung könnte eine Option sein. Die Regierung könnte auch ihre Zuschüsse für die Sozialprogramme erhöhen. Sie muss aber auch die lockere Geldpolitik aktiver umsetzen, indem sie zum Beispiel Infrastrukturprojekte in die Wege leitet, um kurzfristig den erwünschten Effekt zu erzielen.

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