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Wirtschaft

Abes Rücktritt und die Zukunft von “Abenomics”

#Thema der Woche l 2020-09-07

ⓒ YONHAP News

Am 28. August kündigte Japans Ministerpräsident Shinzo Abe an, dass er aus Gesundheitsgründen zurücktreten werde. Drei Namen wurden daraufhin als mögliche Nachfolger genannt. Als Favorit gilt Regierungssprecher Yoshihide Suga. Nach dem politischen Parlamentssystem in Japan wird der Anführer der regierenden Partei auch Premierminister. Vor der Wahl eines neuen Chefs der Liberalen Demokratischen Partei LDP genießt Suga breiten Rückhalt. Wie wird sich Abes Wirtschaftspolitik ändern? Zum Thema sagt der Direktor des America China Economic Research Institute, Cho Yong-chan:


Unter Abes Regierung verdoppelten sich die Aktienpreise, der japanische Yen blieb schwach und die Erwerbslosenquote hat sich halbiert. Doch die einheimische Wirtschaft im Ganzen entwickelte sich schlecht. Sie verzeichnete das geringste Wachstum in 65 Jahren, und sie ist weit von dem Wachstumsziel von 2 Prozent entfernt. Die Verbraucherpreise verharrten bei 0 Prozent Zuwachs. Der Arbeitsmarkt ist ins Stocken geraten, während die Reallöhne um 3,5 Prozent zurückgingen. Die Wirtschaft befindet sich nach wie vor in einer Deflation. Das Land wird das Ziel nicht erreichen, bis 2020 ein Bruttoinlandsprodukt von 600 Billionen Yen zu erzielen. Wer immer auch der nächste Premierminister wird, es wird schwierig sein, Abes Wirtschaftspolitik umzubauen. Auch wird er den Posten nur eine kurze Zeit innehaben. Besonders angesichts der Covid-19-Krise kann man keine Verbesserung der Unternehmenserträge erwarten, die zu einer Erhöhung der Löhne und des Verbrauchs führen können.


Zahlreiche Experten sagen, dass Abes Konjunkturprogramm, auch als Abenomics bekannt, der japanischen Wirtschaft neues Leben eingehaucht habe. Doch angesichts der Coronavirus-Pandemie stießen die Maßnahmen an ihre Grenzen. Den positiven Zirkel, der von Abenomics angestrebt wurde, wonach hohe Profite der Unternehmen zu höheren Löhnen führen, stellte sich nicht ein. Japan arbeitete zwei Nachtragshaushalte aus, um die Folgen der Pandemie zu bekämpfen. Die Ausgaben werden in diesem Jahr vermutlich einen Rekordstand von 160,3 Billionen Yen erreichen, während sich die Schulden erhöhen. Das Haushaltsdefizit betrug im vergangenen Jahr 2,6 Prozent des BIP. Der Wert dürfte auf 12,6 Prozent steigen:


Abenomics hat “drei Pfeile”: eine kühne quantitative Lockerung, eine schnelle Ausführung der Staatsausgaben und eine Wachstumsstrategie für die Wiederbelebung privater Investitionen durch strukturelle Reformen. Doch alle drei Pfeile verfehlten ihr Ziel. Auch der vierte Pfeil, die Olympischen Spiele in Tokio, ging fehl. Die japanische Wirtschaft wird dieses Jahr im besten Fall um 6 Prozent und im schlimmsten Fall um 16 Prozent schrumpfen. Was die Pro-Kopf-Arbeitsproduktivität betrifft, so rangierte Japan 2018 unter 36 Mitgliedern der OECD auf dem 21. Platz. Abenomics hat offensichtlich versagt. Die Wirtschaft wandelte sich von einer exportorientierten Wirtschaft zu einer am Verbrauch orientierten.


Die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt schrumpft zum ersten Mal seit 2011 drei Quartale in Folge. Japan scheint damit schneller in die Rezession gestürzt zu sein als andere größere Volkswirtschaften wie die USA und China. Doch muss Japan keine Wechselkurskrise und einen Staatsbankrott befürchten:


Japans Staatsschulden übertreffen 1100 Billionen Won, während sich die Steuereinnahmen auf etwa 62 Billionen Yen belaufen. Das bedeutet, die Schulden sind um 18 Mal höher als die Einnahmen. Japan erlebte noch nie eine Währungskrise, seine Reserven betragen 1,37 Billionen Dollar. Japan ist der weltweit größte Kreditgeber, was die Netto-Außenvermögen betrifft. Der ausstehende Betrag der Staatsanleihen beläuft sich auf etwa 964 Billionen Yen, und 90 Prozent davon wurden von einheimischen Unternehmen und Bürgern gekauft. Selbst wenn einige Großbanken in Japan zahlungsunfähig werden, kann sich das Land noch immer Geld leihen, indem es seine Zentralbank Geld drucken lässt. Es ist keine Überraschung, dass Japans Kreditrisiko gering ist.


Es gibt Voraussagen, wonach Yoshihide Suga Abenomics intakt halten werde:


Suga machte klar, dass er die Abenomics-Reformen fortsetzen will. Er erklärte, dass eine voreilige Normalisierung der Geldpolitik die Anti-Virus-Maßnahmen ruinieren und den Yen aufwerten könnte. Doch Mitglieder der LDP sind sich der Kritik bewusst, dass Abenomics die Leute ärmer gemacht hat. Der neue Premierminister könnte daher einige leichte geldpolitische Änderungen vornehmen.


Für Südkorea stellt sich die Frage, ob der derzeitige Wirtschaftskonflikt mit Japan nach Abes Rücktritt gelöst werden kann:


Der neue Premierminister wird in dem einen Jahr, den er Abe ersetzen wird, eher den Fokus auf die Maßnahmen gegen Covid-19 richten. Wer immer der neue Regierungschef wird, er wird keinen versöhnlichen Kurs gegenüber Südkorea steuern. Ultrakonservative Politiker in Japan fordern starke Gegenmaßnahmen, falls Korea die Vermögenswerte eines japanischen Unternehmens verkauft, das in die Zwangsarbeit während des Kriegs verwickelt war. Die neue japanische Regierung wird von Hardlinern geführt und eine zweite Version der Abe-Regierung sein.

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