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Kultur

Moon Soon-tae: „Was ein Felsbrocken erzählt“

2019-04-30

ⓒ Getty Images Bank

Mein Vater war ein Landarbeiter auf dem Hof des Dorfvorstehers. Niemand in Wolgok-ri war größer oder stärker als mein Vater. Niemand konnte so viel Feuerholz tragen wie er. Wenn ich groß wäre, wollte ich die gräßte Feuerholzladung von allen tragen, genauso wie mein Vater. Doch es kam anders. 



Moon Soon-taes Erzählung “ Was ein Felsbrocken erzählt ” handelt von einem Sohn, der seines im Koreakrieg getöteten Vaters gedenkt. 



Professor Bang Min-ho von der Abteilung für Koreanische Literatur an der Seoul National University: 

Den Koreakrieg neu zu interpretieren, war in den 70er und 80er Jahren ein populärer literarischer Trend. Moon Soon-tae wurde 1939 geboren und erlebte den Krieg in seinen frühen Teenagerjahren. Den Krieg der Erwachsenen nahm er aus jugendlicher Perspektive wahr. In seinen 20er Jahren erlebte er 1960 die Revolution vom 19. April. Schriftsteller seiner Generation erlebten während ihrer prägenden Jahre fast alle zehn Jahre einschneidende historische Ereignisse, was sie zu einer besonderen Herangehensweise an die Literatur inspirierte. Der Konflikt zwischen linken und rechten Bewegungen, der Koreakrieg und die darunter leidenden Menschen motivierten die Schriftsteller, die Wahrheit des Krieges zu beleuchten. Es war ein übergreifendes literarisches Thema für Moons Generation.



Dort oben auf dem Kkachisan war mein Vater. 

Er hing dort am Ast eines großen Kiefernbaumes, ein Stück seiner Kleidung um den Hals geschlungen und hell beschienen vom Sonnenlicht, das durch die Blätter der Bäume brach. 

Vielleicht, weil ich den Tod meines Vaters schon vorausgeahnt hatte, spürte ich in diesem Augenblick, wo ich seine Leiche dort am Ast des Baumes hängen sah, keine besonders strake Trauer. 

Ich weinte nicht und kletterte ruhig und ohne zu zögern auf den Baum, um meinen Vater loszubinden. Es krachte, als so sei Ast den Baumes gebrochen und der Körper des Vaters fiel zu Boden.  

Ich kletterte wieder vom Baum und streckte den Körper des Vater am Boden aus. Seine Augen waren weit geöffnet und sahen in den sonnendurchfluteten Himmel. 

Ich versuchte, seine Augenlider herunter zudrücken, um ihm die Augen zu schließen, aber seine Augen blieben geöffnet. Ich nahm ein Eichenblatt, das sich schon rötlich verfärbt hatte und bedeckte ihm damit die Augen, die aussahen wie der Eingang zu einer dunklen Höhle.

An diesem Tag hoben wir im steinigen Erdboden eine Grube aus, um den Vater dort zu begraben. Einen Grabhügel aufzuschütten, war uns nicht möglich, und so bedeckten wir das Grab mit großen Felsbrocken. 



Der Erzähler verlässt das Dorf und schwört, nicht eher zurückzukehren, bevor er nicht so reich geworden wäre, dass jeder im Dorf sich vor ihm verneigen müsste. Unermüdlich schuftet er nun auf dem Markt. Dreißig Jahre später, zuversichtlich, genug Geld verdient zu haben, um sich an den Dorfbewohnern zu rächen, kehrt der Erzähler in seine Heimatstadt zurück.




Moon Soo-tae, geboren 1941, begann seine Schriftstellerlaufbahn 1974 mit der Erzählung „Das Lächeln von Baekje“. Im Jahr 2010 wurde er mit dem Chae-Mansik-Literaturpreis ausgezeichnet. Seine Erzählung „Was ein Felsbrocken erzählt“ stammt aus dem Jahr 1981.

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