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Kultur

Bang Jeong-hwan: „Das Dauerhemd“

2019-05-07

Die Erzählung „Das Dauerhemd“ handelt von Chang-nam, einem mutigen, liebenswürdigen kleinen Jungen, der aus einer armen Familie stammt, sich aber niemals unterkriegen lässt.



„Jacken ausziehen!“ 

Widerwillig zogen die Jungen ihre Jacken aus und standen nun im Hemd da. Chang-nam jedoch blieb mit mit oben zugeknöpfter Jacke stehen.

„Han Chang-nam, warum ziehst du deine Jacke nicht aus?”, fragte der Sportlehrer. 

Chang-nam wurde rot und er senkte den Kopf. Das hatte er noch nie getan. 

„Herr Lehrer, ist im Unterricht ein Dauerhemd erlaubt?”, fragte er. 

„Wie bitte? Ein Dauerhemd? Was soll das denn sein?“

„Naja, ich meine … äh ... ein nackter Körper.“ 

Der aufgebrachte Sportlehrer marschierte zu dem Jungen, als wolle er ihm eine Ohrfeige verpassen, und befahl: „Jacke ausziehen!“

Chang-nam zog seine Jacke aus. Er trug kein Hemd oder Unterwäsche. Er war völlig nackt. Der Sportlehrer war verblüfft und die Jungen kicherten.

„Han Chang-nam, warum trägst du kein Hemd?“

„Weil ich keines habe.“ 



Kinderbuchkritikerin Kim Yu-jin:

Die Zeitschrift „Eorini“ war der Beginn der Kinderliteratur in Korea. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in Korea noch keine Kinderbücher. Mit der Gründung dieses Literaturmagazins für Kinder konnten Kindergeschichten geschrieben und veröffentlicht werden. Bis dahin wurden Kinder nicht ernstgenommen, aber in den 1920er Jahren begann man, sie als vollwertige Menschen zu sehen und Geschichten für sie zu schreiben. Bang Jeon-hwan war in vielen Bereichen sehr talentiert. Er war im ganzen Land unterwegs, um in Theaterstücken für Kinder aufzutreten. Kinder, die seine Schauspielerei sahen, waren alle begeistert. Man kann sagen, dass die koreanische Kinderliteratur ohne Bang Jeong-hwan nicht entstanden wäre oder heute ganz anders aussehen würde. Er war nicht nur ein großer Schriftsteller, sondern der Vater der modernen Kinderliteratur in Korea. Sein „Dauerhemd“ ist die erste koreanische Kindergeschichte, die die Realität der Zeit aus der Perspektive der Kinder zeigt.



„Ich habe meine Mutter angelogen. Ich habe gelogen, obwohl ich wusste, dass es falsch war. Als ich heute morgen zur Schule ging, hat sie sich Sorgen gemacht, dass ich an einem kalten Tag nur ein einziges Hemd trage, und sagte mir, ich solle meine Socken anziehen. Obwohl ich nackt und barfuß war, habe ich gesagt, dass ich ein Hemd und Socken trage und mir nicht kalt ist. Ich bin jetzt ein Lügner.“

Chang-nam ließ den Kopf hängen.

„Aber selbst wenn du gelogen hast, muss sie doch deine nackte Brust und die Strohschuhe an deinen Füßen gesehen haben", sagte der Sportlehrer.

„Herr Lehrer ...“

Chang-Nangs Stimme zittert und er begann zu weinen. Tränen fielen von seinem gesenkten Kopf auf die Spitze seiner Strohschuhe.

„Meine Mutter hat ihr Augenlicht verloren, als ich acht Jahre alt war. Sie ist blind.“ 

Dicke Tränen flossen nun auch über das Gesicht des Sportlehrers. Die Schüler, die alle gerufen hatten, verstummten, und von hier und dort hörte man nur ein gedämpftes Schluchzen.“




Bang Jeong-hwan (1899-1931) gilt als Pionier der koreanischen Kinderbuchliteratur. Er gründete 1923 die Saekdonghoe, eine Organisation für Kinderliteratur, und ist der Begründer des koreanischen Kindertages. Er brachte 1923 „Eorini“, die erste Kinderzeitschrift des Landes, heraus, in der 1927auch die Erzählung „Das Dauerhemd“ erschien.

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