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Kultur

Choi Sang-hee: „Gute Nacht, Waschbär“

2019-05-28

ⓒ Getty Images Bank

Die Geschichte „Gute Nacht, Waschbär“ handelt von einem jungen Mann, 25 Jahre alt, der nach einem Unfall zehn Jahre im Koma gelegen hat und nun als Erwachsener wieder aufgewacht. Die Welt hat sich verändert, und es ist unmöglich, das verlorene Jahrzehnt wiederherzustellen. 



„Hey, Sie!”

Ich drehte mich um und sah jemanden in meine Richtung laufen. Ein Mädchen, vielleicht zehn Jahre jünger als ich.

„Hey, ich rufe schon die ganze Zeit nach Ihnen.”

„Nach mir?” 

„Ja, nach Ihnen.“

„Wieso siezt du mich die ganze Zeit? Sehe ich so alt aus?”

Ich nahm meine Mütze ab und schüttelte mein Haar. 

„Haben Sie ihn gesehen?”, fragte sie

„Was denn?” 

„Den Waschbären.”

„Ein Stofftier?”

„Nein, nein, ein echter Waschbär. Dieses Tier mit den dunklen Augenringen und dem buschigen Schwanz, das so aufrecht stehen kann.” 

Sie beschrieb den Waschbären und imitierte das Tier mit ihren ganzen Körper.

„Hält man sich so etwas mittlerweile als Haustier?“

Ich fragte mich, wie man einen Waschbären wohl spazieren führen konnte.  

„Ich habe nichts gesehen. Wo hast du ihn denn verloren?“, fragte ich.

„Du meine Güte, hat er Sie vielleicht gebissen?“ Sie malte mit den Fingern einen Kreis um ihren Kopf, als wollte sie mir damit andeuten, ich sei wohl nicht mehr ganz richtig im Kopf. 

„Das ist nämlich ganz schön gefährlich. Von einem wilden Waschbären kann man Tollwut bekommen!”, rief sie. 



Kinderbuchkritikerin Kim Yu-jin:

Waschbären kommen in Kinderbüchern ziemlich häufig vor. Sie sind bekannt als magische Wesen, die ihre Gestalt verändern können. Vielleicht ist das der Grund, weshalb die Autorin den Waschbären als Motiv für diese Geschichte ausgewählt hat. Außerdem sind Waschbären nachtaktiv und passen deshalb gut zu den nächtlichen Treffen der beiden Hauptfiguren. 



Sie fuhr herum, und fragte dann: „Kennen Sie das Geheimnis eines guten Grand Jeté?“

„Hartes Training?”

„Nein, man muss die vorbereitenden Bewegungen gut meistern und dabei alle Kräfte für den Sprung sammeln.“

Sie machte ein paar leichtfüßige Schritte und sagte:

„Und mit dieser Kraft springt man hoch. Auf den Punkt genau und ohne zu zögern. Schauen Sie! “

Sie sprang in die Luft. Es war ein kräftiger Sprung ohne Zögern und Angst. 

Ich stand da und staunte.

Und da erschien plötzlich ein wenig abseits, am Rande der Büsche, ein Waschbär, der zu uns herüberblickte. 

 



Choi Sang-hee, geboren 1972, schreibt seit 2009 Kinder- und Jugendbücher. 2011 wurde sie mit dem Blue-Fiction-Leiteraturpreis ausgezeichnet. Ihre Geschichte „Gute Nacht, Waschbär“ stammt aus dem Jahr 2017.

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