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Kultur

Kim Yeon-soo: “Im Pechkiefernwald”

2020-01-28

ⓒ Getty Images Bank

Die Geschichte spielt im Jahr 1987 und handelt von einem jungen Mann und seinem Onkel, die an einem kalten Wintertag auf Wildschweinjagd gehen. 



Ich stand auf dem steilen Hang unter einem Felsvorsprung. Das Wildschwein erschien auf dem Rand, ließ feinen Schnee auf mich rieseln und sah sich um. 

Da traf mein Blick auf den des Wildschweins, das noch ausharrte, um seine Jungen entkommen zu lassen. 

Ich unterdrückte den Drang, den Auslöser zu ziehen und zielte nur. Das Geschöpf, das dampfende Luft aus den Nasenlöchern stieß, zitterte heftig, bevor es mich ignorierte und den Frischlingen hinterherlief. 

Erst als die Wildschweine verschwunden waren, richtete ich das Gewehr in den Himmel und zog den Auslöser. Da stellte ich fest, dass ich das Gewehr gar nicht entsichert hatte. Was wäre passiert, wenn das Wildschwein mich angegegriffen hätte? 



Die Jagdgruppe verfolgt die Wildschweine weiter und spürt sie erneut auf. 



Während die Hunde wütend bellten, starrten mein Onkel und das Wildschwein einander an, ohne sich zu rühren. 

Die Augen auf das Tier gerichtet, löste mein Onkel langsam die Sicherung. Der Frischling mit dem gebrochenem Bein kroch auf seine Mutter zu. 

„Es kommt. Schießen, schießen!“, rief Doraku.

Bei seinem Schrei stürzte das etwa zehn Meter entfernte Mutterschwein auf meinen Onkel zu. Mein Onkel richtete sein Gewehr auf das Tier. Der Lauf seines Gewehrs folgte der Bewegung des Wildschweins, aber er konnte den Auslöser nicht ziehen.



Literaturkritikerin Jeon So-yeong: 

Der Onkel verliebte sich und war bereit, sich um dieser Liebe willen umzubringen. Aber was er schließlich erfahren musste, war nicht, dass die Liebe groß, sondern dass das Leben hartnäckig und mächtig ist. Als er mit seiner Freundin dort in dem Zimmer war, bereit, sich das Leben zu nehmen, sah er ihre Entschlossenheit, weiterzuleben. Was er in den Augen des Wildschweins sah, war die gleiche Entschlossenheit und Lebenshoffnung. Deshalb konnte er nicht schießen.




Kim Yeon-soo, geboren 1970, wurde 2003 mit dem Dongin-Literaturpreis und 2009 mit dem Yisang-Literaturpreis ausgezeichnet. Seine Erzählung „Im Pechkiefernwald“ erschien 2001.

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