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Kultur

Kim Yu-jeong: „Frühling, Frühling”

2020-02-25

ⓒ Getty Images Bank

„Schwiegervater, denkt Ihr nicht auch ...”, begann ich, mich am Hinterkopf kratzend. „Meint Ihr nicht auch, dass nun die Zeit für die Heirat gekommen ist?“ Doch auch dieses Mal gab mir mein künftiger Schwiegervater wieder die ewig gleiche Antwort. 

“Bürschchen, kommst du mir wieder damit! Erst mal ordentlich wachsen!“

Mit dem „ordentlich wachsen“ meinte er nicht mich, sondern meine künftige Frau, Jeom-sun. Ich bin nun schon seit drei Jahren und sieben Monaten hier und habe bislang nicht einen einzigen Groschen für meine Arbeit bekommen. 

Allmählich ging mir auf, dass an der getroffenen Vereinbarung etwas faul war. Bevor ich mit meiner Arbeit hier begann, hätte ich erst einmal eine zeitliche Frist von zwei oder drei Jahren vereinbaren sollen. Mein Arbeitgeber hatte mir gesagt, er werde mir seine Tochter zur Frau geben, wenn sie groß genug sei. Aber wann sollte es soweit sein? Ich konnte ja nicht ständig nachmessen. 



Kim Yu-jeongs "Frühling, Frühling" aus dem Jahr 1935, ist eine amüsante Kurzgeschichte über einen Konflikt zwischen einem einfachen, unschuldigen jungen Mann und seinem streitsüchtigen Arbeitgeber und zukünftigen Schwiegervater. Kim Yu-jeongs Humor ist in dieser Geschichte besonders spürbar. 



Literaturkritikerin Jeon So-yeong:

„Frühling, Frühling“ enthält mehrere Beschreibungen der Frühlingslandschaft. Der Frühling wird als eine schöne Jahreszeit voller Vitalität dargestellt. Der Protagonist der Geschichte und Jeom-sun spüren im Frühjahr auch ihre aufkeimende Zuneigung. Die beiden Liebenden sind jedoch mit vielen Hindernissen konfrontiert, zum Beispiel der Armut und dem Klassenkonflikt in ländlichen Gemeinden während der Kolonialzeit. Aber ihre Liebe wächst genauso wie die Pflanzen im Frühling. Kim Yu-jeong betrachtete die einfachen Menschen, die hart arbeiteten und ihr ärmliches Leben ertrugen, stets mit Mitgefühl und schrieb über die Unbeugsamkeit und den Humor dieser Menschen. „Frühling, Frühling“ ist eine lustige, unterhaltsame Geschichte, aber hinter dem Humor verbirgt sich der scharfe Blick des Autors auf die Lebensrealität der Bauern.



Ich konnte eine Weile nicht aufstehen. Aber dann sammelte ich meine ganze Kraft, kroch auf ihn zu und griff ihm mit aller Kraft in den Schritt.

„Hey, Bürschchen, lass mich in Ruhe!“

Der alte Mann fuchelte mit den Armen und kreischte wie ein Huhn, das von einem Falken geschnappt worden ist.

Ich zog noch fester. Diesmal würde ich es ihm geben. Aber als ich sah, wie der alte Mann mit schmerzverzerrtem Blick zu Boden ging, wurde mir doch mulmig.

„Lass mich los, Junge! Jeom-sun! Jeom-sun!“, rief er.

Jeom-suns Mutter würde sicher ihrem Ehemann beistehen, aber Jeom-sun wäre gewiss auf meiner Seite. Doch zu meiner Überraschung war das nicht der Fall.

Dabei war es doch Jeom-sun gewesen, die mich dazu gebracht hatte, mit ihrem Vater zu kämpfen. Aber nun packte sie mich am Ohr und schrie mich an.

„Du Schuft! Du bringst meinen Vater ja noch um!“




Kim Yu-jeong (1909-1937) gilt als einer der Mitbegründer der modernen koreanischen Literatur. Zu seinen bekanntesten Werken zählen unter anderem „Gold im Bohnenfeld“ (1935)  und die hier vorliegende Erzählung „Frühling, Frühling“ (1935). Auf Deutsch erschien der Erzählband „Kamelien“.

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