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Kultur

Cheon Seon-ran: „In die Wüste“

2021-03-02

ⓒ Getty Images Bank

So beginnt die Geschichte. Während sie in einem Raumschiff zu einem unbekannten Planeten reist, blickt die Protagonistin auf ihr Leben zurück und reflektiert die Ereignisse, die sie zu diesem Moment geführt haben. Ihr Vater war Bauingenieur, dem es nichts ausmachte, weit weg von zu Hause zu arbeiten, um seiner Familie ein angenehmes Leben zu ermöglichen. Er kam aus Saudi-Arabien nach Hause, als er zum ersten Mal über die Wüste sprach und damit das Leben seiner Tochter vollkommen veränderte.



"Wie wäre es über die Wüste zu schreiben?" 

Ich dachte intensiv über Vaters Vorschlag nach. 

Anscheinend hoffte er immer noch, dass ich Schriftstellerin werde.

"Aber ich war noch nie in einer Wüste“, sagte ich.

"Die Leute schreiben nicht immer über das, was sie gesehen haben. Sie schreiben über das, was sie zu sehen glauben“, sagte er.

Er hatte mit seinen Mitarbeitern in Saudi-Arabien die Wüste erlebt. Er war mit einem Führer auf einem Kamel ins Herz der Wüste geritten und hatte dort die Nacht verbracht.

"Was hast du dort gesehen?", fragte ich.

Er betrachtete die Lichter, die aus den umliegenden Wohnungen herüberleuchteten, wie die Lampen von Fischerbooten, und sagte:

„Die Sterne berührten den Horizont. Die Milchstraße floss dahin und zerstreute die Sterne überall. Beinahe hatte ich Angst, dass die Sterne auf mich regnen würden. Wenn ich gekonnt hätte, hätte ich mein ganzes Leben lang so auf die Sterne gestarrt. Es schien, als würde das Universum mit mir sprechen.“ 

Vielleicht bemerkte er, dass er nicht wie sein gewohntes Ich klang und so schlich er sich schließlich leise davon.




Cheon Seon-ran, geboren 1993 debütierte 2018 mit dem Roman „Die eingestürzte Brücke“. 2019 gewann sie den koreanischen Science-Fiction Literaturpreis. Ihre Erzählung „In die Wüste“ erschien 2020.

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