Zum Menü Zum Inhalt
Go Top

Kultur

Rhee Ji-myong: „Eine Hundegeschichte“ (2019)

2022-06-07

ⓒ Getty Images Bank

Während um sie herum arbeitslose Menschen verhungerten, entkam Hyeong-mus Familie dank seiner geschäftstüchtigen Frau diesem traurigen Schicksal. 


 „Ein Glück für dich, dass du eine Frau hast, die gut Geld verdient. Ich schätze, ein betrunkener Ehemann ist immer noch ein Ehemann“, meinte die Witwe Park.

„Was hast du gesagt? Was für ein Ehemann?“

„Ähm, ich sagte, ich habe Glück, dass ich keinen Ehemann habe. Früher verdienten Ehefrauen Geld, indem sie Hamji 함지 verkauften, wenn sie alt wurden.“

„Was meinst du damit? Was soll das denn heißen!“

Hamji zu verkaufen bedeutete, den eigenen Körper zu verkaufen.



Die nur noch schwachen Strahlen der Sonne, die hinter den Bergen im Westen verschwand, tauchten den Bergkamm in einen blutrotes Licht. Eine Krähe schlug mit den Flügeln, die letzten schimmernden Sonnenstrahlen umarmend. Obwohl schwarz, ähnelte sie nun, vom goldenen Sonnenuntergang beleuchtet, einem Phönix.

 „Seon-il, sieh dir das an. Wie kann denn ein Hahn so hoch fliegen?“, fragte Hyeong-mu, die Augen zum Himmel gerichtet, seinen Sohn, der mit seinem Freund spielte.

„Du spinnst wohl! Das ist doch kein Hahn. Das ist eine Krähe“, sagte Seon-il.


Nachdem er lange und gründlich nachgedacht hatte, während er sich von seinem Aufenthalt im Untersuchungsgefängnis erholte, besuchte Hyeong-mu am Abend Min-su. Min-su, der Fisch für den Verkauf auf dem Hyesan-Markt in Eis verpackte, war überrascht, ihn zu sehen.

„Min-su, es tut mir wirklich leid, dass ich mich über dich lustig gemacht habe, weil du nach Fisch riechst“, sagte Hyeong-mu.

Min-su verzieh ihm und bat ihn einfach, seinen Rucksack zu öffnen. Die beiden Männer legen den in Plastik eingewickelten Fisch in den Rucksack.

„Min-su, ich denke darüber nach, ein Fischgeschäft zu gründen. Kannst du mir zeigen, wie es geht?, fragte Hyeong-mu.

Min-su freute sich darauf, mit Hyeong-mu doppelt so viel Gewinn zu machen. Er scherzte sogar: „Kann ein Bergwerksaufseher einen nassen Fischsack herumtragen?“

Und Hyeong-mu antwortete: „Jetzt bin ich kein Aufseher mehr.“

...

Die Sonne sank unter den Horizont und färbte die Berge rot. Wieder flog ein schwarzer Vogel vorbei. Auch auf den ersten Blick war es eine Krähe.

„Die Welt muss ein ekelhafter Ort sein, dass sie so viele Krähen hervorbringt“, murmelte Hyeong-mu. Dann blieb er stehen.

„Aber warum bloß habe ich dieses scheußliche Tier letztes Mal mit einem Hahn verwechselt?“




Rhee Ji-myong (*1953): „Eine Hundegeschichte“ (2019)

Die Redaktion empfiehlt

Close

Diese Webseite verwendet Cookies und andere Techniken, um die Servicequalität zu verbessern. Die fortgesetzte Nutzung der Webseite gilt als Zustimmung zur Anwendung dieser Techniken und zu den Richtlinien von KBS. Mehr >