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Kultur

Shin Jae-hyeong: „Ihr Blick“ (2009)

2022-08-30

ⓒ Getty Images Bank

Wie erwartet war das Badezimmer voller Blut. Der Mörder musste sie hier getötet haben. Aber wie kamen die Blutflecken dann ins Wohnzimmer? Hatte der erste Angriff im Badezimmer stattgefunden und war dann ein Kampf im Wohnzimmer gefolgt, bevor sie ins Badezimmer zurückgekehrt waren? Aber zwischen Wohnzimmer und Badezimmer war kein Tropfen Blut gefunden worden. Noch merkwürdiger war, dass sich stattdessen auf dem Bettlaken eine Blutspur befand.


Ihre Stimme klang verändert. Sie ging hinüber in die Küche und sprach erst, nachdem sie etwas aus dem Schrank genommen hatte.

„Sagen Sie mir, was Sie vorher sagen wollten. Dann erzähle ich Ihnen alles, was ich weiß“, sagte sie.

„Ich habe nur eine Frage an Sie“, sagte ich. „Warum haben Sie das getan?“

„Ich verstehe nicht recht.“

„Sie sagten, als Sie um halb neun Uhr nach Hause kamen, sei Ihr Bruder nicht hier gewesen.“

Dann nahm ich Na Won-haks Handy heraus und legte es auf den Tisch.

„Warum wollte er dann um 21:38 Uhr eine SMS senden, die er schließlich nicht mehr verschicken konnte? Warum haben Sie Ihren eigenen Bruder getötet?“


Ich verließ die Polizeistation und machte mich auf den Weg nach Seoul. Alles, was ich auf meinem Weg sehen konnte, waren Menschen. Sie treffen sich jeden Tag, trennen sich, kommunizieren und lösen ihre Verbindungen.

Wenn jemand getötet wird, befragen und untersuchen wir die Personen, die das Opfer gekannt haben, weil jeder einen tiefen, verborgenen Grund hat, einen Mord zu begehen. Das ist einerseits nachvollziehbar, andererseits nicht. Deshalb musste ich wie sie mit zerbrochenen Augen auf die Welt blicken. Wie ein zerbrochener Spiegel. Das war das einzige, was ich jetzt sah.




Shin Jae-hyeong (*1982): „Ihr Blick“ (2009)

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