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Geschichte

Der Grundlagenvertrag zwischen Japan und der Republik Korea

2015-03-24

Der Grundlagenvertrag zwischen Japan und der Republik Korea
Am 22. Juni 1965 wurde in Tokio der Grundlagenvertrag zwischen der Republik Korea und Japan unterzeichnet. Dieser Vertrag stellte die diplomatischen Beziehungen zwischen Korea und Japan wieder her, die seit der Befreiung Koreas 1945 von der sechsunddreißigjährigen japanischen Kolonialherrschaft durchtrennt worden waren.

Die feierliche Unterzeichnung des Vertrags, die etwa 15 Minuten dauerte, wurde vom damaligen Außenminister Lee Dong-won und seinem japanischen Amtskollegen Shiina Etsusaburo durchgeführt und mit der Verkündigung des Vertrags, dem Abspielen der koreanischen Nationalhymne und einem Toast abgeschlossen. Mit dieser Zeremonie gingen die Gespräche zur Normalisierung der bilateralen Beziehungen zwischen den beiden Ländern, die sich seit 1951 dreizehn Jahre und acht Monate lang hingezogen hatten, zu Ende.

Seit Koreas Unabhängigkeit im Jahr 1945 standen sich die beiden Länder kalt und distanziert gegenüber, die bilateralen Beziehungen waren auf dem absoluten Tiefpunkt. Beide Seiten begannen erst 1951 mit Verhandlungen zur Normalisierung der Beziehungen, doch die Gespräche hatten mit einer heftigen Meinungsverschiedenheit über die Auslegung der Kolonialzeit Koreas begonnen. Die beiden Länder setzten ihre Gespräche fort, doch jeder Ansatz wurde wieder abgebrochen, weil keine der beiden Seiten bereit war, der anderen in der Frage, was auf der koreanischen Halbinsel in der Vergangenheit passiert war, entgegen zu kommen. Professor Lee Won-deog vom Institut für Japanologie an der Kookmin-Universität erzählt uns, woran die Gespräche scheiterten.

Die Voraussetzung für die Normalisierung der Beziehungen zwischen Korea und Japan war die Klärung historischer Fragen. Die beiden Seiten waren geteilter Meinung darüber, wie die japanische Besetzung Koreas zu verstehen sei, ob die Kolonialherrschaft legitim war oder nicht und welche finanzielle Entschädigung den koreanischen Opfer gezahlt werden sollte. Dies waren Faktoren, die die Gespräche zu einem sehr schwierigen Prozess machten.

Die Gespräche über die unterschiedlichen Ansichten der beiden Länder über das japanische Kolonialregime gerieten ins Stocken. Erst, nachdem die dritte Regierung der Republik Korea 1960 gebildet worden war, zeichneten sich Fortschritte in den Gesprächen ab. Die neue koreanische Regierung hatte zu dem Zeitpunkt den ehrgeizigen Fünfjahreswirtschaftsentwicklungsplan bekannt gegeben und versuchte, an ausländisches Geld heranzukommen, um diese Pläne in die Tat umzusetzen. Also drängte die koreanische Regierung auf ein Treffen mit Japan, um von ihnen finanzielle Unterstützung für die Durchführung ihrer Pläne zu erhalten. Herr Seok Jeong-seon, der ehemalige Chef des koreanischen Geheimdienstes (KCIA), erinnert sich an die damalige Situation in Korea.

Korea musste sich wirtschaftlich so schnell wie möglich weiterentwickeln. Dazu brauchte Korea die Industrialisierung und Modernisierung, was Investitionen verlangte. Die koreanische Regierung dachte, dass ein koreanisch-japanisches Abkommen die dringend benötigten Entwicklungsfonds einbringen würde, weshalb die Gespräche in solcher Eile stattfanden.

Unterdessen versuchte auch Japan verzweifelt, seine diplomatischen Beziehungen zu Korea zu erneuern. Nach einem enormen Wirtschaftsaufschwung in den 1960er Jahren wollte Japan seine Waren ins benachbarte Korea exportieren. Hier ist erneut Professor Lee Won-deog von der Kookmin-Universität.

Japan dachte, dass Koreas antikommunistische Regierung stark sein sollte, um die Sicherheit Japans zu gewährleisten; aus diesem Grund wollte Japan mit der Park Chung-hee-Regierung zusammenarbeiten. Außerdem suchte Japan in den 1960er Jahren nach einer Möglichkeit, Investitionen zu tätigen und überschüssige Waren zu verkaufen und betrachtete Korea dafür als wichtigen Markt. Japan war also aus Sicherheits- und wirtschaftlichen Gründen darauf angewiesen, seine Beziehungen zu Korea zu normalisieren.

Um die Anforderungen der beiden Länder zu erfüllen, wurde am 22. Juni 1965 ein Vertrag zwischen Korea und Japan abgeschlossen. Professor Lee Won-deog erläutert uns den Vertrag.

Der Grundlagenvertrag zwischen der Republik Korea und Japan von 1965 besteht aus vier Abkommen. Sie behandeln im Grunde die Frage nach der sechsunddreißigjährigen japanischen Kolonialherrschaft in Korea und diskutieren, ob die Republik Korea eine legitime Regierung ist. Ein Abkommen über die Fischerei definiert im Wesentlichen die Reviergrenzen und handelt von der sogenannten Friedenslinie. Ein weiteres Abkommen handelt von der Gewährleistung des Rechtsstatus für Koreaner, die in Japan leben. Es gab auch ein Abkommen über das Anspruchsrecht, das die Frage nach finanzieller Entschädigung für die sechsunddreißigjährige Besetzungszeit regelt. Das letzte Abkommen legte fest, welche koreanischen Kulturgüter, die während der Kolonialzeit aus dem Land ausgeführt worden waren, nach Korea zurückgebracht werden sollten. Der Staatsvertrag von 1965 besteht also aus diesen vier Abkommen und dem Vertrag über die Grundlage der Beziehungen.

Die koreanisch-japanische Beziehung erreichte mit dem Abschluss des Grundlagenvertrags einen neuen Wendepunkt, doch in Korea braute sich etwas zusammen. Seit Beginn der Gespräche zwischen Korea und Japan im Jahr 1951 hatte sich das Interesse der koreanischen Öffentlichkeit auf Entschuldigung und Entschädigung Japans fokussiert. Im Laufe der sechsunddreißigjährigen japanischen Kolonialherrschaft hatten unzählige koreanische Freiheitskämpfer ihr Leben in dem Bestreben verloren, die Unabhängigkeit Koreas zu erkämpfen, wurden rund sieben Millionen Koreaner zur Zwangsarbeit gezwungen, wurden die koreanische Schrift und Sprache fast ausgelöscht und die Ressourcen des Landes geplündert. Japans kolonialen Besetzung von Korea stellte eine unvergessliche Ungerechtigkeit und ein unverzeihliches Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar. Der Nationalstolz der Koreaner verlangte nach einer Entschuldigung und Entschädigung Japans.

Doch mit Beginn des Jahres 1964 verbreiteten sich schnell Gerüchte darüber, dass die koreanische Regierung einen Vertrag ohne Entschuldigung Japans anstrebte, der bis März fertig ausgehandelt und bis Mai ratifiziert werden sollte. In der Tat wurde der damalige Chef der Republikanischen Partei, Kim Jong-pil, nach Japan geschickt, um die Gespräche im März abzuschließen. Einige Jahre später erklärte Kim in einer Talkshow, warum die koreanische Regierung damals so sehr darum bemüht war, die diplomatischen Beziehungen mit Japan zu normalisieren.

Ich denke, es war die richtige Zeit für bilaterale Gespräche. Korea musste sich als stabiles Land in Asien und in der Welt etablieren. Um dies zu erreichen, brauchte Korea normalisierte Beziehungen zu Japan, als Sprungbrett nach Südostasien und zum Rest der Welt. Korea musste seine Feindseligkeit gegenüber Japan unterdrücken und die Streitigkeiten zwischen den beiden Ländern lösen. Also übernahm ich den Auftrag der Regierung und traf mich mit dem japanischen Außenminister Masayoshi Ohira.

Die koreanische Öffentlichkeit protestierte stark gegen die schnell fortschreitenden Gespräche. Die Oppositionspartei und Bürgergruppen riefen zu landesweiten Protesten gegen den Staatsvertrag auf. Professor Lee Won-deog erklärt:

Die Japan-Politik des Park Chung-hee-Regimes traf auf landesweite Proteste. Studenten, Mitglieder von Oppositionsparteien und einfache Bürger demonstrierten im ganzen Land. Es war klar, was die Öffentlichkeit wollte. Sie wollten nicht, dass Korea einen demütigenden Vertrag mit Japan unterzeichnete. Sie forderten, dass Japan eindeutige Entschuldigungen und Entschädigungen anbieten sollte, zusätzlich zur wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Zusammenarbeit. Die Klärung historischer Fragen war die wichtigste Forderung zu der Zeit.

Und dann starteten College-Studenten am 24. März eine Demonstration in Seoul, um die Regierung dazu zu drängen, die erniedrigenden Gespräche beenden. Die Demonstrationen verbreiteten sich wie ein Lauffeuer im ganzen Land. Landesweit protestierten mehr als 60.000 Menschen am 26. März in elf Städten. Daraufhin versuchte Präsident Park Chung-hee, die Öffentlichkeit zu beruhigen und zu überzeugen. Doch eine neue Wendung der Ereignisse heizte die öffentliche Empörung weiter an. Eine geheime Vereinbarung zwischen Kim Jong-pil und dem japanischen Außenminister Ohira drang nach außen, in der es hieß, dass Japan Korea mit 300 Millionen Dollar unterstützen und außerdem Darlehen in Höhe von 200 Millionen Dollar und gewerbliche Kredite von 100 Millionen Dollar zur Verfügung stellen würde. Die Koreaner befürchteten, dass Japan sich mit 600 Millionen Dollar von den Grausamkeiten der Vergangenheit freizukaufen und nun eine neue wirtschaftliche Invasion durchzuführen versuchte.

Doch die koreanische Regierung trieb die Gespräche voran, und der oberste Parteiführer Kim Jong-pil reiste am 3. Juni 1964 nach Japan, um die bilateralen Beziehungen zu normalisieren. Am Mittag jenes Tages strömten Studenten auf die Straßen, um gegen die Gespräche zu protestieren, aber die Regierung erklärte den Ausnahmezustand und ging gegen die Protestierenden vor.

Anfang 1965 näherten sich die Gespräche zwischen Korea und Japan ihrem Abschluss. Am 20. Februar gelangten die beiden Länder endlich zur Anfangsphase der Vertragsunterzeichnung. Die Folge war eine weitere umfangreiche Demonstration. Der einundachtzigjährige Jang Byung-ha erzählt uns, wie die Situation damals war.

Die verbreitete Ansicht war zu der Zeit, dass Korea keinen derart demütigenden Vertrag unterschreiben sollte, ohne ein Wort der Entschuldigung von Japan, das Korea 36 Jahre lang missbraucht, ausgebeutet, geplündert und unterdrückt hatte. Die Öffentlichkeit glaubte, dass Korea Japan dabei nur Zugeständnisse gemacht hat, ohne jegliche Gegenleistung. Studenten, Mitglieder von Oppositionsparteien und einfache Bürger hielten es für zu unfair und gingen auf die Straßen, um zu protestieren.

Studenten führten täglich Demonstrationen, Streiks und Hungerstreiks durch, doch am 22. Juli wurde der Vertrag offiziell unterzeichnet. Der nächste Schritt für die Demonstranten bestand im dem Versuch, die Ratifizierung des Vertrags zu verhindern.

Der Vertragsentwurf zur Ratifizierung wurde am 14. Juli vorgelegt und einen Monat später, am späten Abend des 14. August, bei Abwesenheit der Oppositionellen vom Parlament in nur einer Minute abgesegnet. Oppositionsmitglieder traten zurück und die Proteste an den Hochschulen wurden stärker, doch die Regierung griff immer härter durch. Dann gingen am 25. August bewaffnete Soldaten hart gegen demonstrierende Studenten auf dem Campus der Korea-Universität vor, woraufhin alle Mitglieder des Lehrkörpers in einer öffentlichen Erklärung Kritik an der Regierung ausdrückten.

Angesichts der eskalierenden Unruhen erließ die Regierung das Garrison-Dekret und ordnete die vorübergehende Schließung der Korea-Universität und neun weiterer Universitäten in Seoul an. Anschließend unterzeichnete Präsident Park am 17. Dezember den ratifizierten Vertrag. Professor Lee fasst die Situation folgendermaßen zusammen:

In Anbetracht der damaligen Umstände wäre es sicherlich das beste gewesen, wenn Korea die historischen Streitigkeiten beseitigt und zugleich eine wirtschaftliche und sicherheitspolitische Zusammenarbeit erreicht hätte. Aber es war unmöglich, alle drei Ziele zu erreichen, und Korea musste auf die zweitbeste Lösung zurückgreifen. Tatsächlich beschränken die Vereinbarungen über Anspruchsrechte und die grundlegenden Beziehungen Koreas diplomatischen Möglichkeiten bis zum heutigen Tag. Der Vertrag ist im Lauf der Zeit unterschiedlich interpretiert worden. In jüngster Zeit dominierten negative Meinungen über den Vertrag, aber es sollte nicht zu negativ angesehen werden, weil die koreanische Regierung in der damaligen Zeit getan hat, was sie konnte, um die Grundlagen für normale diplomatische Beziehungen, wirtschaftliche Zusammenarbeit und ein dreiteiliges Sicherheitsbündnis zwischen Korea, Japan und den USA zu legen.

Vor einem halben Jahrhundert wurden die diplomatischen Beziehungen zwischen der Republik Korea und Japan nach 14 langen Jahren von Verhandlungen endlich normalisiert. Aber die Frage nach der Vergangenheit hat die beiden Länder immer noch im Griff. Korea und Japan vertreten immer noch weitaus unterschiedliche Ansichten darüber, was während der japanischen Besetzung Koreas passiert ist, und es wird schwer für die beiden Länder sein, eine echte Freundschaftsbeziehung einzugehen, ohne die Probleme aus früheren Jahren zu lösen.

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