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Lifestyle

Geschichte, Stand und Ausblick

#Sie fragen, wir antworten l 2018-08-18

Hörerecke

ⓒ Getty Images Bank

Q: In Deutschland gibt es die staatliche gesetzliche Rente und daneben private Rentenversicherungen. Wie funktioniert die Rente in Südkorea? Stichwort: Eintrittsalter? Durchschnittsrente? Altersarmut? Geschichte der Rentenversicherung?


A: Die Zukunft der Rente und Altersarmut sind auch in Korea aktuelle Themen, v.a. angesichts der Tatsache, dass Korea eine der am schnellsten alternden Gesellschaften der Welt hat UND eine der weltweit niedrigsten Fruchtbarkeitsziffern. 2014 betrug der Anteil der Senioren über 65 Jahre rund 12,7%, d.h. einer von zehn war ein Senior. 2040 sollen laut Prognosen auf zehn Jüngere drei Alte kommen. Lag 1980 die durchschnittliche Lebenserwartung in Korea nur bei 66 Jahren, so waren 2013 schon 82 Jahre erreicht. 1980 lag das Durchschnittsalter der koreanischen Bevölkerung noch im Schnitt bei 25,9 Jahren, 2014 hatte sich der Wert schon auf 40,3 Jahre erhöht. Für 2040 wird bereits ein Durchschnittsalter von 49,7 Jahren prognostiziert. 


Die andere Seite der Medaille: Laut dem World Fact Book lag 2015 in Südkorea die geschätzte Fruchtbarkeitsrate unter den 224 erfassten Ländern der Welt bei 1,25 Kindern pro Frau in gebärfähigem Alter, nur Hongkong, Taiwan, Macau und Spitzenreiter Singapur weisen noch niedrigere Werte auf. 2,1 Kinder pro Frau sind jedoch notwendig, um eine Bevölkerung auf dem gegebenen Stand zu erhalten. Wie krass der Geburtenrückgang ist, zeigt auch folgender Vergleich: 2013 kamen auf 1.000 Koreaner 8,6 Geburten. Im Jahre 1970, als Korea das Wirtschaftswunder am Han zu schaffen begann, wurden hingegen 31,2 Babys pro 1.000 Koreaner geboren, die dann später stark zur Wirtschaftsentwicklung des Landes beitrugen. Geht der negative Geburtentrend mit dem jetzigen Tempo weiter, soll laut einer Studie der Koreanischen Nationalversammlung die südkoreanische Bevölkerung von derzeit rund 52 Mio. bis zum Ende des Jahrhunderts auf 20 Mio. fallen. Die Studie schließt mit dem düsteren Szenario, dass im Jahr 2750 die Südkoreaner ausgestorben sein könnten, wenn man nichts dagegen unternimmt. 


Altersarmut kann bei diesen Prognosen nur ein großes Problem werden. Schon jetzt hat Südkorea unter den 34 OECD-Mitgliedsstaaten die höchste Rate an Senioren, die unter der Armutsgrenze leben, und auch eine der höchsten Selbstmordraten alter Menschen. Dass die Situation zum Teil schon für die heutigen Senioren prekär ist, hat dann aber auch mit dem noch vergleichsweise jungen Renten- und Sozialversicherungssystem des Landes zu tun. Die Rentenversicherung wurde in Korea nämlich erst recht spät eingeführt, und zwar 1960. Sie erfasste 1960 jedoch zunächst nur einmal öffentliche Bedienstete wie Beamte, die in die Pensionskasse einzuzahlen hatten. 1963 wurde das System auf Militärangehörige ausgeweitet. 1975 kamen Lehrer und Hochschullehrer an privaten Schulen bzw. Hochschulen hinzu. Damit waren aber nur die relativ ordentlich bezahlten Beschäftigten im öffentlichen Sektor abgedeckt. Erst 1988, als Südkorea die Olympischen Sommerspiele veranstaltete, wurde stufenweise ein Rentenversicherungssystem eingeführt, das auch die Beschäftigten im Privatsektor umfasste. Es ist bekannt als National Pension Service, also Nationaler Rentendienst, abgekürzt als NPS. Erst 1999 war die ganze Bevölkerung renten- und sozialversichert. Bis dahin waren die alten Eltern auf die Unterstützung der Kinder angewiesen bzw. mussten vom Ersparten leben. D.h. die Frage nach einer auskömmlichen Rente im Alter stellt sich in Korea nicht nur für die kommende Generation, sie betrifft in vielen Fällen schon die jetzige Generation der Alten, die nicht oder nur im geringem Maße in den Genuss des noch recht jungen koreanischen Sozialversicherungssystems kommen. 


Der 1988 eingeführte, und stufenweise ausgebaute Nationale Rentendienst NPS erfasst rund 53% der Beschäftigten in Korea. Nicht eingeschlossen sind Selbstständige, Zeitarbeiter und Tagelöhner. Der Anteil von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, der in die Rentenkasse zu zahlen ist, beträgt jeweils 4,5% des Monatslohns. Anspruch auf Rente hat man derzeit bereits mit 60, das allgemeine Rentenalter soll bis 2033 jedoch auf 65 angehoben werden. Die Renten, die derzeit aus dem NPS gezahlt werden, sind noch vergleichsweise gering und liegen bei maximal 700.000 Won pro Einzelperson, also rund 550 Euro im Monat, für ein Ehepaar werden maximal rund 885 Euro gezahlt. Das erklärt zum Teil auch, warum Südkorea unter den OECD-Ländern eine Altersarmutsrate von 48,6% hat. 


Besser als bei der allgemeinen Rentenkasse sieht es bei der schon weit früher eingeführten Pensionskasse aus, die Beamte, Beschäftigte im öffentlichen Dienst, Militärangehörige, Lehrer und Hochschullehrer abdeckt. Das Pensionsalter beträgt hier in der Regel 65. Der Beitragssatz der Pensionskasse liegt mit 17% - jeweils 8,5% von Arbeitgeber- bzw. Arbeitnehmerseite - deutlich höher als bei der Rentenkasse. Nach rund 30 Beitragsjahren besteht ein Anspruch von rund 70% gemessen an den letzten Bezügen. Aber auch bei der Pensionskasse sind derzeit schon finanzielle Engpässe auszumachen, da die Babyboomer langsam pensioniert werden. Zurzeit geht der Trend dahin, dass bis 2021 Beamte bereits mit 60 Jahren in Pension gehen sollen. Für 2022 bis 2023 ist geplant, dass sie mit 60 pensioniert werden, aber erst mit 61 ihre Pension beziehen können. Von 2024 bis 2026 sollen Pensionsbezüge erst ab 62 möglich sein, ab 2033 gar erst mit 65. Derzeit wird bereits über eine Anhebung des Bezugsalters auf 68 diskutiert. Angesichts der stufenweise Einführung des Rentensystems und der damit verbundenen sehr unterschiedlichen Anzahl von Jahren der Einzahlung in die Rentenversicherung ist es sehr schwierig, die Frage nach einer Durchschnittrente zu beantworten, da spielen zu viele Faktoren eine Rolle. Eine Grundformel bei der Pensionskasse ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt 100.000 Won mal Anzahl der Dienstjahre. Wer also 32 Jahre lang gearbeitet und eingezahlt hat, würde pro Monat 3,2 Mio. Won bekommen, nach jetzigem Kurs knapp 2.500 Euro.

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