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Nordkorea

Die Arbeitswelt in Nordkorea

2019-03-21

Schritte zur Wiedervereinigung

© KBS

In Südkorea, wo der Arbeitsmarkt sehr dicht gedrängt ist, verbringen Arbeitssuchende im Durchschnitt mehr als vier Stunden am Tag, um relevante Informationen zu sammeln, einen Lebenslauf zu schreiben und sich auf Vorstellungsgespräche vorzubereiten. Wie sehen die Arbeitssuche und der Arbeitsmarkt in Nordkorea aus? Zum Thema sagt Cha Mun-seok vom Institut für Vereinigungserziehung: 


Artikel 2 des 1978 verabschiedeten sozialistischen Arbeitsgesetzes in Nordkorea definiert Arbeit als etwas Heiliges oder Ehrwürdiges. Mit Ausnahme der Senioren, Kranken oder arbeitsunfähigen Menschen mit Behinderungen, müssen im Prinzip alle Nordkoreaner, die 16 Jahre alt oder älter sind, bis zum Ruhestandsalter von 60 Jahren für Männer und 55 für Frauen arbeiten gehen.  


Auf dem Papier liegt die Erwerbstätigenquote in Nordkorea bei 100 Prozent. Doch können sich die Nordkoreaner nicht einfach einen Job aussuchen: 


Die Nordkoreaner haben keine Auswahl, wenn es um den Arbeitsplatz geht. Junge Menschen, die nach der Oberschule keine Universität besuchen oder nicht den Militärdienst antreten, werden von der Arbeitsabteilung des Volkskomitees in jeder Region einer bestimmten Arbeit zugeteilt. Die Schulabgänger füllen ein Dokument aus und legen es ihrer Schule zur Bewertung und Weiterleitung an die Abteilung vor. Im Fall von College-Absolventen prüft zunächst das College die Anträge und führt persönliche Gespräche durch. Das Ergebnis wird von der Exekutivabteilung des Parteikomitees in den jeweiligen Regionen analysiert. Auf der Grundlage der abschließenden Bewertung werden ihnen bestimmte Stellen zugewiesen. Um die entlassenen Soldaten kümmert sich ebenfalls die Exekutivabteilung. 


Artikel 70 der nordkoreanischen Verfassung sieht vor, dass die Bürger ihren Beruf gemäß ihren Wünschen und Fähigkeiten auswählen können. Doch in Wirklichkeit weisen ihnen die Partei und die Verwaltungsbehörden eine Arbeit zu. Das kann von ihrer Schichtzugehörigkeit oder ihren politischen Einstellungen abhängen. In den meisten Fällen arbeiten sie ihr ganzes Berufsleben in einem Job:


Im Prinzip gehen die Menschen acht Stunden am Tag arbeiten. Abhängig von den Arbeitserfordernissen arbeiten sie sechs oder sieben Stunden. Arbeitende Mütter mit drei oder mehr Kindern arbeiten in der Regel sechs Stunden, während es Müttern mit Kleinkindern oder Schwangeren verboten ist, nachts zu arbeiten. Die nordkoreanischen Erwerbstätigen erhalten im Jahr 14 Tage Urlaub. Je nach Arbeit können sie 7 bis 21 zusätzliche Tage frei nehmen. Für Frauen ist der Mutterschaftsurlaub garantiert, das sind 35 Tage vor der Geburt und 42 Tage nach der Geburt des Kindes. Doch die Arbeiter nehmen nur selten frei, weil sie oft für Arbeitskampagnen mobilisiert werden. 


Die meisten Nordkoreaner arbeiten trotz der Regularien von 7.00 Uhr morgens bis 20.00 Uhr. An zwei der 13 Arbeitsstunden verbringen sie mit dem Lesen der offiziellen Zeitung Rodong Sinmun oder von Parteianweisungen. Nach der Arbeit sind sie angehalten, über ihren Arbeitstag zu berichten und an verschiedenen Treffen teilzunehmen, die eine oder zwei Stunden dauern können. Ihre Löhne sind relativ niedrig:


Seit 2013 ist es Fabriken und Unternehmen in Nordkorea erlaubt, über die Löhne für Arbeiter selber zu entscheiden. Es wird berichtet, dass Arbeiter mit hoher Arbeitsleistung das 20- oder 30-fache des normalen Einkommens verdienen. 2018 lag der monatliche  Durchschnittslohn bei 2000 bis 3000 Won. Offiziell hieß es für 2016, dass Handarbeiter in Pjöngjang 30 bis 40 Dollar pro Monat für den Lebensunterhalt ausgegeben haben. Die nordkoreanischen Arbeiter werden in drei Gruppen aufgeteilt, was die monatlichen Ausgaben betrifft. Es wird geschätzt, dass die untere Gruppe 10 bis 20 Dollar, die mittlere Gruppe 50 bis 100 Dollar und die obere Gruppe 100 bis 200 Dollar benötigt. Es ist also unmöglich für die nordkoreanischen Arbeiter, allein von ihren Löhnen zu leben. 


Nach Angaben Nordkoreas stieg der Monatslohn für Beschäftigte in staatlichen Unternehmen von 100 auf 150 Dollar, nachdem Machthaber Kim Jong-un 2015 Wirtschaftsreformen eingeführt habe. Doch der aktuelle Monatslohn liegt bei 3000 Won. Da der Dollar im vergangenen Jahr etwa 8000 nordkoreanische Won wert war, liegt der Monatslohn bei weniger als einem Dollar. Angesichts des geringen Arbeitsentgelts müssen viele Familienangehörige auf privaten Märkten oder Jangmadang arbeiten. Der südkoreanische Wirtschaftsforscher Kim Byung-yeon von der Seouler National-Universität schätzt, dass Nordkoreaner auf den Märkten im Monat durchschnittlich 172.750 Won, oder etwa 21 Dollar, einnehmen können:


Theoretisch können die Nordkoreaner ihre Arbeit gemäß ihren Wünschen und Fähigkeiten auswählen, und der Staat garantiert einen stabilen Arbeitsplatz und angemessene Arbeitsbedingungen. Doch das hat nichts mit der Realität zu tun. Nach dem wirtschaftlichen Rückgang in den 90er Jahren mussten die meisten Industrieeinrichtungen in Nordkorea ihren Betrieb einstellen. Eine große Zahl der Arbeitskräfte wurde arbeitslos. Das Korea Development Institute in Südkorea schätzt, dass die Erwerbslosenquote in Nordkorea zwischen 25 und 56 Prozent liegt. Viele junge Nordkoreaner gehen nicht arbeiten, weil sie nicht genug verdienen. Aber diese Menschen werden natürlich bestraft. 


Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten haben eine große Auswirkung auf die Arbeitsmarktsituation: 


Früher galten Parteiposten und Strafvollzugsbeamter als die besten Jobs in Nordkorea. Doch da sich auch die Wertschätzung des Geldes geändert hat, wollen die meisten eine Arbeit, die viel Geld einbringt. Private Investoren, die auch Donju genannt werden, sowie Markthändler, Betreiber von Karaoke-Bars und solche, die Videos drehen und im Gastronomie- und Transportbereich sind, haben stark umworbene Jobs. Auch Diplomaten, Übersetzer, Ärzte, Lehrer und Computerspezialisten gehören dazu. Es wird berichtet, dass auch Taxifahrer und Kaufleute zu den neuen, beliebten Jobs gehören.

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