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Nordkorea

Unternehmen in Nordkorea

2019-08-01

Schritte zur Wiedervereinigung

© KBS

Im Kapitalismus stellen Unternehmen eine wichtige Achse der Volkswirtschaft dar, indem sie Waren produzieren und verkaufen mit dem Ziel, Gewinne zu erzielen. In Nordkorea wird diese Rolle von sogenannten Gieopso übernommen, was grob als „Unternehmen“ übersetzt werden kann. Hören wir dazu die aus Nordkorea geflohene Hyun In-ae, jetzt Gastprofessor an der Abteilung für Nordkorea-Studien an der Ewha-Frauen-Universität.


Unternehmen in Nordkorea ähneln Unternehmen oder Fabriken in anderen Ländern. Da sie vollständig vom Staat betrieben werden, entsprechen sie staatlichen Unternehmen. Im Süden heißt der Unternehmensleiter Präsident, in Nordkorea Manager.


Ein Unternehmen in Nordkorea bezeichnet eine große wirtschaftliche Produktionseinheit. Die staatliche Planungskommission, eine zentrale Behörde, gibt Produktionspläne an Unternehmen heraus, und die Wirtschaftsberatungsausschüsse in den einzelnen Provinzen weisen die Unternehmen in ihren Regionen an, die Pläne ordnungsgemäß auszuführen. Jedes Unternehmen hat einen Manager als Leiter, einen Chefingenieur für die technische Beratung und Mitarbeiter, die verschiedenen Abteilungen zugeordnet sind. Wie sieht nun die staatliche Kontrolle nordkoreanischer Unternehmen aus? Dazu wieder Prof. Hyun:


Nordkorea wird von der Partei kontrolliert, die auch die ultimative Macht über die Unternehmen hat. Die Unternehmensleiter folgen den Anweisungen des Parteikomitees, das von einem Parteisekretär geleitet wird. Dieses einzigartige Industriemanagement wird als Daean-Arbeitssystem bezeichnet. Das Parteikomitee, das für die Mobilisierung von Arbeitern, Büroangestellten und Ingenieuren zuständig ist, hat volle Befugnis und Autorität über die Unternehmen.


Nach der Befreiung Koreas von der japanischen Kolonialherrschaft im Jahr 1945 gehörten Unternehmen und Fabriken in Nordkorea im Wesentlichen den Arbeitern, die ihre eigenen autonomen Komitees gründeten, um ihre Unternehmen selbst zu führen. Doch dieses System führte dazu, dass Manager, die das letzte Wort hatten, über die Arbeiter herrschten. Auf dieses Problem des „Ein-Mann-Management-Systems“ machte im Jahr 1961 der damalige nordkoreanische Staatschef Kim Il-sung bei einem Besuch der Elektrogeräteanlage Daean aufmerksam. Daraufhin erhielt das Parteikomitee die Befugnis und Verantwortung über die Unternehmen. Im Rahmen dieses „Daean-Arbeitssystems“ wurde die Machtfülle der Manager in allen Unternehmen reduziert und stattdessen eine kollektive Verantwortung eingeführt. In den letzten Jahren hat sich jedoch die Wirtschaftspolitik des Landes geändert.


In der zentral gelenkten Wirtschaft wurden nordkoreanische Unternehmen vollständig vom Staat geführt. Dabei traten jedoch verschiedene Probleme auf, vor allem ein Produktionsrückgang in den unselbstständigen Unternehmen und Fabriken. Während sich die Volkswirtschaften anderer Länder rasch entwickelten, machte die nordkoreanische Wirtschaft nur geringe Fortschritte. Die nordkoreanischen Behörden fragten sich, was mit ihrem Wirtschaftssystem nicht stimmte. Sie stellten fest, dass andere sozialistische Volkswirtschaften ebenfalls schwerwiegende Mängel aufwiesen und eine Antwort in der Marktwirtschaft gefunden werden konnte. Doch Nordkorea konnte die Marktwirtschaft aufgrund seines politischen Systems nicht vollständig und offiziell einführen. Als Kompromiss wurde ein neues System namens „sozialistisch verantwortliches Managementsystem von Unternehmen“ entwickelt, das marktwirtschaftliche Elemente enthielt.

  

Im Jahr 2014 schlug der nordkoreanische Staatschef Kim Jong-un vor, ein eigenständiges Wirtschaftsmanagementsystem einzurichten, das vor allem auf stärkere Autonomie und physische Anreize aufbaute. Im Rahmen der Agrarreform wurde das „Feldmanagementsystem“ eingeführt, bei dem die Landwirte den Überschuss behalten dürfen, nachdem sie die staatliche Quote erreicht hatten. Die vergrößerte Autonomie für die Landwirte zielte darauf ab, die landwirtschaftliche Produktion zu steigern. Ziel dieser Maßnahmen war es, die Wirtschaft durch Reformen und Offenheit anzukurbeln und gleichzeitig das sozialistische politische System aufrechtzuerhalten. Der beabsichtigte Effekt konnte jedoch nicht erzielt werden. Dazu wieder Prof. Hyun:

  

Tatsächlich hat das „sozialistisch verantwortliche Managementsystem von Unternehmen“ nicht gut funktioniert, weil es nur einen kleinen Teil des Kapitalismus übernommen hat. Denn Nordkorea war nicht mutig genug, Privateigentum anzuerkennen. Und wegen der internationalen Sanktionen gegen Nordkorea konnten kaum Investitionen getätigt werden. Was nützt ein tolles Managementsystem, wenn man kein Geld hat? Anfangs sollen die Arbeiter der Musan-Mine und einer Textilfabrik in Pjöngjang dank des neuen Managementsystems 100.000 Won pro Monat verdient haben. Doch die Musan-Arbeiter erhielten den genannten Lohn nur etwa ein Jahr lang, und in den letzten Jahren kam die Produktion in vielen Fabriken zum Erliegen.

  

Nordkorea hat die Marktaktivitäten von Unternehmen durch die Reformmaßnahme offiziell genehmigt. Außerdem sind inoffizielle oder private Märkte, die als Janagmadang bekannt sind, seitdem beträchtlich gewachsen. Nach Angaben des US-Korea-Instituts an der Johns Hopkins School of Advanced International Studies gab es im Jahr 2010 erst 200 Jangmadang, 2017 jedoch mehr als doppelt so viele. Mit der Zeit vergrößerten sich jedoch die Lohnunterschiede zwischen den Unternehmen, und einige Firmen stellten aufgrund verschärfter internationaler Sanktionen den Betrieb sogar ganz ein. Infolgedessen haben aufstrebende, wohlhabende Geschäftsleute, Donju genannt, staatlichen Unternehmen, die unter Geldmangel leiden, häufig Geld verliehen oder ihre eigenen privaten Unternehmen betrieben.

  

Nordkorea strebt eine sich selbst tragende Wirtschaft an, in der ein Land mit eigenen Ressourcen und eigener Technologie alles produzieren kann, was seine Bevölkerung braucht. Da die Weltwirtschaft aber eine große Arbeitsteilung erfordert, ist es für ein Land fast unmöglich, alles auf dem eigenen Territorium zu produzieren. Ich halte es für notwendig, dass Nordkorea das Konzept einer sich selbst tragenden Wirtschaft neu definiert. In solch einem System können die Menschen genug Geld verdienen, um alles aus dem Ausland zu kaufen, was sie brauchen. Nordkorea sollte daher die Marktwirtschaft einführen. Natürlich sollte es andere Länder nicht blind imitieren. Der Norden muss vielmehr wirtschaftliche Maßnahmen finden, die besser zu seiner Situation passen und die Wirtschaft durch wirksame Reformmaßnahmen entwickeln können. Ich denke, so kann Nordkorea eine echte wirtschaftliche Unabhängigkeit erreichen.

  

Die Reise des früheren US-Präsidenten Richard Nixon nach China im Jahr 1972 führte sechs Jahre später zur Aufnahme förmlicher diplomatischer Beziehungen zwischen beiden Ländern. Deng Xiaoping, der Architekt der chinesischen Reform- und Öffnungspolitik, nutzte die historische Gelegenheit, um die Reformanstrengungen in seinem Land zu beschleunigen. Vietnam öffnete seine Wirtschaft, indem es seine Beziehungen zur internationalen Gemeinschaft im Rahmen seiner 1986 eingeleiteten Doi-Moi-Reformpolitik normalisierte.In ähnlicher Weise wird Nordkorea den Weg zur wirtschaftlichen Entwicklung ebnen können, wobei seine Unternehmen die zentrale Wirtschaftsachse bilden, wenn die Beziehungen zu den Nachbarländern nach einer Denuklearisierung erst einmal verbessert worden sind.

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