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Nordkorea

Das Leben in Pjöngjang

2019-08-08

Schritte zur Wiedervereinigung

© KBS

Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang ist in mehrfacher Hinsicht eine für nordkoreanische Verhältnisse ungewöhnliche Stadt. Warum Pjöngjang eigentlich so bedeutsam ist und wie das Leben dort wirklich aussieht, darüber sprechen wir heute wieder mit Hyun In-ae, Gastprofessorin an der Abteilung für Nordkorea-Studien an der Ewha-Frauenuniversität. 


In Nordkorea ist Pjöngjang der heilige Ort der Unabhängigkeit, das Herz des koreanischen Volkes und die Hauptstadt der Demokratischen Volksrepublik Korea. Pjöngjang wird besonders gut behandelt, weil Nordkorea hofft, durch die Entwicklung seiner Hauptstadt ein positiveres Image der Nation zu fördern. Außerdem lebt ihr oberster Führer dort. So ist es nur natürlich, dass ein so wichtiger Ort anders und bevorzugt behandelt wird.


Als 1946 ein vorläufiges Komitee als zentrale Verwaltungsbehörde Nordkoreas eingerichtet wurde, wurde Pjöngjang von der Provinz Süd-Pyongan abgetrennt und zur Sonderstadt Pjöngjang. Erst später wurde sie zur eigenständigen Stadt Pjöngjang, die sich zu einem nationalen Zentrum von Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur entwickelte. Vor langer Zeit war Pjöngjang die Hauptstadt des alten koreanischen Königreichs Goguryeo gewesen und wurde in der Zeit der Goryeo-Dynastie Seogyeong genannt. In Nordkorea wurde Pjöngjang zur Hauptstadt der Revolution, nachdem der Staatsgründer Kim Il-sung seinen Sohn Kim Jong-il 1975 mit dem Wiederaufbau der Hauptstadt beauftragt hatte. Im Jahr 1998 wurde ein Gesetz über die Verwaltung der Stadt Pjöngjang erlassen.


Das Stadtverwaltungsgesetz von Pjöngjang sieht vor, dass der Staat zunächst alle Mittel wie Materialien und Gelder in Pjöngjang investiert. Das bedeutet, dass die Ressourcen des ganzen Landes auf den Aufbau von Pjöngjang konzentriert werden sollen, wovon die Einwohner von Pjöngjang profitieren. Alle Waren von bester Qualität werden zuerst nach Pjöngjang geliefert. Kurz gesagt, Pjöngjang genießt in allem besondere Vorteile.


Pjöngjang wird von den Einheimischen als „Herz der Revolution“ bezeichnet. Es ist das Symbol des nordkoreanischen Regimes und ein idealisierter Ort, den das Land der Außenwelt zeigen möchte. Die Bewohner der Hauptstadt erhalten Einwohnerkarten, was sie zu besonders privilegierten Nordkoreanern macht. Während die Leute aus anderen Gebieten eine besondere Reisegenehmigung für die Einreise nach Pjöngjang benötigen, dürfen Personen mit einer Pjöngjang-Einwohnerkarte ohne eine entsprechende Bescheinigung benachbarte Gebiete bereisen. Diese Privilegien gehen jedoch mit Pflichten einher.


Die Bürger von Pjöngjang sollten den Menschen in anderen Regionen als Vorbild dienen. In Videos sieht man zahlreiche Menschen auf den Straßen, die ausländische Staats- und Regierungschefs wie den südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in und den chinesischen Präsidenten Xi Jinping willkommen heißen. Natürlich sind das alles Einwohner von Pjöngjang. Die Einwohner können aus der Hauptstadt ausgewiesen werden, wenn sie etwas falsch machen. Sie müssen sich also äußerst vorsichtig verhalten und die Regeln einhalten. Die Bürger in Pjöngjang genießen Vorteile, aber sie tragen auch diese Lasten.


Trotzdem legen die Einwohner von Pjöngjang aufgrund der verschiedenen Vorteile, die ihnen gewährt werden, eine größere Loyalität an den Tag als alle anderen Nordkoreaner. Nur diejenigen mit einem angemessenen familiären Hintergrund und Hingabe an die Partei und den Führer haben Anspruch auf den Status als Bewohner von Pjöngjang. In Pjöngjang mit seinem recht hohen Lebensstandard leben hohe Beamte, die Partei, Regierung oder Militär loyal dienen, und die neue Klasse der wohlhabenden Geschäftsleute, die als Donju bekannt sind.


Reiche Menschen in Pjöngjang wohnen in großen Luxushäusern mit herrlicher Aussicht und essen in gehobenen Restaurants, in denen sie angeblich bis zu 300 US-Dollar für eine Mahlzeit ausgeben. Wenn Sie Pjöngjang besuchen und mit einem hohen Beamten oder einer reichen Person unterwegs sind, fragen Sie sich möglicherweise, ob Sie sich in Nordkorea oder Südkorea befinden. Pjöngjang verwandelt sich in einen Ort, an dem man seinen Reichtum in vollen Zügen genießen kann.


Die Washington Post hat 2016 das neue Wort „Pyonghattan“ geprägt, um das Leben der reichen Nordkoreaner zu beschreiben. Wie in dieser Kombination von „Pjöngjang“ und „Manhattan“ angedeutet, übersteigt das Leben der reichen Menschen in Pjöngjang jegliche Vorstellungskraft. Da sich die Hauptstadt rasant entwickelt, nimmt auch die ungleiche Verteilung des Reichtums zu.


Da Nordkorea marktwirtschaftliche Elemente aufgreift, wird die zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich zu einem ernsten sozialen Problem. Es gibt auch arme Einwohner, die in einem Slum in der Stadt leben, aber die Stadt kann sie nicht ohne Grund wegschicken. Ausländische Besucher in Pjöngjang mögen denken, dass sich Nordkorea in positiver Weise stark verändert hat. Aber Pjöngjang entlarvt auch die Schattenseiten der Gesellschaft wie die Kluft zwischen denjenigen, die viel haben und denen, die nichts haben. Die Hauptstadt ist eine Miniaturversion von Nordkorea.


Diverse Vorteile für Pjöngjang und die Einführung einer Marktwirtschaft lassen vermuten, dass sich die nordkoreanische Wirtschaft zumindest an der Oberfläche verbessert hat. Die Hauptstadt enthüllt jedoch, dass sich das regionale Gefälle ohne umfassende Reformmaßnahmen nur weiter verschärfen wird.

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