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Nordkorea

IAEA: Nordkorea nimmt anscheinend Atomreaktor wieder in Betrieb

2021-09-02

Schritte zur Wiedervereinigung

ⓒ Getty Images Bank

Nordkorea hat nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) möglicherweise seinen 5-Megawatt-Atomreaktor und das radiochemische Labor in seinem Nuklearzentrum Yongbyon wieder in Betrieb genommen. Der Reaktor war demnach zweieinhalb Jahre nicht in Betrieb. Das Labor ist eine Wiederaufbereitungsanlage. Die IAEA veröffentlichte am vergangenen Freitag einen entsprechenden Bericht über die Entwicklungen in Nordkorea seit September 2020. Die Behörde beruft sich bei ihren Beobachtungen in Nordkorea auf Satellitenbilder. Das Land hatte 2009 die internationalen Atominspekteure des Landes verwiesen. Zum Thema sagt Cho Han-bum vom Korea-Institut für Nationale Vereinigung:  


Der Yongbyon-Nuklearkomplex umfasst Gebäude für die Urananreicherung, einen 5-Megawatt-Reaktor, Wiederaufbereitungsanlagen für gebrauchte Brennstäbe sowie eine Anlage zur Gewinnung von Tritium. Laut dem jüngsten IAEA-Bericht scheint Nordkorea zwischen Februar und Anfang Juli dieses Jahres abgebrannte Brennstäbe wiederaufbereitet zu haben, und der Atomreaktor könnte im Juli hochgefahren worden sein.


Nordkorea begann in den 1960er Jahren mit dem Bau der Nuklearanlagen in Yongbyon. Der 5-Megawatt-Reaktor wurde 1986 in Betrieb genommen. Im Streit um das nordkoreanische Atomwaffenprogramm gilt der Abbau der Yongbyon-Anlagen als eine der wichtigsten Maßnahmen zur Denuklearisierung. Nach dem Genfer Rahmenabkommen von 1994 mit den USA fror Nordkorea den Reaktor zunächst ein. Auch versprach es 2007, den Reaktor gemäß einer Vereinbarung bei den sogenannten Sechs-Parteien-Atomgesprächen stillzulegen. 2008 sprengte Nordkorea den Reaktor-Kühlturm. Doch wurden die Anlagen danach immer wieder in Betrieb genommen. Auch waren sie Gegenstand des gescheiterten Gipfeltreffens der USA mit Nordkorea im Februar 2019 in Hanoi: 


Als wichtigster Atomkomplex Nordkoreas können in Yongbyon drei Schlüssel-Nuklearmaterialien produziert werden: hoch angereichertes Uran, Plutonium und Tritium. Es hatte keine Anzeichen dafür gegeben, dass der Reaktor von Dezember 2018 bis Anfang Juli dieses Jahres in Betrieb war. Beim Hanoi-Gipfel bot der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un an, die Yongbyon-Einrichtungen unter der Bedingung abzubauen, dass die USA einige Sanktionen gegen Nordkorea lockern. Doch der frühere US-Präsident Donald Trump wollte, dass Nordkorea den Yongbyon-Komplex und seine Uran-Anreicherungsanlagen stilllegt. Aufgrund der Differenzen scheiterte der Gipfel.


Experten vermuten, dass Nordkorea jetzt wieder verstärkt Druck auf die USA ausüben will:


Nordkorea hofft, mit der Biden-Regierung verhandeln zu können, auch wieder über Yongbyon. Indem es zeigt, dass es weiter Nuklearmaterialien produzieren kann, stellt es die Nützlichkeit seines Haupt-Nuklearkomplexes heraus und drängt die USA, rasch an den Verhandlungstisch zurückzukehren. 


Unterdessen führte der südkoreanische Atomunterhändler Noh Kyu-duk in dieser Woche neue Gespräche mit dem US-Sonderbeauftragten für Nordkorea, Sung Kim, in Washinton. Sie sagten, dass sie weiter auf eine Antwort Nordkoreas auf ihr Dialogangebot warten würden. Auch sprachen sie über die Möglichkeit, humanitäre Hilfe für Nordkorea zu leisten. Die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, sagte auch, dass der jüngste IAEA-Bericht die Notwendkeit für Gespräche gezeigt habe: 


Nordkorea verlangt von den USA, zuerst ihre Sanktionen aufzuheben, während die USA sagen, dass eine Lockerung der Sanktionen später erfolgen sollte als Ergebnis von Verhandlungen. Die USA bieten nun humanitäre Hilfe an, doch für Nordkorea ist das nicht genug.


Mit Blick auf den IAEA-Report bekräftigte China seine Position, dass es nötig sei, eine parallele Annäherung zu verfolgen, um die Probleme auf der koreanischen Halbinsel zu lösen. Ein Sprecher des Außenministeriums in Peking sagte am Montag, China hoffe darauf, dass die betroffenen Länder eine ausgeglichene Lösung nach dem Prinzip simultaner Maßnahmen finden: 


China befürwortet immer wieder einen Parallel-Ansatz, bei dem Nordkorea und die USA die Denuklearisierungsgespräche fortsetzen und gleichzeitig den Abschluss eines Friedensvertrags anstreben. China ruft die USA also auf, korrespondierende Maßnahmen zu ergreifen und im Gegenzug zur Nordkoreas Denuklearisierungsmaßnahmen Sanktionen aufzuheben. Chinas Position ist deutlich näher bei Nordkorea. Doch bedeutet das nicht, dass China Atomwaffen im Besitz Nordkoreas gutheißt. Es befürchtet, dass das Nordkoreas Atomwaffen zu einem “nuklearen Domino-Effekt” führen, bei dem Japan und selbst Taiwan einen Vorwand dafür finden, selber Atomwaffen zu haben. 


Durch die Wiederinbetriebnahme des Atomreaktors wird der Yongbyon-Atomkomplex wahrscheinlich wieder einer der Schwerpunkte sein, wenn Nordkorea die Verhandlungen mit den USA wiederaufnehmen sollte:


Yongbyon ist als Trumpfkarte noch immer nützlich. Doch selbst wenn Nordkorea den Yongbyon-Komplex abbaut, verfügt es noch über andere Produktionsanlagen für Nuklearmaterialien. Da Trump sich weigerte, beim Thema Yongbyon einzlenken, wird wahrscheinlich auch Biden über Yongbyon hinausgehen wollen und weitere Verhandlungen mit Nordkorea fordern. Doch Pjöngjang will nur eine Einigung über Yongbyon erreichen. Nordkorea wird vermutlich als Verhandlungsstrategie Provokationen von geringer Intensität unternehmen. Die gemeinsamen Militärübungen Südkoreas und der USA sind nicht wirklich ein Hindernis für Verhandlungen. Nordkorea hat derzeit mit verschiedenen Schwierigkeiten zu kämpfen und hofft, bei den Verhandlungen einen Kompromiss herauszuholen. Doch will es mit den USA nur über die Yongbyon-Frage verhandeln und nicht darüber hinaus gehen. Beide Seiten befinden sich in einem Tauziehen, was die Maßnahmen Washingtons und eine Vereinbarung in der frühen Phase betrifft.

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