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Nordkorea

Snacks in Nordkorea

#Schritte zur Wiedervereinigung l 2022-01-26

Schritte zur Wiedervereinigung

ⓒ Getty Images Bank

In Nordkorea erhalten die Kinder Plätzchen oder Bonbons als Geschenk, wenn das Land die Geburtstage seiner früheren Machthaber feiert, oder auch an anderen nationalen Feiertagen wie dem Gründungstag der herrschenden Arbeiterpartei. Die Gabe soll nicht zuletzt verdeutlichen, dass sich der Machthaber um die Bürger kümmert. Über die Bedeutung von Snacks oder Knabberartikeln und andere Süßigkeiten in Nordkorea sagt Jeon Young-seon vom Institut für Humanwissenschaften und Vereinigung an der Konkuk- Universität: 


In Nordkorea werden Snacks an die Menschen zu besonderen Anlässen, Feiertage eingeschlossen, als Geschenk des Machthabers verteilt. Die Snacks konnten früher nicht einfach in den Läden gekauft werden. Die Menschen fragten sich, was sie an den Feiertagen bekommen. Für sie symbolisierten Snacks ein Geschenk und die Hingabe der Partei. Doch die Dinge haben sich geändert. Zahlreiche Fabriken produzieren Snacks, und diese können in Läden in großen Städten wie etwa Pjöngjang gekauft werden. Zudem fördert Nordkorea Snacks strategisch als Exportartikel. Um die regionale Wirtschaft anzukurbeln, wird unter Nutzung der Ressourcen in jeder Region eine Reihe unterschiedlicher Snacks hergestellt. Anders als früher können also Snacks jederzeit gekauft werden.


Anfang der 2000er Jahre sprachen die Nordkoreaner oft über nahrhafte Kekse, die auch als “UN-Kekse” bekannt waren und an Kinder in den Schulen und Kindergärten verteilt wurden: 


Damals versorgte das Welternährungsprogramm (WFP) das Land mit den Materialien für die Keksproduktion, und nordkoreanische Fabriken stellten Kekse für Kinder her. Den Keksen wurden Nahrungsergänzungsmittel beigefügt. Die Buchstaben “WFP” wurden auf die quadratischen Kekse gestempelt. Doch leider wurde die Hilfe des WFP ausgesetzt, was die Fabriken dazu zwang, ihre Produktion zu stoppen.


Der frühere nordkoreanische Machthaber Kim Jong-il verfolgte eine sogenannte Militär-Zuerst-Politik. Er sagte einmal, dass die Menschen ohne Süßigkeiten leben können, aber nicht “ohne Kugeln”. Als sein Sohn Kim Jong-un Ende 2011 an die Macht kam, betonte dieser, wie wichtig die Erholung der Wirtschaft und die Verbesserung der Lebensverhältnisse seien. Entsprechend wurde auch die Produktion von Knabberartikeln wieder angeschoben. Insbesondere nachdem das Land ein neues Wirtschaftsmanagement-System einführte, das es “Managementsystem für verantwortungsvolle sozialistische Unternehmen” nannte, verbesserte sich der Geschmack der Snacks, und es entstand eine Vielfalt von verschiedenen Arten von Süßigkeiten:  


Unter Kim Jong-uns Herrschaft gab es in Nordkorea in zahlreichen Bereichen Veränderungen. Im Wirtschaftsbereich erneuerte das Land Sektoren, die vorher weit hinterherhinkten, wie etwa die Leichtindustrie, die Industrie für Verbrauchsartikel und die Dienstleistungen. Im Einklang mit diesem Trend legte Nordkorea den Fokus auf Süßwaren als vielversprechender Industriezweig. Das konnte Nordkorea umso mehr, da es sie mit eigener Technologie herstellen und exportieren konnte. Eine der größten Lebensmittelfabriken in Nordkorea ist die KumCup-Nahrungsmittelfabrik in Pjöngjang. Seit 2011 produzierte sie rund 400 verschiedene Arten von Lebensmitteln, darunter Bier, Brot und verarbeitete Fleischwaren. Andere sind die Seonheung- Lebensmittelfabrik, die Unha Taesong-Lebensmittelfabrik oder die Songdowon-Lebensmittelfabrik.


Für die Produktqualität betont Nordkorea die Notwendigkeit der Standardisierung. Es benutzt seine eigenen nationalen Standards, so wie Südkorea seine eigenen Industrienormen, die als KS-Zertifizierungssystem bekannt sind, hat. Die nordkoreanischen Staatsmedien beschreiben die nationalen Standards als “Gesetz”, die die Hersteller befolgen sollten. Als Mitglid der Internationalen Organisation für Standardisierung, kurz ISO, legt Nordkorea großen Wert auf das Produktionsmanagement-System. Viele nordkoreanische Snack-Produkte haben einen ISO-Siegel, das die Produktqualität garantieren soll:


Nordkorea fokussiert sich mehr auf die Qualität von Verbrauchsgütern als auf die Quantität. Es hat wettbewerbsfähige Qualitätsprodukte in jedem Bereich ausgewählt und zeichnet sie seit 2014 am 15. Dezember eines jeden Jahres mit einer Zertifizierungsmedaille aus. Der Zweck ist, die Hersteller zu ermutigen, Produkte von hoher Qualität zu produzieren, die die Menschen ansprechen. Im Bereich der Snacks wird die Qualitätsmedaille in jedem Segement verliehen, wie etwa Früchtebrot, Kaffeecandies, ausgewählte Kekse, nahrhaftes Gelee und Gangjeong, was ein traditioneller koreanischer Reiskräcker ist. Die Zahl der Produkte, die eine “Qualtitäsmedaille des 15. Dezember” erhalten, steigt weiter an. 


Nordkorea unterscheidet Bonbons, Kekse, Brot und Yeot, oder koreanische Toffees. Auch gibt es geleeartige Süßigkeiten wie das Danmuk, das Bestandteile hat, die produziert werden, wenn das Wasser in Früchten wie bei Marmeladen gekocht und reduziert wird. Die nordkoreanischen Snacks werden gemäß den Bestandteilen benannt, sodass es einfach ist, sie zu unterscheiden: 


Nordkoreanische Süßigkeiten umfasssen Erdnusswaren, die Rakhwasaeng genannt werden. Rakhwa bedeutet in Nordkorea so viel wie “Erdnuss”. Ein Bohnenbonbon wird Kong-Candy genannt, da “Kong” Bohne bedeutet. Es gibt auch Bonbons mit Trauben-  oder Erdbeer-Geschmack. Im Bonbon kann eine Frucht in der Form von Jelly-Candies stecken. So ist etwa das Apfel-Jelly-Candy mit Apfelgelee gefüllt. Ein Dauerlutscher wird interessanterweise auch als Candyspieß bezeichnet. So deuten die Namen der nordkoreanischen Snacks auf ihre Besonderheiten hin.


In Nordkorea gibt es auch Buskuitkuchen, der Seolgi genannt wird, gefüllte Brötchen, sowie gedrehte Brotstangen. Butter oder Kakao wird für süßes Seolgi benutzt, während rote Bohnen, Erdbeer-, Apfel- oder Zitronengelee in Brötchen gefüllt wird: 


In Nordkorea wird ein Sandwich-Keks, der aus zwei Teilen und einer Füllung besteht, als geschichteter Keks bezeichnet. Milchcreme, Buttercreme oder Creme mit Grüner-Tee-Aroma können als Füllung dienen. Chips werden Tuigi oder verschwollener Snack genannt. Es gibt Chips, die nach Tintenfisch, Krabben, Zwiebeln, Mungbohnen und Schokalade schmecken.


In Nordkorea wird Wassereis auch als “Eskimo” bezeichnet, während Eiscreme ganz normal als Eiscreme bestellt wird. Soda ist in Nordkorea als kohlensäurehaltiges süßes Wasser verbreitet, das etwa einen Apfel-, Pfirsich- oder Beeren-Geschmack haben kann. Cola gilt ebenfalls als kohlensäurehaltiges süßes Wasser: 


Nordkorea produziert verschiedene Arten von Snacks unter Verwendung von Milchprodukten. Ihre Namen verweisen auf bestimmte Substanzen. So gibt es etwa Kalziummilch, Vitaminmilch, Erdbeermilch, Apfelmilch, Kornmilch, Pfirsichmilch und Melonenmilch. Auch findet man nahrhafte Milch für Kinder. Milch wird mit Ernährung verbunden, und einige Milchprodukte werden nach Nahrungsprodukten benannt. Joghurt gibt es als Sauermilch, da es ein fermentiertes Milchprodukt ist. Joghurt-Produkte umfassen Pfirsich-Joghurt oder Jujube-Joghurt:


Einer der beliebtesten Snacks in Nordkorea ist Choco Pie. Südkoreanische Unternehmen, die im früheren innerkoreanischen Industriekomplex in der nordkoreanischen Grenzstadt Kaesong produzierten, verteilten die mit Schokolade überzogenen Kuchen an die dortigen Arbeiter aus Nordkorea. Die Kuchen waren so populär, dass sie auf den Privatmärkten in Nordkorea, den Jangmadang, zu hohen Preisen gehandelt wurden. Sie galten sogar als Symbol der wohlhabenden Schicht. Nach der Schließung des Komplexes im Jahr 2016 begann Nordkorea damit, seine eigenen Choco Pies zu produzieren: 


Choco Pie ist in der ganzen Welt beliebt. Der Snack war unter Arbeitern in Nordkorea populär, wo es schwierig war, ähnliche Produkte zu finden. Sie aßen sie selbst oder brachten sie oft nach Hause zu ihren Kindern. Über Mundpropaganda wurden die südkoreanischen Snacks so bekannt, dass sie auch auf den Jangmadang gehandelt wurden. Vom Industriekomplex Kaesong aus verbreiteten sich Choco Pies auch in anderen nordkoreanischen Regionen. Nordkorea produzierte seine eigenen Choco Pies, die süßes Schokoladen-Seolgi genannt wurden. 


In den vergangenen Jahren richtete Nordkorea eine Austellung mit Candy- und Keks-Skulpturen zum Tag der Sonne am 15. April ab, der der Geburtstag des früheren Machthabers Kim Il-sung ist. Köche in großen Restaurants und Arbeiter in Lebensmittelfabriken nahmen an den Veranstaltungen teil. Einige der ausgestellten Arbeiten zeigten berühmte Gebäude in Pjöngjang oder Figuren aus nordkoreanischen Trickfilmen. Die Ausstellung von 2017 zeigte Skulpturen, die auch durch Figuren ausländischer Zeichentrickfilme inspiriert wurden, wie etwa Schneewittchen und die sieben Zwerge: 


Es gibt gewöhnliche Ausstellungen über Brotkunst oder Zuckerkunst. Solche Ausstellungen umfassen die Herstellung von Skulpturen, die aus Brot oder Zucker bestehen. Einige teure Restaurants zeigen Früchte-Skulpturen. Nordkorea hält die Candy- und Keks-Skulptur-Austellung seit 2016 ab. Es finden Wettbewerbe in zwei verschiedenen Kategorien, Candy und Kekse, statt, mit dem Zweck, die Entwicklung verschiedener Snackprodukte voranzutreiben und ihre Bekanntheit zu erhöhen. Arbeiten, die als hochwertig eingestuft werden, erhalten einen Preis oder eine Medaille. 


Nachdem die internationalen Sanktionen gegen Nordkorea 2016 verschärft wurden, betonte das Land immer stärker die Eigenständigkeit. Es versuchte, Materialien selber zu produzieren und die Qualität lokaler Produkte zu verbessern. Die Grenzschließungen wegen der Corona-Pandemie führten dazu, dass die Preise für tägliche Bedarfsartikel in Nordkorea nach oben schnellten. Es wird für das Land immer schwieriger, sich Nahrungsmittel und Rohstoffe zu beschaffen. Daher übt Nordkorea immer größeren Druck auf die Industrien aus, um eigenständig Produkte herzustellen. Die Süßwarenindustrie ist dabei keine Ausnahme:


Nordkorea versucht beständig, selber Snackprodukte herzustellen, und dabei Zutaten aus den eigenen Regionen zu nutzen. Auch benuzt es den Patriotismus als Marketingwerkzeug und drängt die Menschen, einheimische Produkte zu kaufen. Es ist alles andere als einfach, ein Produkt wettbewerbsfähig zu machen. Südkoreanische Snacks konnten auf dem internationalen Markt vorstoßen, weil sie den harten Wettbewerb überlebten und ihre Marktfähigkeit unter Beweis stellten. Damit ein Produkt wettbewerbsfähig ist, muss es mehrere Voraussetzungen erfüllen. Doch die nordkoreanische Infrastruktur ist nach wie vor untauglich dafür. Das ist der Grund, warum sich Nordkorea auf die lokale Produktion von Waren konzentriert. In diesem Sinn ist in der gegenwärtigen Situation die Lokalisierung die einzige Chance für Nordkorea. 


Bei einer Sitzung des Zentralkomitees der Arbeiterpartei Ende des vergangenen Jahres kündigte Nordkorea an, seine Politik weiter zu verfolgen, eine eigenständige Wirtschaft aufzubauen. Die Staatsmedien betonen seit Beginn dieses Jahres immer wieder die nationale Selbstständigkeit. Nordkorea produziert in diesem Sinn auch Snacks unter Verwendung lokaler Zutaten. Doch ist zweifelhaft, ob die Politik der Lokalisierung der einzige Weg für das Land ist, sich aus der Wirtschaftskrise zu befreien.

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