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Nordkorea

Dokumentarfilme in Nordkorea

#Schritte zur Wiedervereinigung l 2022-06-29

Schritte zur Wiedervereinigung

ⓒ YONHAP News

Am 1. Februar zeigte die zentrale nordkoreanische Fernsehstation den Dokumentarfilm “Das Große Jahr des Siegs, 2021”. In dem Propagandafilm ist Machthaber Kim Jong-un auf dem Rücken eines weißen Pferds zu sehen, während er die aufgehende Sonne betrachtet. Der Streifen zählt die Errungenschaften Kims im vergangenen Jahr auf. Am Ende galoppiert er durch den Wald, mit dem Zügel in einer Hand. In Nordkorea hat ein weißes Pferd eine besondere symbolische Bedeutung. Der entsprechende Symbolismus begann bereits unter dem Republikgründer Kim Il-sung. Nordkorea behauptet, dass Kim ein weißes Pferd geritten habe, als er gegen die Japaner während der Kolonialzeit gekämpft habe. Das weiße Pferd steht dabei symbolisch für den idealen Anführer. Indem er dieses Image seines Großvaters übernimmt, rechtfertigt Kim Jong-un die Erbnachfolge an der Macht. In diesem Sinn enthalten die nordkoreanischen Dokumentarfilme eine bestimmte Botschaft. Totalitäre Staaten wie Nordkorea produzieren immer neue Dokumentarfilme für Propaganda- und Agitationszwecke. Ein typisches Beispiel dafür waren etwa auch die Dokumentationen über die Olympischen Spiele 1936 in Berlin während der Nazi-Herrschaft in Deutschland. Nordkorea produziert fast 30 Dokumentarfilme im Jahr. Die Filme, die vom Staatsfernsehen gesendet werden, handeln meistens von der staatlichen Politik und politischen Ereignisse, aber auch aktuellen Themen. Zum Dokumentarfilm in Nordkorea sagt der südkoreanische Experte Kim Seung von der Abteilung für Digitalkultur und Inhalte an der Konkuk-Universität: 


Nordkoreanische Dokumentarfilme sind mehr als nur Filme. Sie können als historische Aufnahme gesehen werden, da sie die Revolutionshistorie der Partei und der Machthaber zeigen. Die Dokumentationen dienen eindeutig als wichtiges Propagandawerkzeug für das Regime. Die Filme zeigen typischerweise Szenen von großen Menschenmengen und rufen die Bewohner auf, an solchen Ansammlungen teilzunehmen. Die Filme dienen zwei Zwecken: der Stärkung der internen Disziplin und der Demonstration interner Eintracht nach außen. 


Kim Il-sung erkannte die Wichtigkeit der Dokumentarfilme. Kurz nach der Befreiung Koreas von der japanischen Kolonialherrschaft gründete er ein Filmstudio. Nordkorea begann 1946 damit, Dokumentationen wie “Unser Aufbau” und “Demokratische Wahl” zu produzieren, um die Rechtmäßigkeit des Regimes zu unterstreichen:

 

Es ist relativ einfach, Dokumentarfilme herzustellen, die die Menschen rasch unterweisen sollen. Das ist der Grund, warum Nordkorea in den Anfangsjahren die Produktion solcher Filme stark unterstützte, trotz unzureichender Materialien und Technologie. Ein Film mit dem Titel “Der 38. Breitengrad” von 1948 zum Beispiel zeigt eine Aufnahme der Hungnam-Düngemittel-Fabrik aus der Luft, als ob dieses Video von einer Drohne aufgenommen wurde. Für Nordkorea war 1967 ein wichtiges Jahr, als die sogenannte Gapsan-Fraktion von Kim Il-sung beseitigt wurde, und Kim Il-sung ein monolithisches Ideologiesystem etablierte. Damals wurden die Filme zunehmend didaktisch. In vielen nordkoreanischen Dokumentarfilmen ersetzen die Hintergrundmusik oder Umgebungsgeräusche die Erzählung. Die Überbeanspruchung der Musik machen einige Filme zu einer Art Musikvideo. 


Nordkorea sicherte sich eine Menge Videomaterial über die Machthaber und setzte es ein, wann immer es nötig schien. Ein Dokumentarfilm über Kim Jong-uns Mutter Ko Yong-hui beispielsweise erschien nur kurz nach der Machtübergabe an ihn. Der Film “Die Mutter des Großen Militär-Zuerst-Koreas” wurde 2011 gedreht und im Jahr darauf zunächst hochrangigen Funktionären vorgeführt. Ko ist darin zu sehen, wie sie den ehemaligen Machthaber Kim Jong-il auf einer Inspektionsreise zu militärischen Einheiten und Unternehmen sowie zu öffentlichen Veranstaltungen wie etwa ein Militärkonzert begleitet. Die Zuschauer hören auch ihre Stimme. Der Film zeigt Bilder von Ko, als sie über ihren Sohn Kim Jong-un wacht, als er klein war, und ein Buch liest oder einen Baum pflanzt. Auf die Bilder folgen Szenen von Kim als designierter Machtnachfolger, als er an der Seite seines Vaters Feldinspektionen unternimmt oder an einer Militärparade teilnimmt. Die Dokumentationen sollen zu erkennen geben, dass Kim Jong-un zur sogenannten Paektu-Blutlinie gehört, die für die Kim-Herrscherdynastie steht: 


Es ist der erste Dokumentarfilm, der Szenen von Ko zeigt und ihre Stimme zu Gehör bringt. Sie wurden Ende der 1990er Jahre gefilmt, als die Menschen noch nicht erwarteten, dass Kim Jong-il die Macht an Kim Jong-un übergeben wird. Es scheint, als ob Nordkorea eine große Menge an inoffiziellen Videos herstellte und sie nutzte, wann immer es nötig schien. 


Wie schon sein Großvater und Vater nutzt auch Kim Jong-un den Film für politische Zwecke. Im Januar 2012, einen Monat nach dem Tod von Kim Jong-il, zeigte Nordkorea den Dokumentarfilm “Die großen Errungenschaften der Militär-Zuerst-Revolution des Paektu-Bergs erben”. Er beginnt mit einem Ritt Kim Jong-uns auf einem Pferd. Er zeigt auch den Besuch des Machthabers im Kumsusan-Palast der Sonne, wo die einbalsamierten Leichen seines Vaters und Großvaters liegen. Auch leitet er in dem Film eine große Militärübung an, an der Kriegsschiffe teilnehmen. Nordkorea benutzt dabei ausgeklügelte filmische Bearbeitungstechniken: 


Der Film demonstriert, dass Kim Jong-il absolutes Vertrauen in seinen Sohn Kim Jong-un hat, der der direkte Nachkomme in der Paektu-Blutlinie ist. Auch betont er, dass der junge Kim ein großer General ist, der wie sein Vater den Militär-Zuerst-Geist hochhält. Indem der Sohn mit dem Vater assoziiert wird, nutz der Film eine Technik, die “Transfer” genannt wird. Auch wendet er das cross cutting an, um die Machtnachfolge in dritter Generation zu rechtfertigen. Kim Il-sung wird als Pionier der Revolution beschrieben, während Metapher der Sonne und Fahne für Kim Jong-il beziehungsweise Kim Jong-un benutzt werden. Nach dem wiederholten Sehen dieser Szenen glaubten die Nordkoreaner folgerichtig, dass Kim Jong-un der offizielle Nachfolger ist. 


In dem Film erscheint zunächt der junge Kim Il-sung, und die Szenen wechseln zu Kim Jong-il und dann zu Kim Jong-un, die in Richtung der Menschen winken. Kim Jong-uns Machtbasis galt anfangs als schwach. Er hing vom dokumentierten Ruhm seiner Vorgänger ab, und die Dokumentarfilme betonen seine politische Legitimität durch die Technik des cross cutting, oder der Parallelmontage. 


Im Jahr 2016 wurde eine größere Veränderung in den nordkoreanischen Dokumentarfilmen bemerkt. Die früheren Machthaber verschwanden aus den Filmen, während Kim Jong-un begann, nur noch seine Errungenschaften vorzuführen. Der Dokumentarfilm „Die Entfaltung der Blütezeit der Revolution“ wurde kurz nach dem siebten Kongress der herrschenden Arbeiterpartei gezeigt. Er lenkt die Aufmerksamkeit auf den Machthaber, wie er militärische Einheiten inspiziert, um die Militärmacht des Landes zu demonstrieren. Szenen von den Atomtests und Raketenstarts sollten seine Errungenschaften zeigen: 


Die Bildkomposition unterscheidet sich von den früheren. In jedem Bild oder Video sollte der Machthaber im Zentrum stehen. Das was das grundlegende Prinzip. Doch in diesem Dokumentarfilm sieht man Kim Jong-un allein vor dem Hintergrund des Paektu-Bergs stehen. Diese Szene wurde von hoch oben gedreht. Die Kranaufnahme führt dazu, dass die Szene majestätisch wirkt und die bewegliche Kamera verdeutlicht die dynamische Erscheinung des jungen Machthabers. In der Szene verfolgt der Machthaber einen Raketenstart, und er wird von hinten gefilmt. Die Aufnahme des Machthabers von hinten stellte definitiv einen neuen Ansatz dar. 


Ein weiterer besonderer Teil der Dokumentarfilme in der Kim-Jong-Un-Ära ist, dass er als warmherziger Anführer beschrieben wird, der den Menschen näher kommt: 


Dokumentarfilme zeigen wiederholt die Szenen von Kindern, die in die Arme des Machthabers rennen, sowie von Männern und Frauen, die seine Hand halten, von jubelnden Massen und Personen, die ins Wasser springen, um dem Machthaber zu folgen, sowie Wachpersonal, das sich verloren fühlt, wenn zu viele Menschen die Kontrolllinie übertreten. Die Filme zeigen Kim auf diese Weise eher als sorgendes Elternteil als einen strengen Machthaber. Somit stellen sie die herrschende Ideologie seines Großvaters Kim Il-sung wieder her: “Den Menschen dienen, ist der Himmel”. 


Die Filme sollen Kim Jong-un als sorgenden Machthaber erkennen lassen. Kim Jong-uns Image in den Dokumentarfilmen änderte sich erneut 2018, als Nordkorea wieder die diplomatische Arena betrat und sogar das erste Gipfeltreffen mit den USA abhielt. Die Dokumentarfilme, darunter “Große Führung für die Menschen, Teil 5”, handelten von den Verbesserungen in der Wirtschaft und den Lebensverhältnissen der Menschen. Doch nach dem gescheiterten zweiten Gipfeltreffen Nordkoreas mit den USA im Februar 2019 verschlechterte sich wieder die Situation. In der Dokumentation “Brillante Geschichte des Siegs” vom Oktober desselben Jahres erschienen wieder Kim Il-sung and Kim Jong-il, und deren Ideologie der “Eigenständigkeit” wird betont. Experten sagen, dass Kim Jong-un damit begonnen habe, Bilder von seinen Vorgängern wieder bei dem Versuch zu nutzen, die aktuellen Schwierigkeiten anzugehen. Dazu gehören auch die Folgen der internationalen Sanktionen gegen Nordkorea:


In Nordkorea übertreffen die Dokumentarfilme künstlerische Filme zahlenmäßig deutlich. Ich denke, die Dokumentarfilme werden vorerst weiter ihre Rolle als Propagandawerkzeug spielen. Das ist in einem kapitalistischen Land einfach unvorstellbar. Im sozialistischen Nordkorea ist es jedoch einfach, Dokmentarfilme für die sogenannten Tempo-Kämpfe oder Arbeitskampagnen zu nutzen. Möglicherweise ist sich die Regierung bewusst, dass die Menschen weniger Interesse an Dokumentarfilmen haben, die jetzt fast schablonenhaft wirken. Um diesen Mangel zu beheben, könnte Nordkorea Experten bei der Produktion von Dokumentarfilmen nutzen, deren Zahl sich schätzungsweise auf 1500 beläuft, um Kim Jong-uns Erfolgsgeschichte in neuen Filmen zu beschreiben. Ich denke, Nordkorea wird verschiedene filmische Experimente unternehmen. 


Durch Nordkoreas Dokumentarfilme lassen sich auch die verborgenen Seiten des Regimes erkennen. Zudem präsentieren sie einen Ausblick auf die Zukunft. Insofern wird das Interesse in Südkorea an diesen Produktionen des Nachbarlands weiter bestehen.

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