Zum Menü Zum Inhalt
Go Top

Nordkorea

Die Kimjang-Kultur in Nordkorea

#Schritte zur Wiedervereinigung l 2022-12-07

Schritte zur Wiedervereinigung

ⓒ Getty Images Bank

Kimchi gilt als repräsentatives koreanisches Gericht. Das traditionelle Nebengericht hat es zu internationaler Beliebtheit geschaft. Seine gesundheitsfördernde Wirkung wird weltweit anerkannt. Südkorea exporierte 2021 Kimchi im Wert von 28,25 Millionen Dollar in die USA. Das war das Zehnfache des Werts von 2011. Früher war es nicht einfach, frisches Gemüse im Winter zu bekommen. Die Koreaner bereiteten traditionell Kimchi Anfang des Winters zu. Diese Praxis der Kimchi-Zubereitung und Lagerung, die sich bis heute erhalten hat, heißt Kimjang. Zum jetzigen Zeitpunkt des Jahres haben bereits zahlreiche Haushalte Kimjang hinter sich. Kimchi ist reich an verschiedenen Vitaminen, Mineralstoffen, Nutzbakterien und Antioxidantien. Für die Koreaner ist Kimchi mehr als nur ein Nahrungsmittel. Jeder Koreaner oder jede Koreanerin, egal ob in Süd- oder Nordkorea wohnend, dürfte Erinnerungen an das Kimjang haben. Zur Kimjang-Kultur sagt die Leiterin der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit bei der Korea Hana-Stiftung in Südkorea, Kim Young-hee:


Die Nordkoreaner machen normalerweise Kimjang Anfang November. Ich erinnere mich, dass meine Muttter an einem Schneetag Kimchi zubereitete, und wir aßen weiße Kohlblätter mit Kräutern. Mein Heimatort lag in der Provinz Nord-Hamgyong, wo die Menschen dem Chinakohl Seelachs hinzufügten. Zuerst dachte ich, dass es nicht schmeckt, wenn Fisch zum Kohl kommt. Doch sobald es fermentiert ist, schmeckt es wirklich gut. Viele nordkoreanische Flüchtlinge machen Kimchi in Südkorea, doch seltsamerweise hat das Kimchi nicht den gleichen Geschmack wie in Nordkorea. Die Nordkoreaner vermischen viel Seelachs mit gewürfeltem Rettich-Kimchi, was sehr schmackhaft war. Ich erinnere mich auch daran, Nudeln in kalter Kimchi-Brühe gegessen zu haben. Es ist undenkbar, dieses Kimchi-Gericht in Südkorea zu essen. Das nordkoreanische Kimchi hat einen scharfen und frischen Geschmack, doch südkoreanisches Kimchi schmeckt niemals so. 


Wenn ein hundert Kohlköpfe von einer Handkarre abgeladen und auf den Hof abgelegt werden, sind wir Kinder so aufgeregt, um es ins Haus zu bringen. 


Die Mutter schneidet die Kohlköpfe an und schneidet sie in Stücke. Über Nacht legt sie sie in Salzwasser ein. Wenn sie morgens allein aufwacht, spült sie die gesalzenen Kohlköpfe in Wasser aus und lässt sie trocknen. Sie vermischt geriebenen Rettich mit rotem Pfefferpulver, geschnittenen grünen Zwiebeln, Knoblauch, Ingwer, gesalzenen fermentierten Krabben und gelbem Adlerlachs sowie mit Senf, bevor sie der Mischung Salz hinzufügt. Im großen Topf im Loch, das mein Vater in die Erde gegraben hat, wird das Jahresgericht der Familie reif und geschmackvoll. 


Das ist Teil eines Gedichts mit dem Titel “Kimjang Kimchi” von Han Bok-seon, einem Forscher für die koreanische Küche. Bis in die 1980er Jahre bereitete jeder Haushalt in Südkorea mehr als 100 Kohlköpfe für das Kimjang vor. Während der Saison der Kimchi-Zubereitung wurden Chinakohlköpfe in den Dorfstraßen gestapelt. Die Nachbarn halfen sich gegenseitig beim Kimchi-Machen. Kimjang war ein wichtiges Ereignis für das ganze Dorf. Auch in Nordkorea gab es dieses jährliche Kimjang-Ritual. Dort benutzten sie das Wort “Kampf”, wenn es um Kimjang ging: 


In Nordkorea schneit es schon Anfang November. Wenn die Temperaturen unter null Grad Celsius fallen, frieren die Kohlköpfe und der Rettich auf den Feldern. Es ist also nötig, sie schnell in ein oder zwei Tagen zu ernten. Arbeiter sowie Traktoren und Fahrzeuge von Organisationen und Unternehmen werden dafür mobilisiert. Deshalb beschreiben die Einheimischen das Ereignis als “Kimjang-Kampf”. Die Nordkoreaner im ganzen Land bereiten eine große Menge an Kimchi während der Kimjang-Phase zu, sodass einige Zutaten später knapp werden. Besonders Salz ist in Nordkorea so wertvoll, dass es auch “Goldsalz” genannt wird. Einige nutzen sogar das Salzwasser erneut, das andere bereits gebraucht haben. Sämtliche Haushalte sollten während der Saison alles sehr schnell machen. Kein Wunder also, dass das Wort “Kampf” benutzt wird. 


Heutzutage ist es schwierig, noch Südkoreaner zu finden, die Kimjang mit mehr als hundert Kohlköpfen machen. In Nordkorea bereitet eine vierköpfige Familie normalerweise 400 bis 500 Kilogramm Kohl und Rettich dafür vor: 


Als ich Anfang der 2000er Jahre in Nordkorea lebte, wurde eine vierköpfige Familie mit einer Tonne Kohl versorgt. Während südkoreanische Kohlköpfe fest verpackt sind, breiten sich die Kohlblätter in Nordkorea wie ein Kleid aus. Nachdem die äußeren Blätter beseitigt wurden, werden etwa 600 Kilogramm für das Kimjang genutzt. In Nordkorea ist es während des langen Winters schwierig, an Gemüse zu kommen. Kimchi, das während des Kimjang gemacht wird, wird von den Einheimischen “Halb-Jahres-Nahrung” genannt, da sie Kimchi Anfang November zubereiten und es bis Ende April verzehren. Einige Haushalte machen eine kleine Menge Kimchi gegen ihren Willen. In Nordkorea erhalten Unternehmen Felder, und die Größe der Felder wird entsprechend der Zahl der Arbeiter und ihrer Familienangehörigen bestimmt. Wenn der Kohl- und Rettichanbau in den Feldern gut gelingt, erhalten die Arbeiter eine große Menge an Kohl. Wenn der Anbau nicht gut war, erhalten sie ein kleinere Menge Kohl als erwartet. In diesem Fall wird ihnen das Kimjang-Kimchi vor April ausgehen. Sie fragen vielleicht Freunde oder Nachbarn, ob sie es mit ihnen teilen. Doch während der wirtschaftlichen Schwierigkeiten Mitte der 1990er Jahre schlichen sich manche sogar in die Kimchi-Lagerorte anderer Leute und stahlen es. 


Während der Kimjang-Saison strahlt das nordkoreanische Fernsehen Programme über den Zubereitungprozess aus, während größere Städte Kimchi-Zubereitungswettkämpfe ausrichten, an denen sich Organisationen und Hausfrauen beteiligen. Jedes Team, das daran teilnimmt, hat sein eigenes heimliches Rezept. Die Zubereitung ist ähnlich wie in Südkorea. Doch anders als im Süden benutzen die Nordkoreaner kaum noch fermentierte Fischsauce: 


Wenn sie Kimchi machen, benutzen die Südkoreaner normalerweise Fischsauce, die aus fermentierten Sardellen, Sandspierlingen oder Krabben gemacht wird. In Nordkorea dagegen wird der Sandspierling nicht zu einer würzigen Flüssigkeit gemacht. Er wird als Ganzes fermentiert. Der schwarze, fermentierte Fisch sieht nicht gut aus, doch schmeckt er gut. Der Sandspierling wird nur im Westmeer gefunden, die Menschen in den Provinzen Hwanghae und Pyongan an der Westküste vermischen gesalzenen Sandspierling mit Kimchi. Doch benutzen sie nur eine kleine Menge des gesalzenen Fischs. Die Menschen in den Provinzen Nord- und Süd-Hamgyong an der Ostküste säubern Seelachs und fügen den rohen Fisch dem Kimchi hinzu. Wenn es gärt, hat es einen ausgezeichneten Geschmack. 


In Nordkorea unterscheidet sich der Geschmack von Kimchi von Region zu Region. In den nördlichen Provinzen Hamgyong und Pyongan ist es wichtig, dass der frische Geschmack der Zutaten erhalten bleibt. Kimchi in den südlichen Regionen einschließlich der Provinz Hwanghae hat einen tiefen und pikanten Geschmack. Die Menschen in Nord-Hamgyong, wo Frau Kim herkommt, machen normalerweise Rettich-Kimchi und Chinakohl-Kimchi mit Seelachs, wärend die grenznahe Stadt Kaesong für Bossam-Kimchi bekannt ist, das mit verschiedenen Arten von gewürzten Delikatessen gefüllt ist:  


Bossam-Kimchi wird gemacht, indem gewürzte Füllungen in Kohlblätter gewickelt werden. Die Füllungen sind eine Mischung aus verschiedenen Zutaten wie etwa Esskastanien und Pinienkernen. Ich war überrascht, dass die Menschen in der Provinz Süd-Pyongan ganze Äpfel oder Birnen dem Kimchi hinzufügten, damit es einen kühlen, erfrischenden Geschmack erhält. Kimchi in der Provinz Gangwon legen wie in Nord-Hamgyong viel Seelachs in das Kimchi. 


Während in Südkorea viel gesalzener Fisch und Gewürze benutzt werden, um einen tieferen Kimchi-Geschmack zu erzeugen, ist das nordkoreanische Kimchi weniger salzig und scharf und hat eher einen leichten, klaren Geschmack. Nordkoreanische Flüchtlinge finden es eher ungewöhnlich, dass Kimchi in Südkorea wenig Flüssigkeit hat. Ein Merkmal des nordkoreanischen Kimchi ist, dass die Einheimischen mehr Brühe über das Kimchi schütten, nachdem es in den Töpfen eingelagert wurde: 


Die Nordkoreaner glauben, dass Kimchi vollständig in Flüssigkeit getaucht werden muss, sodass es frisch bleibt. Zwei oder drei Tage, nachdem es in die Töpfe gelegt wurde, schütten sie Brühe darüber. Wohlhabende Familien fügen dem Wasser Schweine- oder Hühnchenknochen hinzu. Im Allgemeinen schütten die Leute etwas Salz und gesalzenen Fisch in das Wasser und kochen es. Sie schütten eine große Menge an Brühe über das Kimchi in den Töpfen, bis es vollständig im Wasser versinkt. Dann bedecken sie das Kimchi mit äußeren Kohlblättern und drücken es unter einem schweren Stein, weil sie denken, dass Kimchi nicht gut schmeckt, wenn es an der Wasseroberfläche schwimmt. 


In Südkorea ist ein Kimchi-Kühlschrank ein spezielles Haushaltsgerät. Traditionell graben die Koreaner ein großes Loch in den Hof, stellen große Töpfe darin und lagern darin das Kimchi. Doch mit der wachsenden Zahl an Menschen, die in Hochhäusern leben, ist es natürlich schwierig, dieser Tradition zu folgen. Wie sieht es in Nordkorea aus? 


Allgemein lagern die Nordkoreaner das Kimjang-Kimchi in Töpfen unter der Erde. In den Bauerndörfern graben die Bewohner ein Loch in ihren Garten oder am Lagerhaus und legen die Töpfe darin. Als ich das Haus meiner Tante in Pjöngjang besuchte, sah ich einen Kimchi-Topf im Flur des Apartment-Gebäudes. Sie installierte eine Hülle in Form einer Kiste um den Topf, verstreute dort Sägemehl und baute eine Trennwand daran. Ich dachte, in den Dörfern wird es viel besser gemacht als in Pjöngjang. 


Heutzutage verbrauchen immer mehr Familien in Pjöngjang und anderen Städten verpacktes Kimchi, das in Fabriken hergestellt wird. Die nordkoreanischen Medien berichten, dass es in jeder Provinz Kimchi-Fabriken gibt, darunter die Ryugyong-Kimchi-Fabrik in Pjöngjang. Auch die Kimjang-Kultur ändert sich dadurch: 


Nordkorea hat Gewächshäuser gebaut, um Gemüse wie etwa Kohl, Salat, grüne Zwiebeln und Spinat im Winter anzubauen. In diesen Tagen bereiten weniger Nordkoreaner, besonders die wohlhabenden Familien, Kimchi zuhause selber zu. Sie kaufen Kimchi von den Kimchi-Fabriken. 


2013 fand Südkoreas Kimjang-Methode Eingang in die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit. Zwei Jahre später erhielt die Kimjang-Kultur Nordkoreas die gleiche Anerkennung.

Die Redaktion empfiehlt

Close

Diese Webseite verwendet Cookies und andere Techniken, um die Servicequalität zu verbessern. Die fortgesetzte Nutzung der Webseite gilt als Zustimmung zur Anwendung dieser Techniken und zu den Richtlinien von KBS. Mehr >