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Nordkorea

Innerkoreanische Mannschaften im Sport

#Schritte zur Wiedervereinigung l 2022-12-28

Schritte zur Wiedervereinigung

ⓒ YONHAP News

Busan wird im Februar 2024 die erste südkoreanische Stadt sein, die eine Tischtennis-Weltmeisterschaft austrägt. Der Wettbewerb steht unter dem Motto: “Ein Tisch, eine Welt”. 2024 feiert Südkorea zudem ein Sport-Jubiläum. Der Januar 1924 gilt als Geburtsmonat des Tischtennis-Sports in Korea. Damals richtete die Zeitung Gyeongseong Daily einen “Pingpong-Wettbewerb” aus. Die WM-Organisatoren hoffen für 2024, dass Süd- und Nordkorea erneut ein gesamtkoreanisches Team bilden können. Beide Länder stellten in der Vergangenheit schon mehrmals gemeinsame Mannschaften für internationale Sportveranstaltungen einschließlich olympischer Wettbewerbe auf. Zum Thema sagt Heo Jeong-pil vom Institut für Nordkorea-Studien an der Dongguk-Universität in Seoul: 


Obwohl Süd- und Nordkorea die gleiche Sprache gebrauchen und die gleiche Kultur teilen, haben sie aufgrund der nationalen Teilung jahrzehntelang nicht miteinander kommuniziert. Doch vereinigte Sportteams könnten Athleten und Beamte von beiden Seiten dazu bewegen, miteinander über die gleichen Ziele zu reden und einen Gemeinschaftssinn zu schaffen. Bei internationalen Veranstaltungen geben die Sportler alles. Die Menschen feuern ihr jeweiliges Team an. Dabei können sie die nationale Identität und Homogenität wiederfinden. Innerkoreanische Mannschaften können ein Beispiel für den Frieden und Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg geben und damit zur Vereinigung Koreas beitragen. 


In Südkorea erinnern sich die Menschen noch an das gemeinsame Eishockey-Team der Frauen bei den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang. Bei der Eröffnungsfeier trugen die Eishockey-Spielerinnen Park Jong-ah aus Südkorea und Jong Su-hyon aus Nordkorea die olympische Fackel und begeisterten damit die Zuschauer. Beide Länder begannen 1963, ein Jahr vor den Olympischen Spielen in Tokio, über die Bildung einer gemeinsamen Mannschaft zu sprechen. Doch Nordkorea konnte nicht an den Spielen als unabhängiges Land teilnehmen, weil das Internationale Olympische Komitee (IOC) nur ein nationales olympisches Komitee pro Nation zuließ. Ein gesamtkoreanisches Team kam nicht zustande: 


Nordkorea sprach aus politischen Zwecken über die Bildung eines innerkoreanischen Teams. Südkorea wurde 1947 bei der IOC-Sitzung in Stockholm als Repräsentant des koreanischen olympischen Komitees anerkannt. Das ostdeutsche nationale olympische Komitee wurde neben demjenigen Westdeutschlands vom IOC unter der Bedingung zugelassen, dass beide eine gemeinsame Mannschaft für die Olympischen Sommerspiele 1956 bilden. Nordkorea hoffte ebenfalls auf die Anerkennung durch das IOC. Deshalb schlug es vor, dass beide Koreas eine vereinigte Mannschaft formen. Zu diesem Zweck fanden in Lausanne und in Hongkong innerkoreanische Arbeitsgespräche statt. Bei der IOC-Sitzung 1963 in Baden-Baden wurde Nordkorea schließlich offiziell Mitglied des IOC. 


Nordkorea nahm 1964 erstmals als unabhängiges Land bei Olympischen Spielen teil, und zwar bei den Winterspielen in Innsbruck. Süd- und Nordkorea versuchten zwar, für die Sommerspiele 1984 in Los Angeles zusammenzukommen. Doch der damalige Ostblock, angeführt von der Sowjetunion, entschloss sich, die Spiele zu boykottieren, und Nordkorea schloss sich an. Die innerkoreanischen Gespräche wurden daher ohne Ergebnis beendet. Vor den Olympischen Spielen 1988 in Seoul redeten beide Länder unter Vermittlung des IOC erneut miteinander. Doch weigerte sich Nordkorea, an den Spielen teilzunehmen. Vor den Asienspielen 1990 in Peking gab es neue Disskussionen über ein gemeinsames Team:


Der Zusammenbruch der Sowjetunion und des sozialistischen Blocks um 1990 hatte eine starke Auswirkung auf Nordkorea. Um das sozialistische System zu erhalten und die Macht an Kim Jong-il zu übergeben, während gleichzeitig eine extreme Konfrontation mit kapitalistischen Ländern einschließlich der USA vermieden werden sollte, nutzte Nordkorea aktiv den Sport. So diskutierte es über eine gemeinsame Austragung der Olympischen Spiele 1988 und ein vereinigtes Team für die Asienspiele 1990. 


Süd- und Nordkorea hatten sich damals darauf geeinigt, dass ein vereinigtes Team den Namen Korea haben und eine Flagge gezeigt werden sollte, die die koreanische Halbinsel in blau auf weißem Hintergrund zeigt. Zudem sollte das koreanische Volkslied “Arirang” als Hymne benutzt werden. Doch die Gespräche scheiterten. Während der Asienspiele 1990 in Peking nahmen die Sportsminister beider Länder Kontakt auf und gemeinsame Fußball-Freundschaftsspiele wurden im selben Jahr in Pjöngjang und Seoul ausgetragen. Schließlich stellten beide Länder bei der Tischtennis-WM 1991 im japanischen Chiba zum ersten Mal eine gemeinsame Mannschaft auf. Bei den Frauen besiegten die Koreanerinnen sogar den Weltranglisten-Ersten China und holten damit den Weltmeister-Titel. Ryu Soon-bok aus Nordkorea und Hyun Jung-hwa aus Südkorea setzten sich in der ersten und zweiten Runde jeweils gegen ihre chinesischen Konkurrentinnen durch. Doch das Doppel und nachfolgende Einzelmatch gingen verloren. Korea musste also das fünfte und letzte Match unbedingt gewinnen. Ryu besiegte die Chinesin Gao Jung: 


Hyun gewann bei den Asienspielen 1986 die Goldmedaille und dann noch einmal im Doppel bei den Olympischen Spielen 1998 in Seoul. Ryu war für die Außenwelt eine unbekannte Spielerin. Doch interessanterweise spielte sie eine große Rolle im Finale, wo das innerkoreanische Team auf China traf. Das chinesische Team hatte die Weltranglisten-Erste Deng Yaping und die Nummer zwei, Gao Jun, in seinen Reihen. Im Team-Wettbewerb gewann Korea drei von fünf Spielen und holte sich die Goldmedaille. Es dauerte 18 Jahre für die koreanischen Sportlerinnen, den Titel im Teamwettbewerb zu gewinnen, seitdem die südkoreanische Frauen-Tischtennis-Mannschaft die Goldmedaille bei der WM 1973 in Sarajewo geholt hatte. Durch den dramatischen Sieg bei der WM 1991 inspiriert, entstand in Südkorea der Film “Korea”, der viele Zuschauer anlockte. 


Im Juni 1991 ging auch ein vereinigtes koreanisches Fußball-Team bei der FIFA-Jugendmeisterschaft in Portugal an den Start. Es schaffte es damals bis ins Viertelfinale. Bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele 2000 in Sydney führten die südkoreanische Basketball-Spielerin Chung Un-soon und der nordkoreanische Judo-Trainer Park Chong-chul eine innerkoreanische Delegation an. Sie trugen dort eine blau-weiße Flagge mit dem Abbild der koreanischen Halbinsel vor sich her. Etwa 180 Athleten aus beiden Ländern marschierten zusammen zu den Klängen von “Arirang” ein:


Nach dem historischen innerkoreanischen Gipfeltreffen 2000 legten Süd- und Nordkorea vorläufig ihren jahrzehntelangen Konflikt bei und schufen ein günstiges Klima für Frieden und Aussöhnung. Seoul schlug Pjöngjang vor, dass beide Koreas bei der Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele in Sydney gemeinsam ins Stadion eintreten. Zuerst zögerte Nordkorea. Eine Woche vor der Eröffnung traf das frühere IOC-Mitglied Chang Ung in Sydney ein und zeigte sich dem Vorschlag Seouls gegenüber positiv. Der erinnerungswürdige Einmarsch zeigte vor der ganzen Welt, dass Süd- und Nordkorea die Vereinigung anstreben. 


Auch bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen, den Winterspielen 2006 in Turin und zahlreichen weiteren internationalen Sportveranstaltungen trat eine gemeinsame Delegation aus Süd- und Nordkorea auf. Doch erst im Jahr 2001 nahm wieder ein gemeinsames Tischtennis-Team beim Peace and Sport Cup in Doha in Katar teil. Bei den Männern belegte das koreanische Team den ersten Platz im Doppel und beim Frauen-Doppel sprang die Silbermedaille heraus. Auch bei den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang gab es einen gemeinsamen Auftritt bei der Eröffnungsfeier:


Das frühere nordkoreanische IOC-Mitglied Chang Ung war bei der Taekwondo-Weltmeisterschaft 2017 in Muju in Südkorea dabei. Der damalige südkoreanische Präsident Moon Jae-in lud Nordkorea bei der Begrüßung der nordkoreanischen Delegation zu den Winterspielen in Pyeongchang ein. Nordkorea sandte ein positives Signal durch die Neujahrsansprache seines Machthabers am 1. Januar 2018, was zur Bildung eines vereinigten koreanischen Frauen-Eishockey-Teams führte. Nach den Olympischen Spielen fanden innerkoreanische Gipfelgespräche statt, gefolgt von Gipfeltreffen zwischen Nordkorea und China sowie Nordkorea und den USA und schließlich Nordkorea und Russland. Die günstige Stimmung trug zur Verbesserung der Beziehungen zwischen beiden Koreas sowie der Beziehungen Nordkoreas zu den USA bei. 


Bei der Tischtennis-WM 2018 im schwedischen Halmstad traten Süd- und Nordkorea zunächst wieder mit getrennten Mannschaften an. Doch nach einer überraschenden Entscheidung bildeten sie für das Halbfinale ein gemeinsames Team der Frauen. Dieses holte schließlich die Bronzemedaille. Bei den Asienspielen 2018 in Indonesien gab es vereinigte Teams im Frauen-Basketball und einigen Bootssport-Wettbwerben. Die Mannschaft gewann insgesamt vier Medaillen. Das war das erste Mal, dass ein gesamtkoreanisches Team auch bei einer Multi-Sport-Veranstaltung Medaillen holte:


Während der Tischtennis-WM 1991 entwickelten die südkoreanische Spielerin Hyun Jung-hwa und Li Pun-hui aus Nordkorea eine Freundschaft. Später begrüßten sie sich, wann immer sie sich bei internationalen Wettbewerben trafen. Der südkoreanische Schießsportler Jin Jong-oh und der nordkoreanische Schießsportler Kim Song-guk trafen sich oft bei internationalen Veranstaltungen. Als Jin bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro die Goldmedaille und Kim Bronze gewann, beglückwünschten sie sich gegenseitig. Das hinterließ bei vielen einen starken Eindruck. Bei den Winterspielen in Pyeongchang feuerten die südkoreanischen Zuschauer den nordkoreanischen Shorttracker Choe Un-song an, obwohl er es nicht in die nächste Runde schaffte. Reporter berichteten, dass Choe damals tief bewegt war. Gegenwärtig stecken Süd- und Nordkorea wieder in einer Sackgasse in den bilateralen Beziehungen. Ein Durchbruch wie die Olympischen Spiele in Pyeongchang wäre nötig. Ich hoffe, einen Durchbruch oder einen positiven Impuls wird es durch die Asienspiele 2023 im chinesischen Hangzhou geben. Ich denke, Seoul und Pjöngjang sollten aus diesem Anlass einen Dialog miteinander führen, der nicht politisiert wird. 


Die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel haben in diesem Jahr wieder deutlich zugenommen. Es wird erwartet, dass Nordkorea auch im nächsten Jahr atomar weiter aufrüsten wird, ohne dass eine Lösung des Konflikts in Sicht ist. Trotzdem besteht weiter die Hoffnung, dass ein Austausch im Sport zumindest die Tür für einen Dialog öffnen könnte.

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