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Gesellschaft

Kim Song-nyo, künstlerische Leiterin vom National Theater of Korea

2016-12-27

Am 8. Dezember wurde im National Theater of Korea in Seoul ein Madang Nori bzw. ein koreanisches Volksstück aufgeführt. Das Stück „Hier kommt Nolbo“ basiert auf einem traditionellen Märchen über zwei Brüder namens Heungbo und Nolbo. Der gutherzige jüngere Bruder Heungbo pflegt eine Schwalbe mit gebrochenen Beinen gesund, die ihm zum Dank einen besonderen Kürbissamen schenkt. In einer Szene schneidet Heungbo den aufgezogenen Kürbis auf, aus dem plötzlich auf wunderbare Weise große Mengen an Geld und Reis herausfließen.

Der ältere Bruder Nolbo symbolisiert alles Böse in der Gesellschaft. Er ist gierig, korrupt, grausam und egoistisch. Heungbo hingegen beschützt seine Familie und begeht gute Taten trotz aller Misshandlungen durch seinen Bruder. Anhand dieser zwei gegensätzlichen Charaktere erzählt die traditionelle Geschichte von Heungbo, wie das Gute über das Böse siegt. Basierend auf dieser Handlung beleuchtet das adaptierte Stück „Hier kommt Nolbo“ aktuelle gesellschaftliche Themen und bietet den Zuschauern Katharsis an.

Frau 1: Das Stück hat Spaß gemacht. Wundervoller Humor blitzte hier und da durch. Die Regie war auch viel besser als erwartet.

Mann 1: Die Show war auch eine Satire auf die gegenwärtige Politik und besaß viele Elemente, die für junge Leute attraktiv sind. Außerdem konnte das Publikum mit den Darstellern interagieren. Das fand ich gut.

Frau 2: Die traditionelle Musik war mir sehr vertraut. Das fand ich interessant. Und es gab viel Humor und satirische Elemente.


Madang Nori entstand vor 35 Jahren. Dabei handelt es sich um eine traditionelle Vorstellung, die verschiedene Formen der traditionellen Volksunterhaltung miteinander kombiniert. Die Theatertruppe Michu führte dieses besondere Genre 30 Jahre lang auf, bis sie 2010 ihre letzte Darbietung gab. 2014 hauchte die National Changgeuk Company of Korea diesem Genre wieder neues Leben ein. Mit Changgeuk wird die traditionelle koreanische Oper bezeichnet. Seitdem führt die Company jedes Jahr Madang Nori auf.



Das diesjährige Stück „Hier kommt Nolbo” ist nach „Hier kommt Shim Cheong” 2014 und „Hier kommt Chunyang” im letzten Jahr die dritte Aufführung. Die letzten beiden Stücke zogen 86.000 Zuschauer an, mit einer Besucherquote von 94 Prozent. Die künstlerische Leiterin Kim Song-nyo wird beim Anblick des vollen Theaters ganz rührselig. Schließlich verbrachte sie 30 Jahre ihres Lebens damit, das Madang Nori zu erhalten.

Ich bin froh über die Wiederbelebung dieses Genres. Die zweite Generation wird das Erbe hoffentlich für weitere 30 Jahre fortführen können. Madang Nori ist ein traditionelles koreanisches Musical-Genre. Wir sollten unsere Traditionen von Generation zu Generation weitergeben. Beim Lied „Die Gäste von heute“ kommen mir immer die Tränen. Es ist, als träfe ich meine verloren geglaubten Kinder wieder.

Bei der traditionellen koreanischen Oper Changgeuk erzählen die Schauspieler mit Hilfe der volkstümlichen Musik Pansori eine Geschichte. Beim Madang Nori hingegen werden verschiedene traditionelle Unterhaltungsformen miteinander kombiniert, wie z.B. mit Maskentanz, Liedern, Witzen und Seiltanz.

Wie aber kam die Schauspielerin Kim Song-nyo zu Madang Nori? Kims Mutter war die Schauspielerin Park Ok-jin und ihr Vater der Autor und Regisseur Kim Hyang. Das Theater war Kims Zuhause und Spielplatz. Ihren ersten Bühnenauftritt hatte sie mit fünf Jahren. 1976 trat die talentierte Schauspielerin der Theatertruppe Minye bei und traf dort den Regisseur und zukünftigen Ehemann Sohn Jin-chaek. Beide erschufen 1981 ein neues Genre: das Madang Nori.

Eine Rundfunkanstalt veranstaltete zu ihrem 20. Jubiläum ein Kunstwettbewerb. Wir bewarben uns mit einem traditionellen Musical. Es hieß „Die Geschichte von Herrn Heo“.
Und zu unserer großen Überraschung wurde es ausgewählt. Die traditionellen koreanischen Stücke haben ihren Ursprung in verschiedenen Formen der Volksunterhaltung wie Maskentanz, Pansori und schamanistischen Riten. Wir erschufen das Madang Nori, um so viele koreanische Theaterelemente wie möglich miteinander zu kombinieren.


„Madang” bedeutet Hof und stellte gewöhnlich das Zentrum des traditionellen koreanischen Hauses dar. Es fungierte als Kommunikationsraum. Inspiriert von diesem Konzept wurde in der Mitte des Theaters die Bühne errichtet. So konnten die Darsteller mit dem Publikum interagieren. Die Besucher strömten in das Theater, um sich dieses frische Konzept anzuschauen.

Es war der 2. Dezember. Es war kalt und schneite, aber das Theater war voll. Die Zuschauer mochten die Vorstellung und es gab begeisterte Reaktionen. Deshalb beschlossen wir, jährlich eine Vorstellung auf die Bühne zu bringen. Eine Stunde vor der Show öffneten wir die Tore und viele drängelten in das Theater, um sich einen Platz auf den Strohmatten in der ersten Reihe zu sichern.

Madang Nori war der Beweis dafür, dass tradtionelle Aufführungen nicht langweilig sein müssen. Die Michu Theatertruppe adaptierte weitere tradtionelle Erzählungen für die Bühne. Bis 2010 zog sie in einem Zeitraum von 30 Jahren 2,5 Millionen Zuschauer an. Die beeindruckende Zahl ist nicht zuletzt der Interaktion mit dem Publikum zu verdanken. In der laufenden Vorstellung „Hier kommt Nolbo” hat das Publikum Mitspracherecht. So entscheiden die Zuschauer darüber, wie Nolbo bestraft werden soll.

Die Anweisungen der erfahrenen Theaterregisseurin Kim Songyo, die ebenfalls im Stück mitwirkt, haben einen großen Einfluss auf die Schauspieler. Hier ist Kim Hak-yong, der die Rolle von Nolbo spielt.

Ihre Anweisungen sind leicht zu verstehen, weil sie selbst Schauspielerfahrung hat. Sie hat für diese Show wirklich hart gearbeitet. Außerdem kommuniziert sie sehr gut mit dem Publikum. Wenn es nötig ist, improvisiert sie sogar. Wir können ihr nicht das Wasser reichen. Ihre Stimme ist wundervoll. Ihr Schauspiel ist intensiv und gefühlvoll. Sie ist eine Meistern des modernen und traditionellen Theaters. Ich hoffe, von ihr viel zu lernen.

Kim wurde vor vier Jahren die künstlerische Leiterin der National Changgeuk Company of Korea und setzte der Truppe ihren Stempel auf. So hat sie das bekannte Volksmärchen „Die Geschichte von Janghwa und Hongyeon“ auf recht unkonventionelle Art in einen Changgeuk-Thriller umgewandelt. Sie entnimmt westlichen Legenden und Stücken Motive, um sie mit Pansori-Musik zu einem neuen Changgeuk-Stück weiterzuentwickeln. Außerdem setzte sie sich stark für Kollaborationsprojekte ein.

Ich sah es als notwendig an, das Spektrum von Changgeuk zu erweitern. Ich bat einen westlichen Topregisseur, ein koreanisches traditionelles Stück zu produzieren, und umgekehrt. Zum Glück sagten alle zu. Die Regisseure nahmen meine Einladung freudig an und sagten, sie würden den Job gerne übernehmen.

Die Anwesenheitsquote würde über den Erfolg oder Misserfolg dieser unkonventionellen Stücke entscheiden. Als ausverkauft gilt eine Show, wenn über 75 Prozent der Sitze besetzt sind. Gleich nachdem Kim die künstlerische Leitung übernahm, war das Theater ausverkauft. Im April dieses Jahres brachte die National Changgeuk Company of Korea erfolgreich die europäische Premiere ihres Changgeuk-Stücks „Madame Ong“ im Theatre de la Ville in Paris auf die Bühne. Es war das erste Mal, dass die Company eine Show exportierte.

Zum ersten Mal wurden wir richtig bezahlt, wir hatten sogar eine Unterkunft für die Show im Ausland. Alle Künstler hätte gern die Chance, einmal auf der Bühne im Theatre de la Ville zu stehen. Eine erfolgreiche Aufführung dort bedeutet internationalen Erfolg. Wir waren eingeladen, in einem prestigeträchtigen Theater vor einem ausländischen Publikum zu spielen. Ich sorgte mich, wie sie unser Stück aufnehmen würden. Aber nach nur fünf Minuten gab es Gelächter. Nach der Vorstellung stand das Publikum auf. Es war, als hätte ich eine Goldmedaille gewonnen.

Die Changgeuk-Stücke in ihrer neuen Form ziehen immer mehr Zuschauer an und erfüllen die Darsteller mit Stolz. Hören wir Schauspieler Kim Hak-yong und Schauspielerin Cho Yu-ah.

Kim: Sowohl die Changgeuk-Truppe als auch das Publikum sind jünger geworden. Früher gab es nur traditionelle Instrumente, heute aber wird auch das Klavier gespielt. Insgesamt sind die Aufführungen frischer und jünger geworden.

Cho: Ich hätte das nicht gewagt. Aber Frau Kim hat versucht, die Changgeuk Company sichtbar zu verändern. Ich glaube, ihr Experiment war ein völliger Erfolg. Das kann man von ihr lernen.

Ein weiteres bekanntes Werk von Kim, „Fee in der Wand“, läuft bereits seit 10 Jahren. Das Monodrama erzählt von einem Mann, der während des Koreakrieges Opfer einer ideologischen Hexenjagd wird. Um seine Familie zu beschützen, lebt er für Jahrzehnte in der Wand seines Hauses. In diesem Einpersonenstück stellt Kim 32 unterschiedliche Charaktere dar.

32 Charaktere zu personifizieren ist nicht so schwierig, da ich durch die Madang-Nori-Stücke gut trainiert bin. Einige erwarteten 32 Schauspieler auf der Bühne, andere meinten, ich hätte ein Paradebeispiel für erstklassige Schauspielkunst geliefert. Mit „Fee in der Wand“ gewann ich Anerkennung für meine schauspielerische Leistung. Ich bin froh, dieses wunderbare Stück gespielt zu haben.

Kim hat verschiedene Preise gewonnen, darunter das Baeksang Art Award und das Best Musical Actress Award. Nicht viele wissen, dass sie erst spät zur Schauspielerei gekommen ist. Erst mit über 30 spielte sie eine Hauptrolle in einem Madang-Nori-Stück. „Eine Fee in der Mauer“ spielte sie, als sie über 50 war. Und künstlerische Leiterin der National Changgeuk Company of Korea wurde sie mit über 60.

Ich bin dankbar für die Anerkennung. Ich denke, mein später Erfolg wird andere ermutigen. Ich sage oft, man soll sich nicht als Sprinter sehen, sondern als Marathonläufer. Das erzeugt Selbstvertrauen. Was andere sagen, ist nicht wichtig. Ich fürchte nichts mehr, egal, wo ich bin. Wichtig ist Vertrauen, um sich großen Herausforderungen stellen zu können.

Die 66-jährige Kim Song-nyo hat unerschüttlich an ihrer Karriere festgehalten. Heute fürchtet sie nichts, aber sie hofft als Schauspielerin weiterhin präsent zu sein. Auch mit über 70 wird sich diese Spätzünderin weiterhin Herausforderungen stellen und damit Erfolg haben.

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