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Gesellschaft

Der Orgelbaumeister Hong Sung-hoon

2017-02-21

Der Orgelbaumeister Hong Sung-hoon stimmt die Pfeifenorgel einer Kirche in Yangpyeong, in der Provinz Gyeonggi. Diese Kirche besuchen viele Organisten, die wenig Gelegenheit haben, auf einem solchen Instrument zu spielen. Hier können sie ihr Orgelspiel verfeinern und perfektionieren.

Es ist ein Nachmittag in der Woche. Die leere Kirche scheint ausschließlich für den Organisten reserviert worden zu sein. Mit jedem Tastendruck dröhnt es aus den Orgelpfeifen, die mit ihren majestätischen Klängen das Kircheninnere erfüllen. Die Organisten lieben diese Orgel. Der Organist Han Young-tae erklärt, warum.

Ihr Design ist einzigartig. Kirchenorgeln in Europa sind oftmals groß und prachtvoll, fast schon überladen. Die Orgel hier erscheint dagegen bescheiden und weist überdies koreanische Merkmale auf. Sie passt hervorragend zu der Region Yangpyeong mit ihren vielen Bergen und offenen Feldern. Sie repräsentiert wunderbar diese Region.

Verantwortlich für den Bau der Orgel war Hong Sung-hoon, der einzige Orgelbaumeister in Korea. Seine Werkstatt liegt in Yangpyeong und besteht aus zwei Räumen, die 10 m hoch sind. Hong begann vor 16 Jahren damit, Pfeifenorgeln zu bauen. Er hätte sich nie träumen lassen, dass er den Vorläufer des heutigen Seoul Metropolitan Musical Theaters verlassen würde, um Orgelbauer zu werden.

Im Musical-Theater, wo ich arbeitete, gab es viele großartige Schauspieler. Ich dachte, neben diesen Stars habe ich keine Chance auf Rollen. Ich befürchtete als Statist zu enden. Echte Rollen schienen außerhalb meiner Reichweite zu liegen. Deshalb beschloss ich nach Deutschland zu gehen.

Hong war 28 Jahre alt, als er sich nach Deutschland aufmachte, um dort vielleicht klassische Gitarre zu studieren. In Münster sah er dann zufällig, wie eine Orgel gebaut wurde.

Dort studierte bereits ein koreanischer Musikstudent. Fast ein Jahr lang sagte er zu mir, ich solle es mit Orgelbau versuchen. Ich hatte keinen genauen Plan, als ich nach Deutschland ging. Ich dachte, ich könnte ja versuchen, auf diesem Wege Musik zu machen. Und so begann ich eine Ausbildung unter einem Orgelbaumeister.

Die deutsche Orgelbaugeschichte reicht mehr als 400 Jahre zurück. Die deutsche Regierung beaufsichtigt die Orgelbauausbildung, um so die besten Orgelbaumeister heranzuziehen. Sämtliche Kosten für den Orgelbau werden subventioniert und das Auswahlverfahren für die Auszubildenden ist rigoros.

Die deutsche Stadtverwaltung tat sich nicht leicht damit, dass ein Asiate sich für diese renommierte Ausbildung bewarb. Um sie umzustimmen, sagte ich, dass ich niemals in der Lage sein werde, eine Pfeifenorgel zu bauen, selbst nach der Lehre nicht. Was ich am Ende wohl könnte, wäre das Reparieren und Warten von Instrumenten, die in Asien gebaut wurden.



Hong wurde am Ende angenommen und begann die dreijährige Ausbildung. Im vierten Jahr bestand er die Orgelbauprüfung und wurde anschließend für die Meisterausbildung bei Johannes Klais Orgelbau zugelassen.

Es gibt in Deutschland mehr als 180 Orgelbauunternehmen. Johannes Klais Orgelbau ist eine weltweit führende Orgelbauwerkstatt mit einer 130-jährigen Geschichte. Jeder Lehrling möchte dorthin. Im Bewerbungsgespräch wurde ich gefragt, was ich bei ihnen lernen möchte. Und ich antwortete, ich wolle so viele Orgeln wie nur möglich sehen, weil das in Asien schwierig sei. Und so verbrachte ich viel Zeit in unterschiedlichen Werkstätten. Ich besuchte viele Städte in sechs bis neun Monaten, um Erfahrungen zu sammeln.

Damit erfüllte Johannes Klais Orgelbau den Wunsch seines koreanischen Meisterlehrlings. In den zahlreichen Orgelbauwerkstätten lernte Hong eine Menge über die Aufgaben eines Orgelbaumeisters. Er assisstierte beim Bauen, Reparieren und Warten von Pfeifenorgeln in den großen Kathedralen.

Bei der Pfeifenorgel werden Klänge erzeugt, indem Luft durch Pfeifen gedrückt wird, die entsprechend ihrer Tonhöhe angeordnet sind.

Die Orgel unterscheidet sich ein bisschen von anderen Instrumenten. Das Klavier und die Geige können je nach Spieler ganz unterschiedlich klingen. Um auf der Pfeifenorgel zu spielen, braucht man eine gewisse technische Kompetenz, aber der Orgelklang selbst hängt weniger von dem Können des Spielers ab als vielmehr von der Luftstrommenge und Vibration. Für mich ist die Pfeifenorgel ein Instrument der Spiritualität.

Die Pfeifenorgel sendet Gebete der Menschen zu einem metaphysischen Wesen. Deshalb ist es Hong wichtig, sie richtig zu bauen. Seine erste Pfeifenorgel wollte er an einem bedeutungsvollen Ort sehen.

Im letzten Jahr der Meisterausbildung bereitet man sich auf eine Prüfung vor. Die Aufgabe besteht darin, eine Pfeifenorgel zu bauen. Es war meine erste und mein Wunsch war, sie in der Seoul Cathedral Anglican Church of Korea aufzustellen, eine wunderschöne Kirche im romanischen Stil. Als die Kirche davon hörte, beschloss sie, meine Orgel in ihre Kellerkapelle zu stellen.

Klais Orgelbau übernahm die Kosten für Hong Sung-hoons Abschlussorgel und Hong war dem Unternehmen für seine finanzielle Hilfe sehr dankbar. Nach sieben Jahren bei Klais und dem Ablegen der Orgelbaumeisterprüfung kehrte Hong 1997 nach Korea zurück. Doch das Land steckte in einer schweren Wirtschaftskrise.

Ich hatte für ein, zwei Jahre keinerlei Einkommen. Alles, was ich tat, war mit meiner Tochter zum Spielplatz zu gehen. Wir zogen am Morgen los und kamen am Nachmittag zurück. Es war eine düstere Zeit für mich.

So vergingen drei Jahre. 2001 erhielt er den Auftrag, eine Pfeifenorgel für eine Kirche im Viertel Bongcheon in Seoul zu bauen. Es war seine erste Chance zu zeigen, was er in Deutschland gelernt hatte.

Es gab viele Organisten und Musikabteilungen mit Schwerpunkt Orgel an den koreanischen Hochschulen. Doch Orgelbauer fehlten. Damit eine bestimmte Musikkultur aufblüht, muss neben der Software genügend Hardware vorhanden sein. Ich sah mich vor die Aufgabe gestellt, Pfeifenorgeln zu bauen. Und so überlegte ich, wie die Orgeln aussehen sollten, damit sie den Koreanern vertraut wirken.



Hong begann daraufhin, Pfeifenorgeln mit koreanischen Merkmalen zu bauen: Wie z.B. eine tragbare Pfeifenorgel in einem Transportbehälter, der von einer traditionellen koreanischen Reistruhe inspiriert wurde. Oder eine kleine Pfeifenorgel in einer quadratischen Truhe mit Pflaumenblütenmalereien, die spielbereit vor einem liegt, wenn man den Deckel abnimmt. Seine Orgel von 2014 bildet koreanische Berge und Flüsse ab. Diese Orgel steht jetzt in der Guksu-Kirche in Yangpyeong.

Auf meinem Weg nach Yangpyeong sah ich die Berge im Sonnenuntergang. Das war so inspirierend, dass ich dieses Bild auf meiner Pfeifenorgel nachbilden wollte. Die Orgel ist ein Musikinstrument und gleichzeitig eine Skulptur. Am Ende bildete die Orgel drei Berge, die Milchstraße und einen Kuckuck ab.

Der Kuckuck befindet sich auf der rechten Seite der Pfeifen. Und wenn ein spezielles Licht über den Pfeifen eingeschaltet wird, erinnert die Beleuchtung an die Milchstraße. Das Orgelgehäuse weist zudem einen hellen Grünton auf, was für eine Kirchenorgel eher ungewöhnlich ist. Doch dahinter steckt ein bestimmter Gedanke.

Die Farbe sollte die Natur symbolisieren. Das helle Grün steht für den Frühling. Die zarten Knospen im Frühling schimmern schließlich in einem Pastellgrün. Ich wählte also diesen Farbton, um das Leben zu zelebrieren.

Hier der Pfarrer Kim Il-hyun von der Guksu-Kirche, in der Hongs Orgel steht.

Nachdem die Orgel aufgestellt wurde, veranstalteten wir zur Feier ein Konzert. Im gleichen Jahr wurde auch ein Orgelfestival organisiert. Viele Gäste kamen, von denen die Mehrheit bis dahin noch nie eine Pfeifenorgel gehört hatte. Die majestätischen Klänge versetzten sie in freudiges Erstaunen.

Jeden Herbst findet nun das Yangpyeong-Orgelfestival statt und dieses Jahr wird sie zum viertel Mal veranstaltet. Über einen Mangel an Organisten brauchen sich die Organisatoren nicht zu beklagen, denn eine lange Schlange wartet bereits darauf, auf dieser einzigartigen Orgel spielen zu dürfen.

Bislang hat der Orgelbaumeister Hong Sung-hoon 16 Pfeifenorgeln gebaut. Der Fotograf Kim Seung-bom ist fasziniert vom Orgelbau und dokumentiert mit seiner Kamera bereits seit 13 Jahren Hongs Leben und Arbeit.

Mein Interesse für Pfeifenorgeln ist auf Herrn Hong zurückzuführen. Je mehr ich über ihre Anfertigung erfuhr, desto mehr wurde mir bewusst, wie schwierig diese Arbeit ist und mein Respekt für ihn wuchs. Das Holzschnitzen, Zusammenfügen und Erzeugen des richtigen Tons gleicht dem Bau eines menschlichen Körpers aus Adern, Knochen und Muskeln. Es ist eine sehr schwierige und komplexe Arbeit.

Heutzutage interessiert sich Hong für die Malerei Ilwolobongdo, die überlicherweise auf einem Stellschirm hinter dem Thron der Könige der Joseon-Dynastie abgebildet war. Die Malerei symbolisierte Macht und Wohlstand.

Vor zwei Jahren stellte ich die Malerei eines königlichen Stellschirms fertig. Zu sehen sind der Mond, die Sonne, fünf Berggipfel, zwei Wasserfälle, zwei rote Kiefern und Wasserwellen. Und nun arbeite ich an der Orgel, damit sie Töne erzeugt, die den Koreanern gefallen.

Zusätzlich plant Hong, den Klang der koreanischen traditionellen Bambusflöte Piri in die Orgel einzubinden. Bei der Fertigstellung von Hongs Ilwolobongdo Pfeifenorgel wird sie womöglich eher einem Installationskunstwerk gleichen als einem Musikinstrument. Wir dürfen gespannt sein, wie der Orgelbaumeister Hong Sung-hoon weiterhin seine Träume in die Tat umsetzt.

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