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Blick auf Nordkorea

Die Märkte in Nordkorea

2019-02-21

© KBS

Jangmadang bedeutet Marktplatz. Das Wort ist in diesen Tagen eines der wichtigsten Ausdrücke in Nordkorea. Die Märkte werden als Keimzelle für die Marktwirtschaft in dem Land angesehen. Über das Thema sagt der Vizevorsitzende des Wirtschaftsforschungsinstituts der Industriebank Korea, Cho Bong-hyun:


Früher wurde die sozialistische Wirtschaft in Nordkorea unter einem zentral geplanten System kontrolliert, das öffentliche Rationierungssystem eingeschlossen. Die Regierung verteilte die täglichen Bedarfsgüter an die Bürger und wachte über deren wirtschaftliche Aktivitäten. Doch das Verteilungssystem erhielt in den 90er Jahren Risse, als sich die Wirtschaft extrem verschlechterte. Nach dem Zusammenbruch der Nahrungsverteilung mussten sich die Nordkoreaner selber um ihre Versorgung kümmern, ohne von der Regierung abhängig zu sein. Vor diesem Hintergrund begannen die Märkte. 


Früher gab es „inoffizielle“ Märkte, die in Nordkorea auch als Bauernmärkte bezeichnet wurden. Einige Lebensmittel wurden auf diesen Märkten mit Duldung der Behörden eingetauscht, wenn die kollektiven Landwirtschaftsbetriebe nicht geöffnet hatten. Angesichts der Hungersnot Mitte und Ende der 90er Jahre hingen die Menschen zunehmend von den neuen Märkten oder Jangmadang ab. Nachdem die Regierung diese Märkte 2003 legalisiert hatte, begannen sie rasch zu wachsen. Chung Si-woo, ein nordkoreanischer Flüchtling, sagt: 


Die Märkte haben alles, von industriellen Produkten und Lebensmitteln zu elektronischen Gütern. Die jungen Menschen kauften dort Kleidung und Haushaltsgeräte, die Arbeiter suchten nach Hämmern und Nägeln. Dinge, die mit dem Computer zu tun hatten, wie etwa USB-Sticks, eine kabellose Maus, Keyboards sowie externe Festplatten und auch MP3-Geräte waren besonders unter den jungen Leuten in den Zwanzigern beliebt. Gefütterte Jacken kosteten 300 bis 400 Dollar. Da die Regierung die Verbreitung von ausländischen Filmen und Videos streng kontrolliert, wurden sie von den Menschen auf USB-Sticks gespeichert, um sie einfach von diesen abzurufen. 


Auf den Märkten können die Nordkoreaner Gemüse, Sojasauce, Eier, Snacks und vorgekochte Lebensmittel sowie Kleidung, Schuhe und IT-Produkte kaufen. Auch südkoreanische Produkte wie Schokokuchen, Instant-Kaffee und Würste werden auf den Märkten gehandelt. Die Menschen mit höherem Einkommen bevorzugen südkoreanische Produkte, darunter LED-Fernseher, Kühlschränke und Waschmaschinen. Der Experte Cho: 


Güter, die von Unternehmen oder Einzelpersonen in Nordkorea hergestellt werden, durchlaufen normalerweise einen Verteilungsprozess, bevor sie zum Verkauf auf die Märkte kommen. Alternativ dazu bringen Bauern oder Unternehmen ihre Produkte direkt zu den Märkten. 80 bis 90 Prozent der ausländischen Waren kommen aus China. Es gibt Händler, die offiziell Güter aus China importieren. Sie kaufen große Mengen in China und übergeben sie dann an Zwischenhändler. Die Produkte werden dann an weitere Händler geliefert, bevor sie auf den Märkten gehandelt werden. Geschmuggelte Ware aus China wird in Nordkorea heimlich zu hohen Preisen verkauft. 


Einige Händler kaufen die Güter in einer Region und verkaufen diese in anderen Regionen, in denen Knappheit herrscht. Einige Großhändler benutzen Fahrzeuge oder Züge, um die Güter in eine bestimmte Region zu bringen. Chung sagt: 


Jeder kann Dinge auf dem Markt verkaufen, doch muss er eine Gebühr entrichten. Ein guter Standort ist natürlich teurer. Jemand, der sich eine bestimmte Stelle aussucht, muss zunächst 100 Dollar zahlen. Auch müssen sie monatlich einen bestimmten Betrag als Standgebühr zahlen. 


Ein Marktplatz, der von den Behörden gebilligt ist, befindet sich meistens in einem Gebäude. Jeder Markt hat sein eigenes Managementbüro. Jedem Händler stehen 50 bis 60 Zentimeter Fläche zu, wenn die Gebühren bezahlt werden: 


800.000 nordkoreanische Won werden in rund 100 Dollar gewechselt. Wenn ein MP3-Gerät 20 Dollar kostet, können Sie in Dollar bezahlen, wenn Sie welche haben. Sie können auch 160.000 Won zahlen, wenn Sie nur Won haben. Doch die bevorzugte Währung ist der Dollar. Die Kunden und Händler können nicht offen Dollars herausgeben, da die Regierung die Dollar-Transaktionen strikt überwacht, zumindest prinzipiell. Die Leute, die Won in Dollar tauschen, tun dies am hinteren Tor des Markts. 


Als die Regierung 2009 eine Währungsreform durchführte und Banknoten im Verhältnis 100 zu 1 eintauschte, um die Marktwirtschaft besser zu kontrollieren, begann die Inflation im Land zu steigen. Die Regierung lockerte später die Preiskontrolle und erlaubte Markt-Transaktionen. Als Ergebnis davon wurden praktisch auch Devisen akzeptiert. Nach Angaben des Koreanischen Instituts für Nationale Vereinigung gab es 2016 in Nordkorea 404 Jangmadang. Auf den Märkten arbeiteten demnach mehr als eine Million Nordkoreaner, oder fünf Prozent der Bevölkerung. Cho: 


Die Jangmadang sind mittlerweile ein zentraler Teil der nordkoreanischen Wirtschaft, da die Märkte 80 bis 90 Prozent des täglichen Lebens der Menschen beeinflussen. Die Planwirtschaft und eine Marktwirtschaft existieren in Nordkorea nebeneinander. In Nordkorea gibt es jetzt offiziell 500 Jangmadang. Doch wenn die kleineren Märkte hinzugezählt werden, wird deren Zahl auf 5000 geschätzt. Dank des Wachstums der Märkte haben zahlreiche Nordkoreaner ein ausreichendes Einkommen und können Wohlstand erzeugen.

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