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Blick auf Nordkorea

Nordkoreas “Tempo-Kampagne”

2019-09-19

© KBS

Das Wort Mallima ist zuletzt häufig in den Nachrichten in Nordkorea gewesen. Es bezieht sich auf ein Phantasie-Pferd, das große Distanzen in extrem hohem Tempo hinter sich bringen kann. Die “Mallima Tempo-Bewegung” ist die jüngste Version der “Chollima Tempo-Kampagne”, eine repräsentative Form der Massenmobilisierung des Landes. Darüber sagt Chung Eun-chan vom Institut für Vereinigungserziehung: 


Die Chollima-Bewegung wurde zuerst vom nordkoreanischen Staatsgründer Kim Il-sung bei einem Treffen der Arbeiterpartei im Dezember 1956 vorgeschlagen. Damals wurde der neue Slogan “Lasst uns vorwärts stürmen im Geist des Chollima” eingeführt. Nachdem das Waffenstillstandsabkommen zur Beendigung des Korea-Kriegs am 27. Juli 1953 unterzeichnet wurde, kämpfte Nordkorea mit den Folgen des Kriegs und versuchte, seine Wirtschaft wieder aufzubauen. Auch war das Land dabei, sein sozialistisches System zu vervollständigen. Vor diesem Hintergrund wurde die Chollima-Bewegung als industrielle Nachkriegskampagne auf den Weg gebracht, um die Menschen zur Erfüllung der Ziele zu mobilisieren. 


Chollima ist ein mythologisches Pferd, das an einem Tag mindestens 400 Kilometer zurücklegen kann. Die Chollima-Bewegung wurde in den 1950er Jahren eingeführt, um den Mangel an Kapital, Gütern und Technologie zu beheben, der sich durch die abnehmende Unterstützung der Sowjetunion ergab. Ziel war es, die arbeitende Bevölkerung zu mobilisieren, um in kürzester Zeit die Produktion zu optimieren. Nachdem die Ziele erreicht waren, wurden die Massenkampagnen, wie der “70-Tage-Kampf” und der 100-Tage-Kampf” fortgesetzt. Die Loyalitätskampagnen haben heute weiter Geltung. Bei einem Parteikongress 2016 proklamierte Machthaber Kim Jong-un, die Mallima-Ära habe begonnen: 


Die Mallima-Bewegung hat den Zweck, greifbare wirtschaftliche Resultate im Lichte der vom UN-Sicherheitsrat verhängten Sanktionen zu erzielen und den inneren Zusammenhalt zu stärken. Nordkorea nutzt diese Tempo-Kampagne, wie früher die Chollima-Bewegung, um die Bürger anzutreiben, die Krise möglichst rasch zu überkommen. Die neue Aktion erfordert sogar eine höhere Geschwindigkeit. “Chol” bedeutet 1000 und “Mal” bedeutet 10.000. Mallima ist also zehnmal so schnell wie das Chollima-Pferd. 


2013 führte Kim Jong-un seine Politik zur parallelen Entwicklung von Atomwaffen und der Wirtschaft ein. Drei Jahre später kündigte er einen Fünf-Jahres-Wirtschaftsentwicklungsplan an. Im vergangenen Jahr betonte er, dass von nun an alle Anstrengungen auf den Wiederaufbau der Wirtschaft gerichtet seien. Der Slogan von “Mallima” wird seit 2016 in den Stahl- und Zementfabriken vorgetragen. Zu den Ergebnissen der Mallima-Bewegung gehören automatisierte Futtermittelbetriebe auf Straußen-Haltungen, Karten für elektronisches Geld, E-Schalter in Läden sowie moderne Anlagen in der Landwirtschaft, bei der Produktion und im Alltag. Die Ryomyong-Straße in Pjöngjang wird als Symbol der Mallima-Ära gepriesen:


Die Ryomyong-Straße wurde im März 2016 von Kim Jong-un vorgeschlagen, und der Spatenstich fand am 3. April statt. Etwa ein Jahr später am 13. April 2017 war die neue Straße fertig. Das Gebiet im Nordosten von Pjöngjang umfasst eine achtspurige Straße, die sich drei Kilometer lang vom Kumsusan-Palast der Sonne bis zum Unsterblichkeitsturm erstreckt. Während die Straße der künftigen Wissenschaftler, die 2015 geöffnet wurde, Gebäude mit mehr als 50 Stockwerken vorweist, stehen auf der Ryomyong-Straße Häuser, die über 70 Stockwerke haben sowie öffentliche Gebäude. 


Nach Angaben des Land- und Gebäude-Instituts in Südkorea wurden für den Bau der Ryomyong-Straße acht Millionen Arbeitskräfte mobilisiert, die jeden Tag in Doppelschichten arbeiten mussten. Die nordkoreanischen Behörden nennen die Straße auch eine “wunderbare Schöpfung”: 


Für die Bauarbeiten setzte Nordkorea zuerst junge Menschen ein, die einer Organsation angehören, die Jugend-Angriffstruppe des Tempo-Kampfs heißt. Doch wurden auch Soldaten, Studenten und normale Bürger bei Bedarf mobilisiert. Diejenigen, die nicht an der Arbeitskampage teilnehmen können, müssen wohl Geld oder Materialien stellen. Seit der schweren Wirtschaftskrise in den 90er Jahren haben die Nordkoreaner durch Marktaktivitäten überlebt. Doch werden sie oft gezwungen, sich den Tempokampagnen anzuschließen, oder sie müssen Geld in Form von Steuern anbieten. Es lässt sich leicht vorstellen, dass die Menschen müde werden und sich über die Kampagnen beschweren. 


Die Tempo-Kampagne, die nichts anderes ist als Zwangsarbeit, ist für die Nordkoreaner sehr schmerzvoll. Junge Männer etwa, die aus irgendeinem Grund keinen Militärdienst leisten, werden den Jugendangriffstruppen für den Tempo-Kampf zugeteilt. Die Gruppe hat zu normalen Zeiten 70.000 bis 100.000 Mitglieder, die Zahl erhöht sich beim Start von großen Bauprojekten auf bis zu 300.000: 


Es dauert eine Weile, bis Zement oder Beton den richtigen Härtegrad erreichen. Wenn die Bauarbeiten extrem schnell vorankommen, ohne das die erforderliche Periode eingehalten wird, könnten die Bauten einstürzen. 2014 stürzte im Bezirk Pyongchon in Pjöngjang ein Wohnhaus ein, was viele Todesopfer verursachte. Ein hochrangiger nordkoreanischer Beamter entchuldigte sich offiziell in der Öffentlichkeit dafür, was selten vorkommt.

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