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Blick auf Nordkorea

Die Rauchkultur in Nordkorea

2020-06-04

ⓒ Getty Images Bank

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat den 31. Mai zum tabakfreien Tag erklärt. In Südkorea ist es Rauchern an öffentlichen Orten nur erlaubt, sich in bestimmten Rauchräumen eine Zigarette anzuzünden. Einige Gebäude sind zu kompletten Rauchverbotszonen erklärt worden. Wie hält es Nordkorea mit dem Rauchen? Dazu sagt die aus Nordkorea stammende Reporterin Kang Mi-jin von der Online-Zeitung Daily NK in Seoul: 


Nordkorea ist ein Raucherparadies, und ich denke, der Hang der Nordkoreaner, zu rauchen, ist einer der stärksten weltweit. Bis zu einem bestimmten Punkt lag der Anteil der Raucher unter der männlichen erwachsenen Bevölkerung bei 54,7 Prozent und damit über dem weltweiten Durchschnitt. Nach einem Bericht der WHO vom Juni 2017 ging der Anteil der Raucher unter den nordkoreanischen Männern 2014 auf 43,9 Prozent zurück. Das Rauchen ist erlaubt in Hotels, Restaurants, Cafés und selbst in öffentlichen Verkehrsmitteln. Lokale Fernsehserien, Filme und Zeitungen trüben Rauchszenen nicht ein, sondern zeigen sie, wie sie sind. 


Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un gilt als starker Raucher. Als er zu seinem zweiten Gipfeltreffen mit US-Präsident Donald Trump im Februar des vergangenen Jahres nach Hanoi fuhr, sah man ihn rauchend am Bahnhof der chinesischen Stadt Nanning. Seine jüngere Schwester Kim Yo-jong stand neben ihm und hielt ihm den Aschenbecher. Auch zeigen ihn oft Aufnahmen der staatlichen Medien rauchend, wenn er militärische Einheiten, Fabriken oder selbst Einrichtungen besucht, in denen das Rauchen verboten ist, darunter Krankenhäuser und Tageskrippen: 


Der junge nordkoreanische Machthaber zündet sich oft eine Zigarette vor älteren Funktionären zwischen 60 und 80 Jahren an, um damit wahrscheinlich seine Macht zu demonstrieren. Kim Jong-un ging in der Schweiz in die Schule, wo er möglicherweise ausländische Tabakwaren kennenlernte. Es wird gesagt, dass er als Jugendlicher zu rauchen begonnen hat. Nordkoreaner tendieren dahin, das Rauchen mit Autorität und Macht zu verbinden. Viele rauchen eine Zigarette vor jüngeren Menschen. Eine der beliebtesten Tabakmarken Kims ist “727”. Es wird gesagt, dass er seit 2018 auf eine andere einheimische Marke, “Construction”, zurückgreift. 


Nordkorea hat Hunderte von Tabakmarken. Das ist bemerkenswert angesichts der Tatsache, dass das Bruttonationaleinkommen um das 26fache geringer ist als in Südkorea, wo etwa 50 Zigarettensorten produziert werden. Zahlreiche nordkoreanische Zigarettennamen zeigen Symbole des kommunistischen Regimes: 


Eine nordkoreanische Zigarette heißt “Roter Stern”, was die Juche- oder Eigenständigkeits-Revolution symbolisiert. Eine andere heißt “Satellit”, was auf Nordkoreas Entwicklung von Langstreckenraketen anspielt. Die Zigarettennamen “Baekdu-Berg” und “Chonji” repräsentieren die Etablierung des nordkoreanischen Regimes. Chonji ist ein Krater oben auf dem Baekdu. Es gibt in Nordkorea Filterzigaretten, Filterlose und Tabakblätter. Die Zigaretten von Spitzenqualität für die hochrangigen Funktionäre sind blau gekennzeichnet. Seit 2010 sind importierte Zigarettenmarken wie Dunhill und Mild Seven in den Kaufhäusern und Devisenläden in Pjöngjang zu finden: 


Es wird vermutet, dass das Rauchen Mitte der 1990er Jahre noch mehr verbreitet wurde, als das Land unter einer ernsten Nahrungsmittelknappheit litt. Einige Beobachter glauben, dass viele Nordkoreaner rauchen und trinken, um Stress abzulassen. Nordkoreanische Zigaretten sind sehr billig und überall zu haben: 


Man könnte glauben, dass Nordkorea ein Tabakmonopol betreibt und Zigaretten nur an bestimmten Orten verkauft. Doch das stimmt nicht. Es gibt Dutzende von Tabakfabriken. Die Zigaretten werden schnell an die Märkte verteilt. Auf den privaten Märkten, oder Jangmadang, findet man leicht Tabakverkäufer. Man sieht oft Großhändler, die große Tabakmengen auf Zügen oder Lieferfahrzeugen, die Service-cha heißen, transportieren. Bis zum Mai dieses Jahres kostete eine Zigarettenpackung der billigsten Marke “Gute Ernte” 1300 nordkoreanische Won, das sind etwa 15 Cent. 


Die WHO beklagte, dass der extrem billige nordkoreanische Tabak eines der Hindernisse für die Anti-Rauch-Kampagnen sei. In einem Bericht vom vergangenen Juli hieß es, Nordkoreas Maßnahmen zur Tabakkontrolle und die Anti-Rauch-Politik seien unangemessen. Zuletzt rief Nordkorea die Menschen auf, die Rauchgewohnheit aufzugeben. Am 29. Mai stellte die englischsprachige Zeitung Pyongyang Times die Anti-Rauch-Kampagne des Landes vor:


Nordkorea begann im März 2016 damit, stärkere Warnungen auf Zigarettenpackungen zu schreiben. Früher hieß ein Text “Rauchen ist schlecht für Ihre Gesundheit”. Das wurde später ersetzt durch die einschüchternde Phrase “Rauchen erhöht das Schlaganfallrisiko”. Die Staatsmedien führen aktiv die Anti-Rauchkampagnen durch. Doch ist es ironisch, dass Nordkorea die Zahl der Tabakfabriken erhöht hat, während es gleichzeitig die Bürger anhält, nicht mehr zu rauchen. 

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