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Koreanische Halbinsel von A bis Z

Blick auf Nordkorea

Einige nordkoreanische Überläufer kehren in ihre Heimat zurück

2020-08-13

ⓒ Getty Images Bank

Im vergangenen Monat kehrte ein nordkoreanischer Flüchtling über die innerkoreanische Grenze wieder in sein Heimatland zurück. Er war 2017 nach Südkorea gekommen. Es kommt nicht oft vor, dass Flüchtlinge aus Nordkorea wieder zurückkehren. Zum Thema sagt die aus Nordkorea stammende Reporterin Kang Mi-jin von der Internetzeitung Daily NK in Seoul:  


Bevor ich aus Nordkorea flüchtete, war ich für die Aktivitäten zur Erwerbung ausländischer Devisen bei der Einheit Nummer 380 der koreanischen Volksarmee verantwortlich. Meine Familie galt als relativ wohlhabend in der Region. Damals erpressten Sicherheitskräfte gewohnheitsmäßig Geld und Waren von Bürgern. Sie versuchten das auch bei mir, obwohl ich niemals in illegale Aktivitäten verwickelt war und hart gearbeitet habe. Ich dachte nur, dass ich nichts dadurch gewinnen würde, wenn ich meinem Land weiter treu bin. Am 17. Februar 2009 flüchtete ich aus Nordkorea. Ich war traurig bei dem Gedanken, dass ich niemals in meine Heimatstadt zurückkehren werde. Während ich vorübergehend in China war, fürchtete ich mich vor einer Festnahme. Ich schaffte es glücklicherweise, nach Südkorea zu gelangen. Mein Leben in Südkorea ist besser als das in Nordkorea. Eine illegale Rückkehr ist einfach nicht denkbar. Ich träume eher davon, die demilitarisierte Zone offiziell nach Nordkorea überqueren und meine Heimatstadt besuchen zu können, wenn beide Koreas einen umfassenden Austausch durchführen. 


Nach Angaben des Abgeordneten Cho Jeong-sik, der im Geheimdienstausschuss arbeitet, kehrten seit 2012, nachdem Kim Jong-un an die Macht gekommen war, 29 nordkoreanische Überläufer in ihre Heimat zurück. Es ist schwierig zu sagen, aus welchen Motiven sie handelten, da nach ihrer Ankunft in Nordkorea keine Nachrichten über sie über die Grenze gelangen: 


Die nordkoreanischen Flüchtlinge können nicht mit allem zufrieden sein, wenn sie sich in Südkorea niederlassen. Viele Neuankömmlinge beklagen Diskriminierung. Die Menschen aus dem sozialistischen Nordkorea haben es schwer, sich an das kapitalistische System Südkoreas anzupassen. Auch erpresst Nordkorea die Flüchtlinge in Südkorea, indem es deren Angehörige im Norden benutzt. Es sagt, den Verwandten passiert nichts, wenn sie zurückkehren. 2013 hörte ich von einem Flüchtling aus Hamheung, dass seine jüngere Schwester in Nordkorea ihn bat, zurückzukommen, weil Sicherheitskräfte noch immer seinen Parteimitgliedsnachweis hatten. Doch sagte er, dass er sich davor fürchtet, zurückzukehren. 


Nordkoreanische Flüchtlinge äußerten sich überrascht, davon zu hören, dass ein Landsmann von ihnen im vergangenen Monat in seine Heimat zurückgeschwommen sei. Er wählte dabei nicht die normale Route über die chinesisch-nordkoreanische Grenze: 


Es ist unklar, welche Wege die Flüchtlinge genau nehmen, wenn sie nach Nordkorea zurückkehren. Normal ist, dass Flüchtlinge in Südkorea zunächst nach China reisen und dann die Grenze nach Nordkorea überschreiten. In einem seltenen Fall trafen 2013 neun junge nordkoreanische Flüchtlinge über China in Laos ein, doch die laotische Regierung schickte sie zurück nach Nordkorea. Die nordkoreanische Regierung mischte sich damals offensichtlich ein. Doch in den meisten Fällen kehrten Flüchtlinge aus freiem Willen über China nach Nordkorea zurück. 


Flüchtlingen, denen die Rückkehr nach Nordkorea misslingt, droht in Südkorea eine harte Bestrafung. Artikel 6 des staatlichen Sicherheitsgesetzes besagt unter anderem, dass gegen jede Person, die auf Befehl einer regierungsfeindlichen Organisation gehandelt habe oder Mitglied einer solchen sei, die Todesstrafe, eine lebenslange Freiheitsstrafe oder eine Haftstrafe von mehr als fünf Jahren verhängt werden könne. Aber auch nach einer Rückkehr nach Nordkorea droht ihnen eine Bestrafung durch das kommunistische Regime:


Von 2015 bis zum September des vergangenen Jahres wurden zwölf nordkoreanische Flüchtlinge, die vergeblich versuchten, nach Nordkorea zurückzukehren, wegen Verstoßes gegen das südkoreanische nationale Sicherheitsgesetz bestraft. Nach ihrer Bestrafung werden die betroffenen Flüchtlinge strenger beobachtet. In Nordkorea wurden unter dem früheren Machthaber Kim Jong-il alle Rückkehrer aus Südkorea ins Gefängnis gesteckt. Unter dem jetzigen Kim Jong-un-Regime werden sie in Arbeitslager geschickt, oder sie können als Propagandainstrument benutzt werden. Sie erhalten eine Form der Strafe, wenn auch eine geringere, weil sie als “Verräter” gelten. 


Nach Angaben des Abgeordneten Cho Jeong-sik haben sich bis Ende Juni 33.670 Nordkoreaner in Südkorea niedergelassen. Doch der Verbleib von 900 von ihnen sei nicht bekannt. Neuankömmlinge aus Nordkorea stehen eine Zeitlang unter polizeilichem Schutz. Doch einige Flüchtlinge entziehen sich der Kontrolle: 


In einigen Bezirken ist ein Polizeibeamter für Dutzende von Flüchtlingen zuständig. Der Beamte kann sich nicht um jeden von ihnen kümmern. Ich denke also, dass der Polizeischutz reine Formalität ist. Einige meiner geflüchteten Landsleute sagen, dass sie sich an ihrem Arbeitsplatz diskriminiert fühlen. Einige fühlen sich durch diese Beispiele beunruhigt und beschließen sogar, in ihre alte Heimat zurückzukehren. Ich hoffe, die südkoreanische Gesellschaft nimmt die Flüchtlinge warmherzig auf und bringt größeres Interesse für sie auf. 

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