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Koreanische Halbinsel von A bis Z

Blick auf Nordkorea

Nordkorea Kohlevergasungsprojekt

2020-09-24

ⓒ YONHAP News

Am 25. August besuchten Nordkoreas neuer Premierminister Kim Tok-hun und der Vizevorsitzende der Kommission für Staatsangelegenheiten Pak Pong-ju eine Baustelle für ein Kohlevergasungsprojekt, das auch als C1-Chemieindustrie bezeichnet wird. Während eines Politbüro-Treffens im Juni unter Vorsitz von Machthaber Kim Jong-un war die rasche Entwicklung des Industriezweigs ein wichtiges Thema. Dazu sagt der Experte Bong Young-shik vom Yonsei-Institut für Nordkorea-Studien:  


Pak Pong-ju und Kim Tok-hun sind zwei wichtige Wirtschaftsfunktionäre, an die Kim Jong-un nach Angaben des südkoreanischen Geheimdienstes einen Teil seiner Machtbefugnisse übertragen hat. Die jüngste Inspektionsreise dieser beiden Funktionäre zeigt, dass das Regime von Kim Jong-un mit der C1-Chemieindustrie hohe Erwartungen verbindet und deswegen große Investitionen getätigt hat. Während der Politbüro-Sitzung des Zentralkomitees der Arbeiterpartei am 7. Juni betonte Kim, wie wichtig die Chemieindustrie ist für die Entwicklung einer selbstständigen Wirtschaft und die Verbesserung der Lebensumstände der Menschen im Land. Er bezeichnete die Chemieindustrie als “Grundlage aller Industrien und wichtigen Antrieb für die nationale Wirtschaft”. Er sagte, dass sie zusammen mit der Metallindustrie die wichtigste Säule einer selbstständigen Wirtschaft ist. 


Das “C” ist das Zeichen für Kohlenstoff und die C1-Chemieindustrie bezieht sich auf die Gasifizierung von Kohle, um synthetisches Gas mit Kohlenstoffmonoxid und Wasserstoff zu erzeugen. Das Gas ist die Basis für verschiedene chemische Produkte: 


C1 oder die Eins-Kohlenstoffindustrie umfasst die Umwandlung einfacher Kohlenstoffverbindungen wie Kohlenstoffmonoxid in organische Verbindungen. Die nordkoreanische Arbeiterpartei glaubt, dass die C1-Chemieindustrie Energie und Arbeitsplätze  sichert. Nordkorea verfügt über große Anthrazitkohle- und Braunkohle-Vorkommen. Die Anthrazit-Lager sind die viertgrößten weltweit. Durch die Gasifizierung von Kohle wird C1 produziert. Zusammen mit Wasserstoff wird es zu Methanol. Methanol dient dann als Ausgangsstoff für organische Verbindungen wie Äthylen und Propylen. Diese werden als Grundlage für die Produktion von Benzin, synthetischen Fasern und Harzen, Gummi, Düngemitteln, Farben und Arzneimitteln benutzt. 


Nordkorea richtet den Fokus stark auf die C1-Chemie, um die Probleme mit der Öl-Versorgung wegen der internationalen Sanktionen zu überwinden: 


Unter der Resolution 2397 des UN-Sicherheitsrats, die 2017 verabschiedet wurde, kann die jährliche Menge raffinierten Öls, das nach Nordkorea exportiert wird, nicht 500.000 Barrel überschreiten. Es wird berichtet, dass die importierte Öl-Menge aus China oder anderen Ländern um ein Drittel zurückgegangen ist. 500.000 Barrel gelten als geringe Menge, und Nordkorea leidet unter einer ernsthaften Energieknappheit. Selbst in der Hauptstadt Pjöngjang liefert die Regierung nur für drei Stunden Strom am Tag, eine Stunde weniger als vorher. Auch ist es wegen der Stromknappheit für Nordkorea schwierig, Anlagen für chemische Düngemittel zu betreiben. Um die Energiequellen zu erweitern, will Nordkorea dringend die C1-Chemieindustrie entwickeln. 


Die C1-Chemie stößt wegen der hohen Kosten im Vergleich zur Petrochemie auf Grenzen. Doch Nordkorea hat bei der Entwicklung seiner Chemieindustrie mehr auf Kohle als auf Öl gesetzt:


Nordkorea ist es unter den UN-Sanktionen untersagt, seine Kohle zu exportieren. Es muss also soviel einheimische Kohle verbrauchen wie möglich. Verglichen mit der konventionellen Kohlechemie kann die C1-Chemie den Prozess zur Umwandlung von Kohle in Karbid übergehen – ein Vorgang, der große Strommengen erfordert. Das heißt, Nordkorea kann Energie sparen. Die Industrie hat noch andere Vorteile, wie etwa die Verwendung von Kohlenstoffmonoxid, das während der Stahlproduktion gebraucht wird, um Rohmaterialien zu geringen Kosten zu erhalten. 


Nach einem Bericht der offiziellen Zeitung Rodong Sinmun vom 1. August wurde die Pflasterung für eine Kohlegasifizierungsanlage Mitte Juli abgeschlossen. Machthaber Kim Jong-un rief schon in seiner Neujahrsrede von 2019 zu größeren Anstrengungen auf, die Industrie schnell zu entwickeln: 


Beim Parteikongress 2016 wurde die C1-Chemieindustrie als eine der industriellen Kernstrategien unter dem Fünf-Jahres-Wirtschaftsentwicklungsplans aufgelistet. Doch wurden keine greifbaren Resultate erzielt. Nordkorea legte im Mai 2017 den Grundstein für den Bau von Anlagen, die hunderttausende Tonnen Methanol produzieren können. Doch sind sie noch nicht fertiggestellt. Das heißt, Nordkorea hat noch nicht das Niveau erreicht, Benzin oder chemische Produkte aus Kohle zu produzieren. Für Nordkorea ist es umso dringlicher, die C1-Chemieindustrie zu entwickeln.

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