Nachrichten

Koreanische Halbinsel von A bis Z

Blick auf Nordkorea

Die Bestattungskultur in Nordkorea

2021-02-25

ⓒ Getty Images Bank

Die Corona-Pandemie hat es für die Menschen in Südkorea schwierig gemacht, Hochzeitsfeiern und Trauerzeremonien mit Gästen zu veranstalten. Wie sieht es allgemein mit der Bestattungskultur in Nordkorea aus und welche Unterschiede gibt es zu Südkorea? Zum Thema sagt die aus Nordkorea stammende Leiterin der Organisation North Korea Investment, Kang Mi-jin:


Ich habe an Beisetzungen in Nord- und Südkorea teilgenommen. Im Süden stellen Krankenhäuser Orte für die Trauerzeremonie zur Verfügung. Anfangs dachte ich also, dass die Südkoreaner in den Krankenhäusern sterben. Im Norden finden die Trauerzeremonien zuhause statt. Selbst wenn eine Person in einem Krankenhaus stirbt, wird sie für die Trauerzeremonie nach Hause gebracht. Für die Kinder des Verstorbenen ist es eine Frage der Kindespflicht. Die Familie stellt ein Porträt der dahingeschiedenen Person auf und brennt Räuchwerk ab. Die Familienmitglieder stellen eigenständig einen Sarg her. Manchmal stellt ihre Firma den Sarg. In Nordkorea hört man kaum lautes Wehklagen. Jeder Besucher füllt ein Glas mit einem alkholischem Getränk. Alkohol ist ein wichtiger Teil der nordkoreanischen Beisetzungskultur. Das ist einer der Unterschiede zwischen der Bestattung in Süd- und Nordkorea. Im Süden tauschen der Gastgeber und die Besucher Verbeugungen aus. Diese Praxis findet man in Nordkorea nicht.


Wenn in Nordkorea jemand stirbt, informiert der Sangju, oder Chetrauernde, der sich um die Trauerzeremonie kümmert, sein Unternehmen und die Nachbarn von dem Todesfall. Der Sangju erhält von einem Krankenhaus eine Sterbeurkunde, bevor er den Todesfall im Gemeindebüro meldet. In Südkorea ist es üblich, dass private Bestattungsunternehmen die Abwicklung der Beisetzung in die Hand nehmen. Die Hauptaufgabe des Gastgebers ist es, die Trauergäste zu empfangen: 


Vor nur sechs oder sieben Jahren gab es den Beruf des Bestatters in Nordkorea noch nicht. Wenn eine Person stirbt, dienen ältere Leute in der Nachbarschaft, die Erfahrung mit dem Umgang mit Leichen haben, als Bestatter. Manchmal übernimmt der Sangju diese Aufgabe. In Südkorea ist die Leichenkleidung recht teuer. Doch in Nordkorea trägt der Leichnam saubere Baumwollunterwäsche. Die Helfer des Sangju legen den Leichnam in den Sarg. Die Aufbewahrung findet am dritten Tag nach dem Tod statt. In Südkorea bringt ein Leichenwagen den Sarg zum Friedhof. Doch die Nordkoreaner in den großen Städten wie Pjöngjang nehmen normalerweise einen Bus oder Transporter dafür, in den Dörfern setzen sie einen Lastwagen ein.


Aber auch in Nordkorea wurden zuletzt kommerzielle Elemente bei der Bestattung aufgenommen. Für die Bestattung und die Suche nach einer Ruhestätte muss daher Geld ausgegeben werden: 


Bis Anfang der 2000er Jahre gab die nordkoreanische Regierung eine geringe Unterstützung, Nahrungsmitel und alkoholische Getränke für die trauernde Familie. Doch in den vergangenen Jahren kamen bei der Bestattung auch kapitalistische Elemente hinzu. Ein Grab auszuheben kostet zum Beispiel 150 Yuan, etwa 180 Dollar, und ein Leichenwagen kostet 120 bis 200 Yuan. Der Sangju bewirtet darüber hinas seine Helfer, die gesamten Kosten belaufen sich dann auf etwa 1500 Yuan. Doch finden die meisten Trauerfeiern noch immer zuhause statt, und es wird noch einige Zeit vergehen, bis die Bestattungen in Nordkorea vollständig kommerzialisiert ablaufen. 


Die Bestattung dauert in Nordkorea üblicherweise drei Tage. Es gibt natürlich Ausnahmen. Als der frühere Machthaber Kim Il-sung 1994 starb, dauerten Trauerfeier und Bestattung zwölf Tage: 


Falls eine Person einen Tag vor einem wichtigen Feiertag stirbt, wie etwa die Geburtstage der früheren Machthaber, endet die Beisetzung üblicherweise vor dem Feiertag, um nicht die Stimmung des Tags zu stören. In diesem Fall ist die Beisetzung an einem Tag. Das Gleiche passiert, wenn jemand am letzten Tag des Jahres stirbt, da die Nordkoreaner glauben, dass der Tod nicht bis ins neue Jahr hinein dauern sollte. Für diejenigen, die außerhalb des Landes sterben, findet die Beisetzung an dem Tag statt, an dem der Körper zurückkehrt.


Nach Angaben des südkoreanischen Gesundheitsministeriums wurden 2019 die Leichen von 90 Prozent der Südkoreaner, die in jenem Jahr gestorben sind, eingeäschert. In Nordkorea wird noch immer die Erdbestattung bevorzugt. Die Berge sind die favorisierten Orte der Beisetzung. Doch die Behörden empfehlen mittlerweile den Bürgern, bei einem Todesfall die Einäscherung zu wählen: 


Einäscherung ist in Nordkorea nicht verbreitet. Es gibt nicht viele Krematorien im Land, so dass die Nordkoreaner dafür den Leichnam womöglich an einen fernen Ort bringen müssen. Bis vor 20 Jahren beerdigten viele Bürger in Pjöngjang einen Verstorbenen auf den nahe liegenden Hügeln oder Bergen. Die Krematorien in Nordkorea funktionieren nicht gut, und die Nordkoreaner wählen nach wie vor die traditionelle Beisetzung.  

Aktuelle Nachrichten