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Blick auf Nordkorea

Reisen in Nordkorea

2019-05-30

ⓒ KBS

In Südkorea wird der Mai als Monat der Familie bezeichnet. An Wochenenden sind die Autobahnen und Schnellstraßen meistens   verstopft, weil die Familien dann gerne Ausflüge unternehmen. Wie sieht es generell mit dem Reisen in Nordkorea aus? Zum Thema sagt Chung Eun-chan vom Institut für Vereinigungserziehung:  


Grundsätzlich sollte die Freiheit der Bewegung oder das Recht auf Reisen den Menschen ermöglichen, ohne jede Einschränkung dahin zu fahren, wohin sie wollen. Doch in Nordkorea können die Menschen im eigenen Land nicht frei reisen. Wenn sie in die Hauptstadt Pjöngjang wollen, müssen sie eine spezielle Genehmigungsnummer und dann ein Reisezertifikat beantragen. Andere beschränkte Gebiete sind die nördlichen Regionen an der Grenze zu China und die südlichen Regionen an der Grenze zu Südkorea, darunter Kaesong. Leute, die trotzdem in solche Regionen aus persönlichen Gründen reisen wollen, wie etwa zu Verwandtenbesuchen, brauchen ebenfalls eine Genehmigung. 


Die nordkoreanische Verfassung räumt den Bürgern das Recht der freien Wahl des Wohnsitzes und des freien Reisens ein. Doch die Realität sieht anders aus. Die Nordkoreaner können sich nicht frei im Land bewegen, geschweige denn, einfach ins Ausland reisen. Bei Verstößen drohen Geldstrafen oder Lohnentzug für etwa drei Monate. Das Verwaltungsgesetz autorisiert die Behörden, gegen jede Verletzung der Reiseordnung und gegen die Anmeldepflicht der Unterkunft vorzugehen: 


Das Reisezertifikat ist etwa ein Viertel eines A4-Papiers. Darauf steht „Geschäftsreise“ oder einfach „Reise“. Das Zertifikat enthält den Namen des Reisenden, das Geburtsdatum, die Adresse, das Reiseziel, die Reisedauer und die Genehmigungsstempel der lokalen Polizei. Das Zertifikat ist ein Mittel, die Bewegung der Menschen zu kontrollieren. Selbst wenn es ihnen erlaubt ist, andere Gegenden zu befahren, müssen sie innerhalb von 90 Tagen zurückkehren. 


Es gibt vier Arten dieser Reisezertifikate: für Pjöngjang, die südlichen Grenzgebiete, die nördliche Grenzregion und andere Regionen. Die zuständige Polizeistation stellt für alle Antragsteller solch ein Zertifikat aus. Das erfolgt nur unter Berücksichtigung der sozialen Klasse und der angenommenen politischen Einstellung. Reisen nach Pjöngjang und in die Grenzregionen müssen von vier bis fünf Beamten genehmigt werden. Wird der Antrag von nur einem von ihnen abgelehnt, wird auch das Papier nicht ausgestellt. Viele Nordkoreaner müssen dann auf ihre Reisen selbst dann verzichten, wenn sie ihre Eltern sehen oder an der Beerdigung eines gestorbenen Angehörigen teilnehmen wollen. Die meisten Nordkoreaner leben ihr ganzes Leben in ihren Heimatorten oder in den Nachbarprovinzen. Ausnahmen gibt es für das Studium, den Militärdienst und die eigene Hochzeit: 


Während der Zeit der ernsthaften wirtschaftlichen Schwierigkeiten Mitte bis Ende der 90er Jahre wagten es viele Nordkoreaner, mit dem Zug und ohne Reisezertifikat von Ort zu Ort zu reisen, weil sie sich den Lebensunterhalt verdienen mussten. Die Polizei oder Sicherheitskräfte tendierten damals dahin, die Verstöße zu ignorieren. Einige Nordkoreaner arbeiteten mit der regionalen Polizei zusammen, um illegal an die Zertifikate zu kommen. Diese Praxis setzt sich bis heute fort, da viele Nordkoreaner, insbesondere diejenigen mit Marktaktivitäten, ihre persönlichen Verbindungen mit den zuständigen Beamten nutzen, um ihnen Schmiergelder zu zahlen und die formalen Prozeduren zu übergehen. 


Viele Nordkoreaner reisten damals in andere Regionen, um auf privaten Märkten, oder Jangmadang, verschiedene Dinge zu verkaufen und Lebensmittel zu kaufen. Die Reisen wurden zum Teil toleriert, weil die Nordkoreaner ihre Familie ernähren mussten. Mit der Verbreitung der Märkte nahmen die Schmiergeldzahlungen zu, um reisen zu können. Während Nordkoreas Regierung die Bewegung der eigenen Bevölkerung einschränkt, versucht sie, ausländische Touristen anzuziehen: 


Einem Bericht zufolge nimmt Nordkorea etwa 68 Millionen Dollar jährlich aus dem Tourismusgeschäft ein. Nordkorea hat verschiedene Reiseprogramme entwickelt, um mehr ausländische Besucher anzuziehen. In Pjöngjang besuchen sie normalerweise die Statuen der früheren Machthaber Kim Il-sung und Kim Jong-il, verschiedene Monumente, einen Triumphbogen, den Kim-Il-sung-Platz und den Kumsusan-Palast der Sonne, wo die einbalsamierten Körper der beiden gestorbenen früheren Machthaber liegen. 


Zwar werden die Reisen der Touristen streng überwacht, doch können Menschen aus der ganzen Welt, mit Ausnahme der Südkoreaner, im Prinzip das Land besuchen. Das gilt auch für Amerikaner. Im Jahr 2017 öffnete eine Reiseagentur in Moskau, um Nordkorea-Reisen anzubieten. Selbst auf größeren Reiseportalen erscheinen Werbeanzeigen von nordkoreanischen Hotels. Populäre Ziele sind Pjöngjang, die östliche Küstenstadt Wonsan, das Kumgang-Gebirge sowie die Grenzstadt Kaesong. Zwischen den Bürgern Süd- und Nordkoreas dagegen gibt es weiterhin keinen regelmäßigen Austausch. Nach den drei innerkoreanischen Gipfeltreffen im vergangenen Jahr keimte jedoch wieder die Hoffnung bei Südkoreanern auf, einmal touristische Attraktionen auf der nördlichen Seite, einschließlich des Bergs Baekdu, besuchen zu können. Doch der Streit um das nordkoreanische Atomprogramm und die internationalen Sanktionen gegen Pjöngjang sind große Hürden in dem Annäherungsprozess. 

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