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Blick auf Nordkorea

Private Erziehung in Nordkorea

2019-06-27

© KBS

Südkorea ist bekannt für den harten Wettbewerb in der Schule. Fast jeder Schüler erhält außerhalb der Regelschule Privatunterricht in verschiedenen Fächern. Der Markt für die private Weiterbildung wird größer, da auch viele Büroangestellte mit der auf 52 Stunden verkürzten Arbeitswoche weiter lernen wollen. Wie sieht die Situation der privaten Erziehung in Nordkorea aus? Dazu sagt Chung Eun-chan vom südkoreanischen Institut für Vereinigungserziehung: 


Der private Bildungsmarkt in Nordkorea wächst. Im Prinzip ist in dem kommunistischen Land nur die öffentliche Weiterbildung erlaubt. Doch nach dem Zusammenbruch des staatlichen Rationierungssystems nimmt auch die private Fortbildung zu, da viele Nordkoreaner selber zusehen müssen, wie sie überleben können. Einige Eltern, die einen gewissen Wohlstand erreicht haben, wenden sich dem Privatunterricht für ihre Kinder zu. Für die Lehrer war es schwierig, über die Runden zu kommen, weil ihr Gehalt nicht ausreichte. Viele Lehrer zog es deshalb auf den privaten Bildungsmarkt. Die private Weiterbildung für Computerwissenschaft, Technologie, Fremdsprachen, Mathematik, Kunst, Musik und physische Erziehung breitet sich rasch aus. Ein Erfolg in diesen Bereichen kann eine bessere Zukunft gewährleisten, die von der veränderlichen politischen Situation unabhängig ist. 


Die marktwirtschaftlichen Elemente nahmen insbesondere nach der schweren wirtschaftlichen Krise in den 90er Jahren zu. Davon profitierten auch Lehrer, die privat unterrichten. Die nordkoreanische Regierung konnte die öffentlichen Schulen nicht mehr in angemessener Weise ausstatten. Die Wohlhabenderen richteten ihr Augenmerk auf die private Weiterbildung ihrer Kinder: 


Kluge Schüler bewerben sich in Nordkorea in erster Linie um einen Studienplatz in der Hauptstadt. Das Niveau der Universitäten dort ist höher als in den anderen Provinzen. Es ist jedoch nicht einfach, an den Top-Unis wie der Kim Il-sung-Universität oder Kimchaek-Universität für Technologie zugelassen zu werden. Nordkorea hält eine landesweite Vorprüfung ab, die dem Hochschul-Eignungstest in Südkorea ähnelt. Auf der Grundlage der Noten und des Prozentrangs entscheiden die Prüfer, bei welcher Universität man sich bewerben kann. Der Wettbewerb ist ziemlich stark, ähnlich wie in Südkorea. 


Die Zulassung zu einer der besseren Universitäten erhöht die Chancen für einen späteren Karriereerfolg. Die Bewerber werden in den Fächern revolutionäre Geschichte von Kim Il-sung und Kim Jong-il, Mathematik, koreanische Sprache und Literatur sowie in Fremdsprachen geprüft. Um an der Kim Il-sung-Uni zugelassen zu werden, müssen die Prüflinge in der Gruppe der besten 0,4 Prozent sein. Viele Schüler erhalten daher Privatunterricht, oft auch von Professoren der Universitäten:


Die Erzählungen nordkoreanischer Flüchtlinge zeigen, dass schon einige Grundschüler in Nordkorea Privatstunden in Computer und Fremdsprachen erhalten. Wenn Schüler an einer Privatschule für Fremdsprachen lernen, während sie in der Grund- oder Mittelschule sind, haben sie bessere Chancen, an der Pjöngjang-Uni für Auslandsstudien zu studieren. Die Lehrer können in die Wohnungen der Schüler kommen, oder eine Gruppe von Schülern erhält Unterricht im Haus eines Lehrers. 


Nach der fünfjährigen Grundschule werden die Nordkoreaner für die Zulassung zur Mittelschule geprüft. Bevorzugt wird die Jeil-Mittelschule, für talentierte Schüler. Diese Schule gibt es in jeder Provinz. Die Absolventen werden in der Regel an den besten Universitäten in Pjöngjang zugelassen: 


Eltern und Lehrer droht eine Bestrafung, wenn sie dabei erwischt werden, sich um den Privatunterricht zu kümmern. Doch solche, die sich Privatstunden für ihre Kinder erlauben können, sind meistens reichere Bürger, die eine enge Beziehung zu Leuten in Machtpositionen haben. Sie können die Probleme einfach durch Bestechung lösen. 


Die monatliche Unterrichtsgebühr für Mathe, Physik und eine Fremdsprache liegt bei umgerechnet 7 bis 15 Dollar. Monatliche Klavierstunden kosten etwa 30 Dollar, das entspricht etwa dem Preis von 48 Kilogramm Reis:


Das Regime von Kim Jong-un hebt die Wichtigkeit für Wissenschaft und Technologie hervor. Ich kann mir daher vorstellen, dass der private Bildungsmarkt in Nordkorea weiter wächst, solange das öffentliche Erziehungssystem nicht vollständig wiederhergestellt ist. Doch die Normalisierung des Systems erfordert massive staatliche Investitionen, und sie würde eine große Last für die Schüler bedeuten, weil der Betrieb der Schulen von ihnen abhängig sein wird.

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