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Blick auf Nordkorea

Kinderrechte in Nordkorea

2020-10-15

ⓒ Getty Images Bank

Am 1. Oktober erklärte das US-Arbeitsministerium, dass Nordkorea Kinder für die Produktion von Ziegeln, Zement, Kohle, Kleidung und Eisenerz mobilisiere. Nordkorea sei an vierter Stelle unter mehr als 70 Ländern, in denen Kinderarbeit in einer Reihe von Bereichen einschließlich Grubenarbeit und des herstellenden Gewerbes eingesetzt werde. Über Kinderrechte und Kindesmisshandlung in Nordkorea sagt die Journalistin Kang Mi-jin von der Online-Zeitung Daily NK in Seoul: 


Ein nordkoreanischer Flüchtling sagte, dass die meisten Nordkoreaner nicht eine Sekunde zögern würden, ein Kind zu schlagen, wenn sie als nötig erachten. Ein anderer Flüchtling sagte, dass es üblich für nordkoreanische Kinder ist, geschlagen zu werden, wenn sie laut sind oder an öffentlichen Orten oder in Bussen eine Szene machen. Eltern rechtfertigen Schläge gegen Kinder im Namen der sogenannten “Liebe mit dem Stock”, die aber in den meisten Fällen nichts als Gewalt ist. Das Gleiche gilt auch für Lehrer. Viele Flüchtlinge sagen, dass Gewalt gegen Kinder in der nordkoreanischen Gesellschaft kein Problem darstellt, weil Eltern und Lehrer es für richtig halten, dass Kinder diszipliniert werden sollten. Doch wegen der wiederholten internationalen Kritik an Kindesmisshandlung in Nordkorea wird seit 2014 dem Recht von Kindern in dem Land mehr Aufmerksamkeit geschenkt. 


Nordkorea hat ein Gesetz, das das Recht der Kinder garantiert. Artikel 43 des Gesetzes zum Schutz der Kinderrechte verbietet Gewalt gegen oder die Misshandlung von Kindern innerhalb der Familie. Artikel 27 besagt, dass Eltern die Pflicht hätten, ihre Kinder auf geistigem, moralischem und gesundem Weg aufzuziehen. Auch sieht Nordkorea verschiedene rechtliche Maßnahmen vor, die das Kind in der Familie, bei der Kinderbetreuung, im medizinischen Bereich und gegen Infektionskrankheiten schützen sollen. In der Realität jedoch werden die Gesetze nicht angewandt, und die Regierung schreitet nicht gegen häusliche Gewalt ein: 


Artikel 72 der nordkoreanischen Verfassung besagt, dass Kinder, die keine Unterstützung finden, zu materieller Hilfe berechtigt sind. Nach Artikel 18 des Gesetzes zur Kindererziehung sollten Kinder, die nicht unter dem Schutz der Eltern stehen, in Pflegehäuser oder Waisenhäuser gebracht werden. Nordkorea propagiert, dass die Kinder der König der Nation sind und das Prinzip “das Beste für die Kinder” aufrechterhalten wird. In dem Land gibt es tatsächlich ein verpflichtendes Elf-Jahres-Erziehungssystem. Es bietet freie Bildung aller Kinder an, und alle Kinder im Vorschulalter sollen zu Kindertagesstätten und in die Kindergärten geschickt werden. Trotz dieser Gesetze und Systeme leiden viele Kinder in Nordkorea unter Mangelernährung oder sterben in vielen Fällen vor Hunger. 


Auch in den Kindertagesstätten sind die Kinder nicht vor der Gewalt der Erzieher geschützt:


Diejenigen, die der Partei treu sind und eine revolutionäre Gesinnung haben, werden zu Lehrern für die Tagesstätten ausgewählt. Wenn die Lehrer sagen, dass sie ein Kind geschlagen haben, weil es etwas über seinen geliebten Führer lernen soll, werden sie nicht bestraft. Es ist schwierig, das Problem der Gewalt gegen Kinder in umfassender Weise zu lösen.


Nordkorea mobilisiert auch Kinder und Jugendliche für eine regelmäßige Massengymnastikshow, die zu wichtigen Gelegenheiten wie dem Staatsgründungstag aufgeführt wird. Es wird kritisiert, dass das harsche Training der Kinder eine Verletzung des UN-Übereinkommens zu den Rechten des Kindes, das Nordkorea 1990 ratifiziert hat, darstelle:


Einer von meinen entfernten Verwandten nahm an den Gymnastikshows teil. Das Training für die akrobatischen Übungen war so hart, dass das Kind seine Hosen nass machte und seine Sohlen rissig waren. Einige Kinder leiden unter einer Blaseninfektion, weil sie sich auf dem kalten Boden hinhocken und ihre Blase während der Proben halten müssen. Der Schulunterricht wird ausgesetzt. Mehr als 20.000 Kinder verbringen somit viel Zeit für die Aufführung. Sie haben wenig Zeit für den Schulunterricht. 


Am 27. November 2019 veröffentlichte die südkoreanische Menschenrechtsgruppe Menschen für eine erfolgreiche koreanische Wiedervereinigung einen Bericht über Kindesmisshandlung in Nordkorea. Unter Berufung auf Aussagen von 150 nordkoreanischen Flüchtlingen sagt sie darin, dass die Situation in Nordkorea sich schrittweise verbessert habe: 


Dem Bericht zufolge erfuhren 70 Prozent der Befragten, die zwischen 1949 und 1964 geboren wurden, körperliche Züchtigung. Bei Flüchtlingen, die zwischen 1997 und 2013 geboren wurden, waren das nur noch 19 Prozent. Ein Grund für die Veränderung ist die geringe Geburtenrate in Nordkorea. Viele Eltern haben heutzutage nur ein Kind. Es ist also keine Überraschung, dass die Eltern ihr geliebtes Kind besser behüten. Ein anderer Grund ist,  dass seit Anfang 2000 immer mehr ausländische Medienberichte, einschließlich südkoreanischer in das abgeschottete Land einsickerten. Der Zufluss ausländischer Kultur und einiger Elemente einer Marktwirtschaft, die der kommunistische Staat akzeptiert, trugen dazu bei, dass die Zahl der Fälle von Kindesmisshandlung zurückging, obwohl das Problem nicht vollständig gelöst wurde.

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