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Blick auf Nordkorea

Die Gesetze in Nordkorea - Teil 1

2020-08-27

ⓒ KBS

Gesetze unterscheiden sich leicht von Land zu Land, doch allgemein spiegeln sie die Realität und Werte einer Gesellschaft. In diesem Kontext lässt sich vielleicht auch besser die nordkoreanische Gesellschaft verstehen, indem man die Gesetze untersucht. Die Verordnungen des obersten Machthabers und der Partei können als Gesetz verstanden werden. Doch Nordkorea hat wie in Südkorea auch eine Verfassung, ein Strafgesetz- und ein Zivilgesetzbuch. Im sozialistischen Nordkorea werden Gesetze nötigenfalls auch geändert. Der südkoreanische Anwalt Oh Hyun-jong:


Nordkorea hat “Gesetze der Demokratischen Volksrepublik Korea”, die vom Gesetzesverlag publiziert werden. Die Gesetzessammlung hat auch Ergänzungen, was andeutet, dass neue Gesetze gemacht oder bestehende Gesetze geändert wurden. Nordkorea hat offensichtlich verschiedene Gesetze. Das geht auch daraus hervor, dass es Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte im Norden gibt, und dass eine Reihe von Professoren Recht an der Kim Il-sung-Universität studierten.  


Südkorea erkennt die Gesetze in Nordkorea nicht an. Der Oberste Gerichtshof und das Verfassungsgericht sehen Nordkorea als eine “regierungsfeindliche Organisation” und definieren die innerkoreanischen Beziehungen als “spezielle Beziehungen, die auf dem Weg zur Vereinigung vorübergehend geformt” wurden. China und Russland dagegen sehen Nordkorea als unabhängigen Staat und erkennen auch dessen Gesetze an: 


In Südkorea wird gesagt, dass nordkoreanische Gesetze nicht als Gesetze gelten, weil Nordkorea kein Staat ist, und der Süden und der Norden spezielle Beziehungen miteinander haben. Das ergibt logisch gesehen Sinn. Südkoreas Wahrnehmung von Nordkorea hat sich mit der Zeit gewandelt, von “einer regierungsfeindlichen Organisation, die den Titel als Staat beansprucht” zu “eine anderen Partei, zu der Südkorea in spezieller Beziehung steht und mit der eine friedliche Vereinigung verfolgt werden sollte”. Das heißt, Südkorea erkennt Nordkorea nicht als Staat an, aber sieht es als Partei, mit der es reden kann. Nordkorea wird von Südkorea noch immer als “eine Gruppe zahlreicher Menschen, die eine bestimmte Region besetzen” gesehen, und deren Gesetze nichts weiter als die Normen dieser Gruppe sind. 


Die Präambel der südkoreanischen Verfassung beginnt mit: “Wir, das koreanische Volk”. Die nordkoreanische Verfassung beginnt mit “der Demokratischen Volksrepublik Koreas”. Sie richtet den Fokus mehr auf den Staat und die Gruppen als auf Einzelne: 


Während Südkoreas Verfassung aus dem Blickwinkel der Individuen oder der Mitglieder der Staatsgemeinschaft beginnt, umfasst die Gemeinschaft selbst den Beginn der nordkoreanischen Verfassung. Das südkoreanische Strafrecht besteht aus 372 Paragrafen, das nordkoreanische hat 161. Im Norden handelt das Strafgesetz Vergehen gegen die Verteidigung, die sozialistische Wirtschaft und Kultur sowie gegen das allgemeine Verwaltungsmanagement ab. Das zeigt, dass das Gesetz allgemein auf den Schutz des Staates gerichtet ist, nicht auf das Individuum. Auch das nordkoreanische Zivilrecht hat nur 271 Paragrafen, im Vergleich zu den 1118 in Südkorea. Das Zivilgesetz sieht generell Regeln für individuelles Recht oder privates Eigentum vor. In Nordkorea ist dieser Teil weniger wichtig als die Regeln für Gruppen oder die Gemeinschaft. 


Der Theorie des Marxismus-Leninismus zufolge sterben Gesetze im Übergang zur kommunistischen Gesellschaft aus. Aus diesem Grund hat Nordkorea nicht wirklich die Rolle der Gesetze beachtet. Doch die nordkoreanische Gesellschaft betont nun immer stärker deren Rolle: 


Früher war die Durchsetzung der Gesetze in Nordkorea einfach ein Mittel dazu, die Führerideologie oder die Parteipolitik umzusetzen. Nordkoreanische Gesetze wurden der Politik untergeordnet. Doch um die Legitimität des Machtübergangs vom früheren Machthaber Kim Jong-il auf den jetztigen Machthaber Kim Jong-un abzusichern, benötigte Nordkorea ein anderes institutionelles Rahmenwerk. Auch für die Umsetzung der Wirtschaftspolitik der Öffnung, war es unvermeidlich, den wirtschaftlichen und kulturellen Austausch mit der Außenwelt zu regeln. Verschiedene Gesetze traten in Kraft und wurden geändert. Die vorigen Regelungen der Arbeiterpartei wurden jetzt in Gesetzesform gebracht, um die Führung der Menschen unter der Herrschaft des Gesetzes zu regeln. 


Wie könnten beide Koreas zur Vorbereitung der Wiedervereinigung ein Rechtssystem bilden? 


Zuerst sollten Gelehrte in Südkorea die Gesetze in Nordkorea kennen, um die nordkoreanische Gesellschaft besser zu verstehen. Einige Menschen könnten denken, dass die Vereinigung eine bloße Ausweitung des politischen Systems in Südkorea auf Nordkorea ist. Doch die Vereinigung ist mehr als eine Erweiterung des politischen Systems. In einem wiedervereinigten Korea sollte es Menschen auf der gesamten Halbinsel erlaubt sein, nach Freiheit, Gleichheit und Glückseligkeit zu trachten. Ihre Würde und Rechte sollten respektiert werden. Es ist daher nötig, die Vereinigung so auf den Weg zu bringen, dass sie diesem Zweck dient.

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