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Koreanische Halbinsel von A bis Z

Blick auf Nordkorea

Anwälte in Nordkorea

2020-09-17

ⓒ KBS

Nachdem wir uns in den beiden vorangegangenen Sendungen mit den Gesetzen in Nordkorea beschäftigt haben, geht es diesmal um die Anwälte in dem abgeschotteten Land. Zum Thema sagt der südkoreanische Anwalt Oh Hyun-jong:


Anwälte in Nordkorea werden streng vom Staat kontrolliert. Es lässt sich also schlecht sagen, dass sie Teil des Privatsektors sind. Es gibt eine koreanische Anwaltsvereinigung, die ein Zentralkomitee sowie lokale Komitees in jeder Provinz und Stadt hat. Das Zentralkomitee qualifiziert oder disqualifiziert Anwälte und bestimmt ihr Bezahlung. Es wird gesagt, dass 500 Personen als Anwälte in Nordkorea registriert sind. Von ihnen sind 200 als Anwalt in Pjöngjang tätig, während die anderen nebenher auch als Lehrer und Forscher arbeiten. Es gibt zwei Anwaltskanzleien in Pjöngjang sowie eine in der Freihandelszone Rason. Als führende Kanzlei bietet die koreanische Anwaltskanzlei verschiedene Dienste an, wie etwa die Vertretung Einzelner oder Institutionen in Rechtsstreitigkeiten oder anderer Form von Rechtshandlungen sowie Rechtsberatung. 


Die Nachfrage nach Anwaltsdiensten ist in Nordkorea deutlich geringer als in kapitalistischen Ländern, und die Regulierungen sind eher simpel. Die Anwälte können Mandanten nur innerhalb der Politik und Entscheidungen der Arbeiterpartei vertreten. Mit anderen Worten, sie erläutern die Motive ihrer Mandanten in einem Rechtsfall, sie sprechen nicht für ihre Mandanten. Das bedeutet, dass Rechtsanwälte keine große Wirkung haben, selbst wenn ihre Mandanten in einem Kriminalfall unschuldig sind. Nur selten verteidigen sie einen Beschuldigten:


Das nordkoreanische Rechtssystem wird von der Staatsmacht beeinflusst, die auf den Machthaber Kim Jong-un und die Arbeiterpartei fokussiert ist. Gerichte sollten ihre Urteile in Übereinstimmung mit den Parteianweisungen fällen. Die Partei trifft die Entscheidung schon vor Beginn eines Prozesses. Das heißt, die Bestrafung oder Verurteilung werden bereits vorher festgelegt. Die Regulierungen der Arbeiterpartei stehen über der Verfassung und anderen Gesetzen. In Südkorea haben Kriminelle das Recht auf den Beistand eines Anwalts. Nach Aussagen von nordkoreanischen Flüchtlingen ist das in Nordkorea nicht der Fall. Erstens, die Zahl der Anwälte ist zu klein. Und selbst wenn der Anwalt im Gerichtssaal erscheint, äußert er nur einige gute Kommentare über den Verdächtigen, doch verteidigt er sie oder ihn nicht. 


Nordkoreanische Anwälte können nicht für ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen arbeiten:


Gemäß dem nordkoreanischen Gesetz werden Anwälte unter Berücksichtigung der Wertigkeit und Komplexität des vorliegenden Falls und ihrer Leistung bezahlt. Die lokalen Anwaltskomitees sammeln alle Anfragen für eine rechtliche Repräsentation und zahlen später die einzelnen Mitglieder in Form eines Monatslohns aus. Da die Anwälte keinen Vertrag mit Klienten abschließen, können sie von ihnen auch kein Geld erhalten. 


Die Vergütung der Anwälte ist sehr gering. Daher ist es auch nicht besonders schwierig, in Nordkorea den Anwaltsberuf auszuüben. Es gibt keine Anwaltsprüfung wie in Südkorea:


Nordkorea bildet potenzielle Rechtsbeamte an Universitäten und am Institut für Sozialwissenschaften aus. Nur eine kleine Zahl von Lehrinstituten einschließlich der Kim Il-sung-Universität haben eine Rechtsabteilung. Der fünfjährige Rechtskurs an der Kim Il-sung-Universität wählt jedes Jahr nur 50 Studenten aus. Sie legen keine besondere Prüfung ab. Rechtsbeamte werden unter solchen ausgewählt, die an solchen Instituten Recht studiert haben, sowie unter Berücksichtigung ihres Familienhintergrunds und der Loyalität zur Partei. 


Als Vorbereitung für eine Wiedervereinigung und unter Berücksichtigung der Probleme bei der deutschen Einheit, was die verschiedenen Rechtssysteme betrifft, sehen es manche als notwendig an, dass Anwälte aus Süd- und Nordkorea zusammen an akademischen Konferenzen teilnehmen:


Recht kann als System gesehen werden, das eine Gesellschaft betreibt. Wenn Süd- und Nordkorea vereinigt werden, sollten sie ihre Rechtssysteme in eines zusammenbringen sowie eine einheitliche Verfassung und Gesetze schaffen. Diese sollten natürlich auf der Grundlage eines öffentlichen Konsenses über die Verfassungswerte sowie des Konzepts des Rechtsschutzes und der Interessen entstehen. Wenn beide Koreas ihre grenzüberschreitende Wirtschaftskooperation wiederaufnehmen, könnten südkoreanische Anwälte rechtliche Hilfe für Unternehmen anbieten, die Geschäfte in Nordkorea machen. Von da an könnten beide Seiten ihren Austausch ausweiten.

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