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Nordkoreanischer Botschafter macht USA für ausbleibende Fortschritte in Atomverhandlungen verantwortlich

Themen der Woche2019-10-01

ⓒYONHAP News

Nordkorea hat am Montag in einer Rede vor der UN-Generalversammlung gegenüber den USA ein neues Kalkül betont. Zugleich verschärfte das Land seine Kritik an Südkorea, während die Kritik an den USA relativ verhalten ausfiel.


Die UN-Rede des nordkoreanischen UN-Botschafters Kim Song unterschied sich in vielerlei Hinsicht von der Grundsatzrede von Außenminister Ri Yong-ho bei der letztjährigen UN-Vollversammlung. Kim brachte die „Denuklearisierung“ nicht zur Sprache, sondern betonte lediglich ein „neues Kalkül“. Neu ist dies jedoch in der Tat nicht. Die nordkoreanische Vizeaußenministerin Choe Son-hui hatte bereits eine neue Vorgehensweise gefordert, als sie den USA neue Verhandlungen auf Arbeitsebene gegen Ende September vorgeschlagen hatte. Mit der Wiederholung der Forderung wurde betont, dass mit einem neuen Kalkül schließlich die Sanktionslockerung vor der Denuklearisierung gemeint sei.


Kim erwähnte die Denuklearisierung nicht. Das zeigt, dass Nordkorea der Meinung ist, dass es bereits aufrichtige Maßnahmen zur Denuklearisierung getroffen habe. Daher liege der Ball nun im Spielfeld der USA. Der Botschafter sagte, es hänge von den USA ab, ob die Verhandlungen eine Chance oder der Anlass für eine Krise würden. Er führte ausbleibende Fortschritte in den bilateralen Beziehungen auf die feindselige Politik der USA gegenüber Nordkorea zurück. Das wird als Forderung nach der Aufhebung der Sanktionen und dem Stopp gemeinsamer Militärübungen mit Südkorea verstanden.


Kim verschärfte jedoch die Kritik an den USA nicht. US-Präsident Donald Trump wurde zudem nicht erwähnt, so wie es in Ris UN-Rede im vergangenen Jahr der Fall gewesen war. Dahinter werden Pjöngjangs nach wie vor bestehende Erwartungen für eine sogenannte Top-Down-Diplomatie durch ein Gipfeltreffen vermutet. Einige Beobachter gehen davon aus, dass weiterhin die angestrebten neuen Arbeitsgespräche zwischen Pjöngjang und Washington berücksichtigt wurden.


Der größte Unterschied zu Ris Rede vom Vorjahr liegt in der Kritik an Südkorea. Kim kritisierte, dass Südkorea hochmoderne Angriffswaffen einführe und gemeinsame Militärübungen mit den USA abhalte. Er warf der südkoreanischen Regierung vor, sich den Stärkeren zu beugen und auf ausländische Kräfte angewiesen zu sein. Seoul müsse auf sein „doppeltes Spiel“ verzichten, wolle es die Verbesserung der innerkoreanischen Beziehungen ermöglichen, hieß es. Zugleich wurde verlangt, die gemeinsamen Erklärungen beider Koreas aufrichtig umzusetzen.


Nordkorea startete allein in diesem Jahr zehnmal Raketen oder Geschosse aus Mehrfachraketenwerfern. Diese waren Kurzstreckenprojektile, in deren Reichweite Südkorea und einige Teile Japans liegen. Nordkorea erklärte, dass diese Projektile Angriffswaffen darstellten, mit denen Schläge gegen Südkorea möglich wären, und drohte sogar mit deren Einsatz. Nordkorea verurteilt gleichzeitig Südkoreas Kauf von Angriffswaffen und südkoreanisch-US-amerikanische Manöver. Nordkoreas Logik ist nicht nachvollziehbar. Gleichzeitig scheut Nordkorea nicht davor zurück, Südkorea zu kritisieren. Das hängt mit seiner Strategie zusammen, auf den Dialog mit den USA zu setzen. Sollte sich Nordkorea durch direkte Gespräche mit den USA Vorteile verschaffen können, könne es Südkorea außen vor lassen, heißt es.


Die Rede vor der UN-Generalversammlung offenbart aber auch, dass Pjöngjang Spielraum hinsichtlich Washingtons Forderung nach einem „Big Deal“ sieht. Ein wichtiger Faktor ist auch, dass Trump angesichts einer parlamentarischen Untersuchung für ein eventuelles Amtsenthebungsverfahren dringend Erfolge benötigt. Nordkorea will offenbar die aktuelle Situation und den Spielraum nutzen, um möglichst viele Vorteile für sich herauszuschlagen.

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