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Nordkorea nimmt Verfassungsänderung vor

Themen der Woche2019-08-30

ⓒKBS News

Nordkoreas Parlament hat eine Verfassungsänderung vorgenommen. Mit den Änderungen wird die Machtgrundlage des Vorsitzenden der Kommission für Staatsangelegenheiten Kim Jong-un ausgebaut.


Die Oberste Volksversammlung ist gemäß Verfassung Nordkoreas höchstes Machtorgan. Sie ist formell sehr mächtig, hat die Gesetzgebungskompetenz und das Recht zur Ernennung der Mitglieder der Staatsführung. In der Tat handelt es sich aber um ein Scheinparlament, das in erster Linie die Herrschaft des Machthabers legitimieren soll. Die Oberste Volksversammlung tagt gewöhnlich zweimal im Jahr, und zwar im Frühling und Herbst. In der sitzungsfreien Zeit übernimmt das Präsidium der Obersten Volksversammlung die Funktionen des Parlaments. Der Vorsitzende des Präsidiums fungiert nominell als Staatsoberhaupt.


Das Treffen am gestrigen Donnerstag war die zweite Sitzung der 14. Obersten Volksversammlung. Bei der ersten Sitzung am 11. und 12. April wurde durch eine Verfassungsänderung der Vorsitzende der Kommission für Staatsangelegenheiten zum „höchsten Führer“ bestimmt. Lediglich vier Monate später tagte die Oberste Volksversammlung erneut, um mittels einer weiteren Verfassungsreform den Kommissionsvorsitzenden mit noch mehr Befugnissen auszustatten. Er darf nun Gesetze erlassen und Botschafter ernennen. De facto hatte er dieses Recht schon zuvor. Nun ist es aber in der Verfassung verankert.


Bemerkenswert ist auch die neue Regelung, dass der Vorsitzende der Kommission für Staatsangelegenheiten kein Delegierter der Obersten Volksversammlung mehr sein wird. Das bedeutet, dass dieser zu einem Führer auf einem völlig neuen Niveau wird. Dies belegt eine Äußerung von Choe Ryong-hae, Vorsitzender des Präsidiums der Obersten Volksversammlung. Dieser betonte, es sei nun gesetzlich verankert, dass der Vorsitzende der Kommission für Staatsangelegenheiten, sowohl nominell als auch effektiv, der höchste Führer von Partei, Staat und Militär sei, der einstimmig und gemäß dem Wunsch des gesamten Volks Nordkoreas gewählt werde.


Diese Entwicklungen können darauf abzielen, Nordkorea nach außen hin zu einem normalen Staat zu machen. Entsprechende Bemühungen hierfür wurden nach der Machtübernahme durch Kim Jong-un eingeleitet. Beispiele sind die Gesetzgebung durch die Oberste Volksversammlung und die gesetzliche Festlegung der Machtstruktur. Das heißt, dass eine Struktur geschaffen wurde, nach der die Gesetzgebung durch eine Volksvertretung erfolgt und somit Rechtsstaatlichkeit angestrebt wird.


Damit kann Kim seine Legitimität als legaler oberster Machthaber des Landes ausbauen. Die Legitimität der Erbmonarchie in Nordkorea beruht auf der Machtnachfolge durch den ältesten Sohn. Kim Jong-un weist jedoch gewissermaßen den Makel auf, dass er nicht der älteste Sohn des langjährigen Staatsführers Kim Jong-il ist. Die Verfassungsänderung soll diesen Mangel an Legitimität ausgleichen.


Dass sich Kim zu solchen Schritten veranlasst siegt, sorgt für Spekulationen, dass es innenpolitisch Bedrohungsfaktoren für das Kim Jong-un-Regime geben könnte. Kim hatte erklärt, dass Nordkorea seine Atomstreitmacht vervollständigt habe. In einem nächsten Schritt geht es ihm offenbar darum, durch die Verfassungsänderung eine rechtliche Grundlage für seine Herrschaft zu schaffen. Unterdessen werden noch keine Anzeichen für politische Veränderungen in Bezug auf den Dialog mit den USA beobachtet. Einige Beobachter vermuten, dass Nordkorea an den Verhandlungstisch zurückkehren könnte, nachdem mittels der Verfassungsänderung der interne Zusammenhalt gestärkt werden konnte.

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