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Die Kaesong-Touren 2007

2018-11-22

© YONHAP News

Südkoreas Präsident Moon Jae-in und der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un haben bei ihrem Spitzentreffen im September in Pjöngjang eine Reihe von Einigungen erzielt. Diese betreffen auch die touristischen Reisen zum nordkoreanischen Geumgang-Gebirge und die Wiederaufnahme der Produktion im innerkoreanischen Industriekomplex Kaesong. Die Reisen finden seit 2008 nicht mehr statt, die Arbeiten in dem Industriepark ruhen seit 2016.


Einst gab es auch Ausflüge für südkoreanische Touristen nach Kaesong. Shim Sang-jin, Professor für Tourismusmanagement an der Kyonggi-Universität, war damals Manager bei Hyundai Asan, dem Anbieter der Touren.


Kaesong war 500 Jahre lang die Hauptstadt der Goryeo-Dynastie. Seit dem Koreakrieg in den frühen 1950ern ist sie nordkoreanisches Gebiet gleich hinter der Grenze. Kaesong ist von Seoul 78 Kilometer entfernt. Bei guter Verkehrlage dauert die Fahrt mit dem Auto etwa 70 Minuten. Kaesong ist eine Schatzkammer mit Königsgräbern, buddhistischen Tempeln, einer berühmten Steinbrücke, auf der mit einem Mord das Ende der Dynastie eingeleitet worden war, und einem Museum. Zwischen Seoul und Pjöngjang gelegen kann die Stadt als Vorposten für Nordkorea-Touren dienen, wenn sich die Beziehungen verbessern. Die Touren sind in vieler Hinsicht bedeutend.


In Kaesong befinden sich wichtige historische Stätten. Darunter Seonggyungwan, das höchste Bildungsinstitut zur Zeit der Goryeo-Dynastie, und die Brücke Seonjuk, wo der Goryeo-Politiker Jeong Mong-ju ermordet worden war. Auch der Bakyeon-Wasserfall ist eine Sehenswürdigkeit. Hyundai Asan, die für Geschäfte mit Nordkorea zuständige Tochter der Hyundai Gruppe, hatte die Touren seit 2000 geplant. 2005 wurde ein Pilotprogramm gestartet. 


Am 26. August 2005 reisten 500 Südkoreaner, darunter Regierungsbeamte und aus Kaesong stammende Südkoreaner dorthin. Sie nahmen die Gyeongui-Landroute und besuchten das Goryeo-Museum, die Seonjuk-Brücke und den Bakyeon-Wasserfall.  


Aufgrund der begeisterten Nachfrage gab es am 2. und 7. September zwei weitere Pilottouren. Doch erst am 5. Dezember 2007 wurden die Tagestouren offiziell gestartet. 


Die Bauarbeiten am Kaesong-Industriepark begannen 2003 und für Nordkorea war es das zentrale Anliegen. Es dauerte mehr als zwei Jahre, um die Kaesong-Touren in Gang zu bringen. Der Geumgang-Berg ist von Pjöngjang weit entfernt und das Gebiet ist dünn besiedelt. Es war dort für Nordkoreas Behörden leicht, Kontakte mit Einwohnern zu unterbinden. Ganz anders war es in Kaesong, wo die Touristen mit dem Bus nahe dem Zentrum verkehrten. Nordkorea war deswegen sehr vorsichtig und benötigte mehr Zeit, um das Risiko einer Begegnung zwischen Südkoreanern und Nordkoreanern zu minimieren.


Aus dem Bus heraus konnten die Südkoreaner den Alltag in Kaesong beobachten und sie speisten in gewöhnlichen Restaurants der Stadt. Sie erlebten damit die nordkoreanische Kultur viel direkter als im entlegenen Geumgang-Gebirge. 


Im Schnitt waren außer montags täglich 300 bis 400 südkoreanische Touristen in Kaesong unterwegs. Die Nachfrage war deutlich größer als das Angebot. Innerhalb von nur zehn Monaten nach dem Start waren bereits 100.000 Südkoreaner in Kaesong gewesen. Shim schmiedete damals als Tourimus-Manager bereits Pläne für Programme mit Übernachtung. Am nächsten Morgen hätten die Touristen nach Pjöngjang weiterreisen können oder zum Berg Myohyang oder sogar dem Paekdu-Berg ganz im Norden. Doch seine ehrgeizigen Pläne konnten nicht umgesetzt werden. 


Das Aus für das Geumgang-Reiseprojekt nach der Erschießung einer Touristin im Juli 2008 führte am 1. Dezember jenes Jahres auch zum Stopp der Tagesausflüge nach Kaesong. 


Ich war untröstlich und betrübt. Die Kaesong-Touren waren mehr als bloß ein Ausflugsprogramm. Südkoreaner konnten direkt vor Ort sehen, wie die Nordkoreaner leben. Wenn sich ihre Blicke kreuzten, dann verstanden sie sich trotz der Systemunterschiede. Die Nordkoreaner erkannten wahrscheinlich, dass die Touristen keine schlechten Menschen waren. Die Kaesong-Touren leisteten in dieser Hinsicht einen wichtigen Beitrag zur Wiederherstellung des gegenseitigen Verständnisses und der nationalen Identität. Wenn wenigstens die Kaesong-Touren fortbestanden hätten, hätten nach meiner Überzeugung spätere Unglücke vermieden werden können.


Einer der Höhepunkte des Pjöngjang-Gipfels im September war der Besuch des Berges Paekdu. Viele Südkoreaner hoffen, den höchsten Berg der Halbinsel eines Tages besuchen zu können. Shim wünscht sich, dass die gesamte Halbinsel zu einer Tourismuszone werden kann. 


Die Blaupause dafür existiert bereits. Ein Tourismus-Gürtel, der vom Seorak-Berg in Südkorea und der Ostküstenstadt Wonsan an der Ostküste entlang in den Norden reicht. Vom Seorak-Gebirge können Besucher ins Geumgang-Gebirge weiterreisen und am Masik-Pass Ski fahren oder den schönen Strand von Wonsan besuchen. Von dort aus können nördliche Regionen wie Rajin und Seonbong per Schiff erreicht werden, ehe es schließlich zum Baekdu-Berg geht. Von Pjöngjang aus kann der Myohyang-Berg in anderthalb Stunden erreicht werden. Ich hoffe auf Reisen vom Baekdu-Berg ganz im Norden bis zur Jeju-Insel ganz im Süden. 


Die Chance für eine Fortsetzung der Geumgang-Touren ist zum Greifen nah. Sollten sich die Beziehungen weiter verbessern, scheint auch die Schaffung des Tourismus-Gürtels mittel- bis langfristig möglich zu sein.

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