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Südkoreas Lieferung von Grippemedikamenten an Nordkorea 2009

2018-11-29

© KBS

Süd- und Nordkorea haben am 7. November in ihrem Verbindungsbüro in Kaesong zum ersten Mal seit Dezember 2007 wieder Gespräche über die Zusammenarbeit im Gesundheitswesen geführt. Es ging speziell um die gemeinsame Bekämpfung von Infektionserkrankungen. Schon einmal hatte Südkorea 2009 Grippemedikamente an Nordkorea geliefert.


Damals breitete sich der Influenza-Typ A, oder H1N1, von Mexiko ausgehend über die ganze Welt einschließlich Südkoreas aus. Im November des Jahres hatte die Regierung den Epidemie-Alarmstatus auf „Rot“ und damit auf das höchste Niveau gesetzt. Zur damaligen Situation in Nordkorea sagt der Vorsitzende der Korea Hana Foundation, Koh Gyeong-bin, der früher die Gruppe Good Friends geleitet hatte:


Damals gab Good Friends einen Newsletter mit dem Titel “Nordkorea Heute” heraus. Am 3. Dezember 2009 wurde darin über den Ausbruch der H1N1-Grippe in der nordkoreanischen Stadt Sinuiju zum ersten Mal berichtet. Die Nachricht wurde in einer Sonderausgabe veröffentlicht, während auch in Südkorea die Zahl der Grippe-Infektions- und Todesfälle anstieg. Am 30. November hatte Nordkorea überraschend eine Währungsreform angekündigt. Sämtliche kommerzielle Transaktionen wurden eingestellt, und alte Banknoten wurden zu einem nutzlosen Stück Papier. Die Währungsreform warf die nordkoreanische Gesellschaft in eine große Konfusion, und dann brach auch noch die Grippe aus. Einige sagen, Nordkorea befand sich damals in einer Art Kriegszustand.


Die 1996 gegründete Gruppe Good Friends hatte sich zum Ziel gesetzt, die Menschenrechtslage in Nordkorea zu verbessern und humanitäre Hilfe für das Land zu leisten. Sie berichtete im November 2009, dass Nordkorea wegen der Grippewelle die Alarmstufe auf „Dringlichkeit Nummer 11“ gesetzt habe, was einem Quasi-Kriegszustand entsprach. Früher wurden auf dieser Stufe schwer verwundete Soldaten oder infizierte Bürger in Extremsituationen wie dem Korea-Krieg einer Spezialbehandlung unterzogen. Am 8. Dezember 2009 bereitete sich das Vereinigungsministerium in Seoul auf die Hilfe für Nordkorea vor.


Diese Pläne waren damals ungewöhnlich, da sich seit dem Antritt der Regierung unter Präsident Lee Myung-bak in Südkorea im Jahr davor die innerkoreanischen Beziehungen verschlechtert hatten:


Als die Lee Myung-bak-Regierung 2008 antrat, nahm Nordkorea eine Abwartehaltung ein. Später ging Nordkorea nicht auf die Forderung der neuen südkoreanischen Regierung ein, seine Atomwaffenentwicklung aufzugeben, um die innerkoreanischen Beziehungen zu verbessern. Im März 2008 berichtete Good Friends, dass Menschen in der nordkoreanischen Provinz Hwanghae im Frühjahr hungern mussten. Es stellte sich heraus, dass angesichts der ernsten Nahrungsmittelknappheit auch zahlreiche Menschen in anderen Landesteilen vor Hunger starben. Good Friends rief die Regierung dazu auf, den Atomstreit und humanitäre Fragen getrennt voneinander zu behandeln und Hilfe für Nordkorea zu leisten. Am 11. Juli jenes Jahres schlug Präsident Lee eine Wiederaufnahme des Dialogs mit Pjöngjang vor. Doch am selben Tag wurde eine südkoreanische Touristin am Kumgang-Gebirge in Nordkorea erschossen, und die Beziehungen verschlechterten sich als Folge davon zusehends.


Pjöngjang wies die Vision der südkoreanischen Regierung unter dem Titel „Denuklearisierung, Öffnung 3000“ zurück, wonach das Pro-Kopf-Einkommen in Nordkorea bei einer Ausweitung der innerkoreanischen Wirtschaftskooperation innerhalb von zehn Jahren auf 3000 Dollar angehoben werden sollte.


Nach dem zweiten nordkoreanischen Atomtest im Mai 2009 und anderen Provokationen verschlechterte sich die Stimmung in der südkoreanischen Bevölkerung mit Blick auf die Beziehungen zum Nachbarland:


Als Good Friends zum ersten Mal über die Grippe-Epidemie in Nordkorea berichtete, gab es zunächst keine besondere Reaktion in Südkorea. Doch nach einem Folgebericht am 7. Dezember wurde über die Lage in den wichtigsten Medien berichtet. Am nächsten Tag verkündete die Regierung überraschend, dass Präsident Lee angewiesen habe, virushemmende Mittel nach Nordkorea zu schicken, sobald der Ausbruch sich bestätigt hätte. Nordkorea bestätigte am 9. Dezember, dass es Grippefälle im Land gibt. Am 18. Dezember lieferte Südkorea Medikamente.


Nordkorea hatte zuvor das Angebot Südkoreas, Grippemedikamente zu schicken, akzeptiert. Südkorea lieferte nach Kaesong Mittel für 500.000 Menschen, und der Norden bedankte sich dafür.


In dem Land gab es nicht genügend Medikamente gegen H1N1-Erkrankungen. Das schlecht ausgestattete Gesundheitswesen begünstigte die Ausbreitung der Grippe:


Die Beziehungen zwischen Süd- und Nordkorea waren seit dem Antritt der Lee-Regierung eisig. Trotzdem leistete die südkoreanische Regierung zum ersten Mal humanitäre Hilfe für Nordkorea. Nach der Medikamentenlieferung unternahmen beide Koreas Anstrengungen, ihre Beziehungen wiederherzustellen. Südkorea beschloss unter anderem, den innerkoreanischen Kooperationsfonds zu nutzen, um schwangeren Frauen und Kindern in Nordkorea zu helfen. Pjöngjang zeigte sich seinerseits bereit, einem Austauschprogramm in Verbindung mit dem Kaesong-Industriepark zuzustimmen, obwohl die Bemühungen nur kurzfristig waren.


Im Jahr 2010 befanden sich die Beziehungen schon wieder in einem Stillstand. Hintergrund war die Versenkung des südkoreanischen Kriegsschiffes Cheonan und der Artillerie-Angriff auf die südkoreanische Insel Yeonpyeong durch Nordkorea:


Die Bemühungen um eine Verbesserung der bilateralen Beziehungen liefen angesichts des nordkoreanischen Atomtests und anderer Provokation wie die Torpedoattacke auf die Cheonan ins Leere. Doch frühere südkoreanische Regierungen haben das Grundprinzip beibehalten, Nordkorea unabhängig von politischen Problemen aus humanitären Gründen zu helfen. Es gibt viele Beispiele dafür, wie sich die Beziehungen durch humanitäre Projekte wieder verbessert haben. Ich denke, Südkorea sollte solche Projekt weiter durchführen, selbst wenn sich die Beziehungen wieder verschlechtern oder der Atomstreit nicht gelöst wird.

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