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Das Rajin-Khasan-Pilot-Projekt von 2014

2018-12-06

© KBS

Süd- und Nordkorea haben am 30. November gemeinsame Überprüfungen von nordkoreanischen Eisenbahnstrecken begonnen. Ziel ist die Modernisierung des Schienennetzes in Nordkorea und die Wiederherstellung der Verkehrsverbindungen über die Grenze. Südkorea schickte dazu einen Zug mit Eisenbahnexperten nach Nordkorea. Insgesamt wird der Zug für die Streckenprüfung 2600 Kilometer zurücklegen. Die Verbindung über zwei Strecken im westlichen und östlichen Teil der koreanischen Halbinsel soll den Weg zur Einrichtung eines regionalen Logistikzentrums ebnen. Züge sollen von Südkorea aus über Nordkorea bis nach China und Russland reisen können. Beide koreanischen Staaten hatten bereits 2014 den Versuch gestartet, die getrennte Verkehrsader wiederherzustellen und sie an das eurasische Streckennetz anzubinden. Das sogenannte Rajin-Khasan-Verkehrsprojekt wollten beide Länder zusammen mit Russland umsetzen. Dazu sagt der Vorsitzende des Korea Logistics Forum, Kim Young-yun:


Bei dem Projekt ging es darum, ein Schienennetz einzurichten, das die nordöstliche Stadt Rajin in Nordkorea mit der östlichen russischen Grenzstadt Khasan verbindet. Das neue Eisenbahnnetz sollte als Landbrücke dienen, um Ressourcen aus Russland, Kohle eingeschlossen, über den Hafen Rajin nach Südkorea oder in andere Länder zu bringen. Das ehrgeizige Logistikprojekt sollte die koreanische Halbinsel mit Asien und Europa verbinden.


Das Projekt sah vor, eine 54 Kilometer lange Verbindungsstrecke von Rajin bis Khasan zu bauen. Das Transportnetz sollte von der südöstlichen südkoreanischen Hafenstadt Busan über Rajin und Russland bis nach Europa ausgedehnt werden:


Die Idee existierte bereits lange. Der eisfreie Hafen Rajin diente frühestens während der japanischen Kolonialherrschaft als wichtiger Verbindungsknoten zwischen dem Kontinent und dem Ozean. Das UN-Entwicklungsprogramm arbeitete 1991 einen Plan aus, um das Gebiet um den Fluss Tumen zu entwickeln, das auch Rajin und Khasan umfasst. Als der frühere nordkoreanische Machthaber Kim Jong-il 2001 den russischen Präsidenten Wladimir Putin traf, unterzeichneten sie die Moskauer Erklärung, die die Verbindung der Transkoreanischen mit der Transsibirischen Eisenbahn vorsah. Die erste Aufgabe war es, Rajin mit Khasan zu verbinden.


Südkorea begann 2008, Interesse am Rajin-Khasan-Projekt zu zeigen, auf dass sich Russland und Nordkorea geeinigt hatten. Damals erwog ein Konsortium des südkoreanischen Stahlherstellers POSCO, der staatlichen Eisenbahngesellschaft KORAIL und Hyundai Merchant Marine den Erwerb von 49 Prozent an RasonConTrans, dem nordkoreanisch-russischen Joint Venture, das für das Eisenbahn- und Hafenprojekt verantwortlich war. Doch nachdem die Regierung in Seoul wirtschaftliche Sanktionen gegen Nordkorea verhängt hatte als Antwort auf die Versenkung des Kriegsschiffes Cheonan im Jahr 2010 wurden die meisten innerkoreanischen Wirtschaftsprojekte ausgesetzt.


Beim südkoreanisch-russischen Gipfeltreffen am 13. November 2013 einigten sich beide Seiten darauf, dass Südkorea am Rajin-Khasan-Projekt mitmachen sollte. Russland hatte die Vision unter der Bezeichnung „Neue östliche Politik“, den eurasischen Kontinent als wirtschaftliche Gemeinschaft zu integrieren. Südkorea hoffte, unter der sogenannten Eurasien-Initiative einen dauerhaften Frieden auf der koreanischen Halbinsel erreichen zu können:


Südkoreas größter Stahlhersteller POSCO importiert große Mengen von Steinkohle aus Russland. Wenn es zum Beispiel 100.000 Tonnen Kohle importiert, muss diese in Containern transportiert werden. KORAIL wäre für die Zugfracht zuständig. Und Hyundai Merchant Marine könnte die Kohle vom Hafen Rajin bis zum südkoreanischen Hafen Pohang im Südosten mit dem Schiff bringen. Nordkorea könnte Gebühren verlangen für die Nutzung des Hafens und sein Eisenbahnnetz.


Für die südkoreanischen Unternehmen wären durch das Projekt Einsparungen bei den Logistik-Kosten von 10 bis 15 Prozent möglich. Wichtig wäre das Projekt auch, um Nordkorea zur Öffnung und zu wirtschaftlichen Reformen zu bewegen. Trotz der Sanktionen von 2010 besuchte ein südkoreanisches Inspektionsteam im Februar 2014 Nordkorea, um sich den Hafen Rajin und die Streckenbedingungen  anzusehen. Im November 2014 gab es den ersten Pilotbetrieb. Dabei wurden 40.500 Tonnen Kohle aus Sibirien von Khasan nach Rajin transportiert. Schließlich ging es weiter mit einem chinesischen Schiff bis nach Pohang. Für den zweiten Pilotbetrieb im April 2015 erhöhte POSCO die Transportmenge auf 150.000 Tonnen. Die koreanischen Unternehmen zeigten sich mit den Tests zufrieden. Doch im darauffolgenden Jahr bewegte sich das Projekt in eine andere Richtung:


Nordkorea unternahm im Januar 2016 seinen vierten Atomtest und testete im Monat darauf eine Langstreckenrakete. Die Provokationen führten dazu, dass der UN-Sicherheitsrat die Resolution 2270 verabschiedete und Sanktionen gegen Nordkorea verhängte. Die damalige Regierung von Park Geun-hye in Südkorea beschloss, das Rajin-Khasan-Projekt auf Eis zu legen.


In diesem Jahr nun gab es die neue Hoffnung, das Projekt wiederzubeleben:


Ich denke, das Projekt ist ein Versuch wert. Es ist Zeit für Korea, nach Eurasia vorzudringen. Von einem logistischen Standpunkt aus betrachtet, ist das Rajin-Khasan-Projekt ein attraktives Geschäftsmodell. Die Regierung von Moon Jae-in hatte das im Sinn, als sie ihre „neue wirtschaftliche Karte“ für die koreanische Halbinsel entwarf. Leider sind die Sanktionen gegen Nordkorea das größte Hindernis. Sobald die Sanktionen aufgehoben sind, könnten beide Koreas das Projekt schrittweise durchführen.

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