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Wirtschaft

Asiatische Städte wollen um Unternehmen aus Hongkong werben

#Thema der Woche l 2020-07-27

ⓒ YONHAP News

Hongkong galt dank seiner Offenheit jahrzehntelang als Finanzdrehscheibe in Asien und auch als eine Art Hauptquartier für englischsprachige Medien. Doch seitdem China ein neues nationales Sicherheitsgesetz für Hongkong verabschiedet hat, und weil die Unruhen in der ehemaligen britischen Kronkolonie andauern, erwägen globale Firmen ihren Weggang aus der Stadt. Andere asiatische Städte wetteifern miteinander, um Hongkongs Position als wichtiges asiatisches Wirtschaftszentrum zu übernehmen. Zum Thema sagt der Wirtschaftskommentator Chung Chul-jin:


Immer mehr Unternehmen denken darüber nach, Hongkong zu verlassen, und dieser “Hongkong-Exodus” könnte sich beschleunigen. Derzeit sind mehr als 1500 globale Firmen in Hongkong angesiedelt. Auf US-Unternehmen entfallen dabei 18 bis 20 Prozent. Sie werden sich zum Verlassen entscheiden, wenn sie sich keine Vorteile von einem Verbleib mehr versprechen. Das wird der Rolle der Stadt als führende Finanzdrehscheibe in Asien schaden. Die Büromieten in den wichtigsten Geschäftsvierteln in Hongkong schwanken bereits. Ohne eine spürbare Verbesserung der Beziehungen der USA zu China könnte Hongkong seinen Status als regionales Geschäftszentrum verlieren. Das würde zu einem Abfluss von mehr Kapital und Personal führen und mehr Firmen dazu bewegen, ihre Tätigkeiten dort aufzugeben. 


Der Wettbewerb um die Übernahme der Rolle, die Hongkong bisher spielte, hat in Asien bereits begonnen: 


Mehrere asiatische Städte beeilen sich, ausländisches Kapital und Firmen, die Hongkong verlassen, anzuziehen. Singapur gilt als größter Nutznießer. Die Sprache, das Wetter und das Umfeld sind ähnlich wie in Hongkong. Nach Angaben der Regierung von Singapur stiegen die gebietsfremden Guthaben im April um 44 Prozent und damit auf das höchste Niveau seit 1991, als die entsprechenden Aufzeichnungen begonnen hatten. Auch Taiwan ist bestrebt, Unternehmen aus Hongkong anzulocken. Experten gehen davon aus, dass zahlreiche US-Finanzfirmen Taiwan vor Singapur bevorzugen. Japan ist ein weiterer Wettbewerber. Premierminister Shinzo Abe hat offen Tokios Attraktivität als Finanzzentrum herausgestellt, das Hongkongs Status übernehmen kann. China hat seine eigenen Pläne. Es macht aktiv für Shanghai und Shenzen Werbung und lockert dort die Regularien. Unternehmen zeigen offenbar großes Interessen an diesen chinesischen Städten. 


Einige werfen ihr Auge auch auf die südkoreanische Hauptstadt Seoul. Redakteure und Reporter der New York Times im Büro von Hongkong haben damit begonnen, die Immobilienpreise sowie das Verkehrs- und Freizeitumfeld in Seoul auszukundschaften. Die Zeitung kündigte am 14. Juli an, ein Drittel des in Hongkong ansässigen Teams für Online-Nachrichten nach Seoul zu verlegen. Neben Seoul seien auch Tokio, Bangkok und Singapur untersucht worden. Doch Seoul erweise sich wegen seiner Freundlichkeit für ausländische Unternehmen und der unabhängigen Presse als attraktiv:


Derzeit ist die koreanische Regierung nicht sehr aktiv, ausländische Firmen aus Hongkong anzuziehen. Viele Experten sagen, dass Korea große Geldsummen, die Hongkong verlassen, durch Deregulierungsmaßnahmen und Steuererleichterungen anziehen sollte. Tatsache ist, dass sich Seoul und Busan bereits seit Anfang 2000 darum bemühen, Asiens Finanzdrehscheibe zu werden. Doch die Initiative blieb bisher ergebnislos. 


Korea hinkt in dem Wettbewerb hinterher. Im diesjährigen Index für die globalen Finanzzentren, der von der Londoner Denkfabrik Z/Yen und der Finanzzentrumsbehörde Katars veröffentlicht wurde, lag Seoul auf dem 33. Platz. Es rutschte vom 6. Rang im Jahr 2015 nach unten: 


Was sind Hongkongs Pluspunkte und Vorteile? Einer davon ist, dass die Bewohner Englisch sprechen, der Sprache der internationalen Finanz und des Kommerzes. Südkorea ist ein nicht-englischsprachiges Land. Dazu kommte, dass Südkorea schon immer von Nordkorea-Themen beeinflusst wurde. Es gab seit Jahrzehnten keinen Krieg mehr auf der koreanischen Halbinsel, und die Südkoreaner denken, dass sie im Frieden leben. Doch vom Standpunkt ausländischer Investoren bedeutet die geringste Möglichkeit militärischer Provokationen oder eines Kriegs als ernsthaftes Risiko. Auch hat Südkorea zu viele Vorschriften. Falls die Regierung die Regularien für ausländische Firmen lockert, werden sich einheimische Unternehmen darüber beschweren, diskriminiert zu werden. 


Wie Seoul haben andere Kandidaten Vor- und Nachteile. Singapur etwa hat ein ähnlich günstiges Finanzumfeld wie Hongkong, während Taiwans Industrie sehr eng mit China verbunden ist. Doch die Aktienmärkte in Singapur und Taiwan sind kleiner. Südkorea sollte eine kluge Strategie entwickeln, um seine Stärken hervorzuheben und seine Defizite zu bewältigen: 


Südkorea sollte zunächst entscheiden, op es sich dem Rennen um Firmen und Kapital, die Hongkong verlassen, anschließt. Falls es sich dazu entschließt, sollte es sein Umfeld auf eine Art und Weise verbessern, dass Englisch mehr im Gebrauch ist. Es könnte zum Beispiel internationale Schulen und Krankenhäuser einrichten. Abgesehen von den Problemen mit Nordkorea sollte Südkorea seine deregulatorischen Bemühungen stärken, um mehr ausländische Spezialisten im Rechts- und Finanzbereich anzuziehen, Anwälte und Rechnungsprüfer eingeschlossen. Vor allem ist es erforderlich, konkrete Pläne und Programme auf Regierungsebene zu entwickeln, statt nur ein paar bestimmte Unternehmen aus Hongkong anzuziehen.

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