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Wirtschaft

Der Generationswechsel bei den koreanischen Großkonzernen

#Thema der Woche l 2020-10-19

ⓒ YONHAP News

Der bisherige Vizevorsitzende der Hyundai Motor Group, Chung Euisun, ist zum Konzernvorsitzenden befördert worden. Damit begann die Ära des Managementsystems in dritter Generation beim größten südkoreanischen Autohersteller. Auch der De-facto-Chef der Samsung-Gruppe, Lee Jae-yong, der Vorsitzende der SK Group, Chey Tae-won, und der Vorsitzende der LG Group, Koo Kwang-mo, die zwischen 40 und 60 Jahre alt sind, gelten in Korea als relativ jung. Mit dem Wechsel an der Spitze der Großkonzerne in zweiter, dritter oder vierter Familiengeneration werden auch größere Veränderungen im Unternehmensumfeld des Landes erwartet. Der Wirtschaftskommentator Chung Chul-jin sagt zum Thema:


Die Führung bei Hyundai Motor wechselte zum ersten Mal in 20 Jahren vor dem Hintergrund eines rasch veränderlichen Industrieumfelds. Das Konzept für Autos verändert sich, das Wort “Motor” wird durch “Mobilität” ersetzt. Die Zeit des Verbrennungsmotors läuft aus, es wird Platz gemacht für Wasserstoff-Brennstoffzellen-Fahrzeuge sowie elektrische selbstfahrende Autos. Der neue Vorsitzende von Hyundai Motor wird sich mit einem Paradigmenwechsel in der Automobilindustrie auseinandersetzen. Intern geht es um die Anteilseignerstruktur des Konzerns. 


Chungs Vater Chung Mong-koo wird für seine Rolle bei der Entwicklung der koreanischen Autoindustrie hoch geschätzt. Er schuf die erste reine Automobilgruppe in Korea und trug zum Wachstum der lokalen Autozubehörindustrie bei. 2010 stieg der Konzern in die Reihe der fünf größten Autohersteller der Welt auf und überholte damit Ford. Auf seinem Sohn Chung Euisun lastet eine große Verantwortung. Er kündigte an, den Konzern von einem herkömmlichen Autohersteller in einen Anbieter für smarte Mobilitätslösungen umzuformen. Seine erste Aktion als Konzernvorsitzender war die Teilnahme an einem Treffen des staatlichen Ausschusses für eine Wasserstoffwirtschaft am 15. Oktober:


Um elektrische selbstfahrende Fahrzeuge zu produzieren, sind Sekundärbatterien, Elektrogeräte und Halbleiter wesentlich. Hyundai Motor wird mit diesen Branchen zusammenarbeiten müssen, um einen reibungslosen Übergang von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren auf selbstfahrende E-Autos und Wasserstoffautos zu schaffen. Chungs Führungsstil, seine Betonung der Kommunikation und den Bemühungen, um mit den Markttrends Schritt zu halten, werden sich als effektiv erweisen, um das künftige Geschäft des Unternehmens zu steuern. 


Als offizieller Nachfolger seines Vaters an der Spitze des Konzerns übernimmt Chung auch dessen Anteile an den Kern-Tochterunternehmen. Da die Chung-Familie einen relativ kleinen Anteil an den Töchtern hat, müsste die Konzernleitung umstrukturiert werden, damit der neue Vorsitzende seine Managementaufgaben stabil erfüllen kann. Vor zwei Jahren trieb das Unternehmen Führungsreformen voran, doch die Initiative stieß bei Investoren auf Widerstand. Chung muss sich auch mit der Frage der Erbschaftssteuer befassen. Zu den Aufgaben gehört auch, die Verkäufe nach der Covid-19-Krise wieder steigern zu können und die Sicherheit von E-Autos zu gewährleisten:


Zahlreiche Erben großer Unternehmen in dritter oder vierter Generation leiten die Geschäfte. So gab zum Beispiel die Vorsitzende der Shinsegae Group, Lee Myung-hee, einen 8-Prozent-Anteil an ihren Sohn Chung Yong-jin, den Vizevorsitzenden der Gruppe. Auch übergab sie einen Anteil von 8 Prozent an ihre Tochter Chung Yoo-kyung, die Vorsitzende von Shinsegae Department Store ist. Soweit wir wissen, wurde Koo Kwang-mo nach dem Tod seines Vaters Koo Bon-moo im Juni 2018 der neue Vorsitzende der LG Group. Auch der neue Chef der Hanjin Group übernahm nach dem Tod seines Vaters die Kozernspitze. 


Die neuen Konzernchefs haben es angesichts eines weltweiten wirtschaftlichen Abschwungs wegen der Covid-19-Pandemie und des Handelsstreits zwischen den USA und China mit einem eher ungünstigen Geschäftsumfeld inner- und außerhalb Koreas zu tun:


Die Chefs oder Gründer der Konzerne in erster Generation führten ihre Unternehmen auf der Grundlage ihres Geschäftstalents und ihrer Instinkte an. Dazu gehören der Gründer der Hyundai-Gruppe, Chung Ju-yung, der Samsung-Gründer Lee Byung-chull sowie der Gründer der Lotte Group, Shin Kyuk-ho. Die Chefs der zweiten Generation folgten mehr oder weniger den Spuren ihrer Väter. Wie diese wurden sie von einem starken Antrieb geleitet, die Geschäfte auf kreativen Wegen weiter zu führen und wichtige Entscheidungen selber zu treffen. Doch das ist bei den Erben in dritter und vierter Generation anders. Sie gehen davon aus, dass es wichtig ist, Experten zuzuhören und mit den Menschen zu kommunizieren und nicht, ein starkes Charisma zu demonstrieren und eigene Regeln zu betonen. 


Doch die Diskussion über eine umstrittene Konzernstruktur, wozu auch Überkreuzbeteiligungen gehören, sowie unfaire Geschäftspraktiken wie etwa die Vergabe lukrativer Aufträge an Tochterunternehmen dürften sich fortsetzen. Einige Experten sagen, dass es nötig sei für die neue Chefgeneration, diese Mängel zu beheben. Anders als bei der Vorgängergeneration unterhält sie untereinander eher enge Beziehungen: 


Industriebeobachter haben immer wieder die Erbnachfolge der Familienkonzerne kritisiert und die Einführung professioneller Manager gefordert. Ich denke, die Chefs in dritter und vierter Generation sind die Letzten, die angesichts der hohen Erbschaftssteuer von über 50 Prozent die Managementrechte der Väter übernehmen. Anders als bei den Vorsitzenden großer Unternehmensgruppen in den USA und Europa unterhalten die jungen Anführer der koreanischen Konglomerate untereinander enge Beziehungen. Koreas einzigartige Unternehmenskultur könnte in positiver Weise genutzt werden.

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