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Kultur

Yi Dongha: „Vor der Tür“

2021-03-23

ⓒ Getty Images Bank

Die Wohnungstür war zu. Die Stahltür war so fest verschlossen, dass es so aussah, als würde sie dem Hausbesitzer die Rückkehr verweigern. Die Tür musste übermalt worden sein. Die neue Farbe sah für ihn, der nach einem Monat und fünf Tagen nach Hause zurückkehrte, nicht sehr einladend aus.

Er war sehr müde. Kein Wunder, er hatte mehr als 400 Kilometer hinter sich. Er wollte nur die Tür aufschließen und zu Boden fallen.

Er ging die Treppe hinunter und ließ seine Tasche an der Türklinke hängen. Es war kurz nach fünf Uhr nachmittags. Er dachte, seine Frau sei vielleicht einkaufen gegangen, also sah er in allen fünf Supermärkten im Apartmentkomplex nach, konnte sie aber nicht finden. Nachdem er fast eine Stunde lang nach ihr gesucht hatte, kehrte zu seiner Wohnung zurück. Vielleicht war seine Frau inzwischen nach Hause gekommen.

Es war ein niedriges Gebäude und so gab es keinen Aufzug. Langsam stieg er die Treppe in den fünften Stock hinauf. Zwischen dem vierten und fünften Stock konnte er sehen, dass seine Tasche immer noch an der Türklinke hing. Seine Frau war immer noch nicht zu Hause.

Er wollte gerade umkehren, als er etwas Seltsames sah. Über seinem Kopf war ein ihm bekanntes Gesicht aufgetaucht und blickte auf ihn herunter. Obwohl ein bisschen älter und hagerer, war dieses Gesicht direkt vor seiner Nase kein anderes als sein eigenes.

„Bist du das, mein Sohn?“ 

„Vater? Was machst du hier?“ 




Yi Dongha, geboren 1942, begann seine literarische Laufbahn 1966 und wurde unter anderem 2013 mit dem Bogwan-Kulturorden ausgezeichnet. Seine Erzählung „Vor der Tür“ stammt aus dem Jahr 1992.

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