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Kultur

Choi Jung-hwa: „Hände“

2021-04-20

ⓒ Getty Images Bank

Dass die Kinder morgens in aller Frühe die Gegend vor dem Haus zu ihrem Spielplatz machten, ging nun schon seit über einem Monat so. Es waren zwei Jungen und drei Mädchen, aber direkt zu Gesicht bekommen hatte ich sie nie. Ihre Stimmen hatte mir ein paar Dinge über sie verraten. 

Dass sie begonnen hatten, alle gemeinsam miteinander zu spielen, war noch nicht so lange her. Einer der Jungen und eines der Mädchen stritten sich ständig darum, wer Anführer sein dürfe. 

Und so nahm ich all dies, das mich im Halbschlaf durch die an mein Ohr dringenden Geräusche erreichte und das ich nicht mit meinen eigenen Augen überprüft hatte, gleichsam als gegebenen Umstand an.

Als ich an jenem Tag zur Arbeit ging, blieb ich an den Blumenbeeten stehen, die ich sonst nie beachtet hatte. Mir war etwas Unschönes in den Blick geraten. Da lag ein toter Spatz. Ein sehr kleiner Spatz, den hellgefiederten Bauch nach oben, durchnässt vom Regen, der in der Nacht gefallen war.

Mir kam der Gedanke, dass ich ihn eigentlich begraben sollte, doch ich musste schnell zur Arbeit.

Den ganzen Tag über ging mir der kleine Vogel nicht mehr aus dem Kopf. Hatte ihn jemand mutwillig getötet? Vielleicht die Kinder? So grausam konnten sie doch nicht sein. Da erinnerte ich mich plötzlich an den Mann ...




Choi Jung-hwa, Jahrgang 1979, debütierte im Jahre 2012 mit der Erzählung „Palm Beach“ und gewann 2016 den „Literaturpreis für junge Autorinnen und Autoren“. Ihre Erzählung „Hände“ erschien 2018.

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