Zum Menü Zum Inhalt
Go Top

Kultur

Hyun Jin-geon: „Hausverwalterin B und die Liebesbriefe“

2021-05-11

ⓒ Getty Images Bank

Heimleiterin B, Lehrerin und Hausmutter der Mädchenschule, war als eiserne Junggesellin und fromme Christin bekannt. Als Jungfrau im Alter von fast 40 Jahren hatte sie ein Gesicht voller Flecken und ihre Erscheinung konnte nicht weiter von der einer sittsamen Jungfrau entfernt sein. Nicht nur das, ihr zusammengeschrumpfter, unbeholfener, dünner, blasser Körper erinnerte an einen schimmeligen getrockneten Fisch.



Sie war so streng und unversöhnlich, dass die Bewohnerinnen der Schlafsäle vor Angst zitterten, wenn sie mit harten Augen und fest verschlossenen Lippen hinter ihrer Lesebrille hervorblickte. Was Heimleiterin B am meisten verabscheute, waren Liebesbriefe. Der Mädchenschlafsaal wurde jeden Tag mit Liebesbriefen überflutet, deren Verfasser sich zu unsterblicher Liebe bekannten. Und es war Heimleiterin B, die all diese Briefe im Voraus inspizierte. Immer wenn sie einen der süßen Briefe las, war sie so verärgert, dass ihr Gesicht rot wurde und ihre Hände zitterten. Was die Mädchen am meisten fürchteten, war als Empfängerin eines solchen Briefes nach der Schule in das Büro der Heimleiterin gerufen zu werden. Für ein Mädchen, das gerade bei einem jungen Mann tiefe Liebe geweckt hatte, war dies eine schreckliche Erfahrung ...




Hyun Jin-geon (1900-1943) war einer der Pioniere des Realismus in der modernen koreanischen Literatur. Zu seinen berühmtesten Werken zählen „Ein Glückstag“ und „Die verarmte Ehefrau. Die  Erzählung „Hausverwalterin B und die Liebesbriefe“ entstand im Jahr 1925.

Die Redaktion empfiehlt

Close

Diese Webseite verwendet Cookies und andere Techniken, um die Servicequalität zu verbessern. Die fortgesetzte Nutzung der Webseite gilt als Zustimmung zur Anwendung dieser Techniken und zu den Richtlinien von KBS. Mehr >