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Kultur

Sinminyo – neue Volkslieder

#Musik verbindet l 2021-05-26

Musik verbindet

Sinminyo – neue Volkslieder

In Korea gab es während der Kolonialzeit unter der Herrschaft Japans einen bekannten Geschichtenerzähler namens Sin Bul-chul신불출. Er und seine Kollegen können mit den heutigen Stand-up-Comedians verglichen werden, die mit komischen Erzählungen sich über die Welt lustig machen. Sin Bul-chul war so beliebt, dass er eine eigene Unterhaltungstruppe leitete. Begonnen hatte er seine Karriere allerdings als Schauspieler und Stückeschreiber, bis er für seine Kritik an die japanische Kolonialherrschaft verhaftet wurde. Danach wechselte er die Kunstform und belustigte fortan als Geschichtenerzähler das Publikum mit seinen Beobachtungen über die Absurditäten der Welt. Ein Freund von Sin war der ebenso zu jener Zeit sehr bekannte Komponist Mun Ho-wol문호월. Dieser begleitete einmal Sin Bul-chul auf einen Ausflug am Han-Fluss. Damals beförderten kleine Fährboote die Menschen von einem Ufer ans andere. Es war ein herrlicher Frühlingstag, laue Winde strichen sanft durch die Weiden am Flussufer und die Fährmänner ruderten mit einem Lied auf den Lippen ihre Boote. Im Kontrast zu dieser friedvollen Frühlingslandschaft kämpfte das koreanische Volk verzweifelt um sein Überleben. Angesichts dieser grausamen Ironie suchten die zwei Freunde eine Schenke auf, wo sie sich gleich daran machten, gemeinsam an einem Lied zu arbeiten. Sin schrieb den Text, während sich Mun eine Melodie überlegte. Später nahm die Sängerin Park Bu-yong das Lied auf und veröffentlichte es. Das Lied trägt den Titel „Nodeul Gangbyeon”노들강변 bzw. „Am Flussufer von Nodeul“ und wird den Volksliedern aus der Region Gyeonggi zugeordnet. 


Bei der von Park Bu-yong vorgetragenen Interpretation handelte es sich im Grunde genommen um einen Schlager. Ihre Version wurde so populär, dass jeder sie kannte und nachsang. Mit der Zeit entwickelte sich das Stück schließlich zu einem Volkslied. Wie das Lied „Am Flussufer von Nodeul” gibt es weitere neue Volkslieder, die während oder nach der japanischen Kolonialzeit entstanden. Gemein ist ihnen, dass diese „Sinminyo”신민요 bzw. „neuen Volkslieder“ im frühen 20. Jahrhundert geschrieben wurden. Zu ihnen wird auch das „Taepyeongga”태평가 bzw. das „Lied des Friedens“ aus der Region Gyeonggi gezählt. Dieses Lied stammt ursprünglich von Jeong Sa-in정사인, der in der Militärkapelle des koreanischen Reiches als Flötenspieler beschäftigt war. Das Lied wurde von der ehemaligen Gisaeng und später gefeierten Sängerin Seonu Ilseon선우일선 aufgenommen und 1935 veröffentlicht. Dem Lied liegt ein traditioneller Rhythmus zugrunde, es weist jedoch eine walzerähnliche Stimmung auf und wurde von westlichen Musikinstrumenten begleitet. Während des Koreakriegs nahm die nach Daegu geflüchtete Meistersängerin Lee Eun-ju einige Änderungen an dem Lied vor und entwickelte dabei ihre ganz eigene Version. Ihre Interpretation traf wohl zu jener Zeit den Nerv der kriegsmüden Koreaner. So ermutigte das Lied seine Zuhörer, Freude im Leben zu finden, da Sorge und Wut am Ende niemandem helfen. Das „Taepyeongga“태평가 entwickelte sich zu Lee Eun-jus größtem Erfolg. 


Viele neue Volkslieder aus der Region Gyeonggi wurden während der japanischen Kolonialzeit veröffentlicht. Und nachdem Korea 1945 die Unabhängigkeit von Japan erlangte, wurden die neuen Volkslieder auch auf der Bühne dargeboten. Bis zu diesem Zeitpunkt setzten sich die Pansori-Truppen hauptsächlich aus Männern zusammen. Für Sängerinnen gab es kaum Rollen. Und wenn sie mit ihren männlichen Kollegen zusammen reisten, war ihnen kein einfaches Leben beschieden. Nach dem Ende der Kolonialzeit gründeten deshalb einige Sängerinnen ihre eigene Truppe, um Pansori aufzuführen. Statt der üblichen fünf Pansori-Stücke schufen sie neue auf alten koreanischen Erzählungen basierende Produktionen. Für diese neuen Geschichten schrieben sie originelle Lieder, und mit zunehmender Popularität dieser Lieder stieg auch das Ansehen des gänzlich weiblichen Ensembles. Ein von den Pansori-Sängerinnen komponiertes neues Volkslied aus dem Süden ist das „Dongbaek Taryeong“동백타령, zu Deutsch „Kamelienlied“. Den Liedtext schrieb in ihren späten Zwanzigern Jo Yeong-suk조영숙, die als Meisterin der Kunstform „Baltal“발탈 gilt. Baltal bedeutet wörtlich übersetzt „Fußmaske“ und ist eine Art Puppenspiel, bei dem die Künstler auf dem Rücken lagen, dabei die Beine senkrecht nach oben hielten und mit ihren maskierten Füßen das Publikum unterhielten. Die Musik zu dem Lied komponierte der Ajaeng-Meister Han Il-seop한일섭, von dem zahlreiche weitere neue Volkslieder stammen. 


Musik

  1. „Am Flussufer von Nodeul”, gesungen von Jeon Yeong-rang und dargeboten von Prelude 
  2. „Taepyeongga“, gesungen von Kim Yong-u 
  3. „Kamelienlied“, gesungen von Kim Su-yeon 

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