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Kultur

Bak Hwa-seong: „Die Frau Junkerin“ (1965)

2022-07-19

ⓒ Getty Images Bank

Kim Eung-gyo, der in der Schule allerlei Hilfsarbeiten verrichtete, den Hof fegte, das Haupttor und die Tür zum Büro auf- und zuschloss und den Angestellten die von ihnen angeforderten Sachen besorgte, der also eigentlich nicht mehr war als ein Dienstbote, ließ nun seine Frau, gleich nachdem das Wohnheim fertig gebaut war als Hausmädchen für die Heimbewohner arbeiten, so dass sie beide etwas verdienten.  

So wurde er zwar von den Schülern des Wohnheims mit „Herr Junker“ angeredet, in der Schule aber hieß er nur Eung-gyo. 


Aus dem Schlafzimmer hörte man das ratternde Geräusch der Nähmaschine.

„Sowas ... Den ganzen Tag geht das schon ...“, murmelte Eun-aes Großmutter, stellte die Kiste in die Sonne und setzte sich davor. Die Kiste war voll mit blauem, gelbem, weißem und violettem Papier. 

Die Stoffe, die die Tochter für ihre Näharbeit brauchte, waren normalerweise in glattes, glänzendes, farbiges Papier eingewickelt. Früher war das meiste davon zerrissen und zerknittert einfach weggeworfen worden, aber jetzt wurde es von der Großmutter geordnet.

Sie sammelte es ein, gab es der Frau ihres Neffen, die Reiskuchen verkaufte, und bekam von Zeit zu Zeit eine Packung Zigaretten dafür.


„Ich bin alt geworden, indem ich für andere gekocht habe, deine Mutter ist alt geworden, indem sie für andere genäht hat, und du willst auch alt werden, indem für andere Kleider machst?“, fragte sie. 

„Na und? Irgendwas macht eben, bis man alt wird. Ihr habt halt für andere etwas getan, das ist doch viel besser, als nichts getan zu haben. Und ich mach das eben auch. Ich lerne Design und dann mache ich kleine Kleider groß, schlechte Kleider gut, gute Kleider noch besser. Das ist doch prima. Und für dich, Oma, mache ich ein schönes Nachthemd!“

„Also wirklich. Was soll ich in meinem Alter denn noch westliche Kleider anziehen. Das ist doch verrückt.“

„Haha, Oma, kein Abendkleid, sondern ein Nachthemd. Ein Schlafanzug! Darin wirst du sehr schick aussehen.“

Eun-ae sprang auf und ging durch das Wohnzimmer. Wenn sie mit dreiundzwanzig so clever ist, brauche ich mir keine Sorgen machen, dachte sich die Großmutter und lächelte mit ihrem zahnlosen Mund.




Bak Hwa-seong (1904-1988): „Die Frau Junkerin“ (1965)

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